Auch Skeptiker überzeugt
Jürgen Ecken, Abteilungsleiter Konstruktion u. Dokumentation der RWE Power AG erläuterte die Vorteile eines einheitlichen Engineerings für alle RWE-Braunkohle-Kraftwerke. RWEs Interesse an der Einführung einer branchenweiten Engineering-Lösung war für Ecken besondere Motivation, vor so einem breit gefächerten Publikum zu sprechen.
Seit der Bündelung der Konstruktions- und Dokumentationsabteilung in einem Kompetenzcenter mit 134 Mitarbeitern im Jahr 2000 wurden rund 1,2 Mio. Zeichnungen digitalisiert. 2011 wurde dann die datenbankbasierte Plattform Engineering Base (EB) von Aucotec eingeführt. Ziel war es, die CAE-Software für E-Technik und R&I-(Rohrleitungs- und Instrumentierungs-) Schemata aller RWE-Braunkohlekraftwerke zu vereinheitlichen. Drei Tools konnten dadurch abgelöst werden. Durch den einheitlichen Workflow mit nur einem System an allen Standorten ist Personal jetzt flexibler einsetzbar und das Spezifizieren für Lieferanten ist einfacher. EBs Datenbank erlaubt eine zentrale Stammdatenpflege sowie automatisch aktualisierte Folgedokumentationen und ist mit SAP synchronisierbar.
"Beim Umstieg hat es durchaus hier und da gehakt, und wir haben noch einige Wünsche, aber nach den Erfahrungen aus mittlerweile rund 3.800 Projekten und 500.000 EB-Dokumenten kann ich sagen: selbst die skeptischsten Kollegen wollen das System nicht mehr missen. Die Einarbeitung ging trotz Komplexität sehr schnell, das Handling ist einfacher", so Jürgen Ecken.
Immer auf dem aktuellen Stand
Der Fokus im Vortrag von Ernst Jäger, Marketing Manager Deutschland bei Emerson Process Management, lag auf den Chancen der Synchronisation von Leitsystem und Prozess-Automations-Daten für effiziente Kraftwerksplanung. Emerson hat, aufgrund des in Europa üblichen Kundenwunschs nach Anlagen aus einem Guss, EB als Ovation Documentation Builder (ODB) in sein Portfolio integriert und eng mit dem eigenen Automatisierungssystem Ovation verbunden. Damit ist Emerson in der Lage, Anlagen-Dokumentationen zu jedem Zeitpunkt auf dem aktuellen Stand zu haben. Früher konnte das Nachtragen von Umbau-Dokumentationen in den As-built-Stand Monate, zum Teil Jahre dauern.
Die Navigation in die automatisch generierbare Dokumentation funktioniert direkt von der Ovation Bedienstation aus. "Mit ODB ist es Emerson gelungen, den Dokumentationskreislauf zu schließen", sagte Jäger.
"Dritte Generation CAE"
Im Beitrag von Kurt Oswald, Senior Key Expert in der Siemens Energy Management Division Erlangen, erhielten die Zuhörer einen umfassenden Überblick über die relevanten Normen und die Anforderungen und Chancen bei der Umsetzung im Engineering - von der ersten planerischen Anlagen-Auslegung bis zu Betrieb und Instandsetzung.
Nach der digitalisierten CAD-Zeichnung und dem Stromlaufplan mit abgeleiteten Listen bezeichnete er das Engineering-Modell von EB als CAE der dritten Generation, das die herkömmliche, File-Struktur überwunden habe. Für Siemens ein wichtiger Grund, im Bereich Energieübertragung EB als zentrales Engineering-Element einzusetzen. "Die aktuellen Anforderungen zur Dokumentation können mit unserem bisherigen Werkzeug, dessen Grundkonzept noch aus den 80er Jahren stammt, nicht erfüllt werden", erklärte Kurt Oswald. Als Beispiele nannte er die Referenzkennzeichnung nach IEC 81346 und den US-amerikanischen Standard ANSI. Außerdem seien bei dem bisher eingesetzten Tool die Möglichkeiten zur Prozessoptimierung ausgereizt.
Zeitgewinn mit Spaßfaktor
Der Abschlussbeitrag von Michael Wedde beleuchtete die Engineering-Sicht der Netzbetreiber. Er ist Fachgruppenleiter "Anlagen" bei der Braunschweiger Netz GmbH, einem Unternehmen der Veolia Environment-Gruppe. Wedde erläuterte - von ersten Schritten in einem 380kV-Schaltfeld-Pilot-Projekt für TenneT bis zur heutigen Praxis nach einigen Jahren mit EBs EVU-Modul - verschiedene Aspekte, bei denen modernere Prozesse deutlich mehr Effizienz bringen. So könne beim Variantenhandling künftig die Zahl der Vorlagen um etwa zwei Drittel reduziert werden. Die Standardisierung, z. B. durch Reports, erreiche allein schon rund 20% weniger Projektierungszeit, "Wir gehen aber von noch besseren Werten aus", so Weddes Einschätzung.
Beeindruckt zeigte er sich von dem Motivationsfaktor, den die Plattform mit sich bringe. "Den Kollegen macht das Arbeiten damit richtig Spaß", meinte er. "Was Aucotec in den letzten Monaten geleistet hat, ist gigantisch, da ist richtig Bewegung drin! EB Power EVU ist heute schon für eine Vielzahl von Szenarien einsatzbereit und wir sehen an der Bandbreite der Vorträge heute hier, dass das System das Zeug zur Branchenlösung für den ganzen Energiesektor hat. Es ist mehr als Ruplan. Die BS Netz GmbH wird ihre Aktivitäten in und um EB weiter ausbauen!"
In der Beurteilung der Zukunftsfähigkeit der Plattform waren sich alle Referenten einig, den Wunsch nach einem branchenweiten Standard bestätigten auch die Teilnehmer.
30 Jahre Erfahrung
Aucotec-Vorstand Uwe Vogt auf dem Power Day: "Drei Jahrzehnte Power-Erfahrung und Wissen aus enger Kundenbindung stecken in EB, das die komplette Bandbreite von Energieerzeugung über -Verteilung bis -Nutzung abdeckt, egal ob konventionelle oder erneuerbare Energie. Die erheblichen Marktanteile, die unsere 'Klassiker' Ruplan und Elcad erreicht haben, möchten wir mit EB weiter ausbauen, denn das System kann mehr. Mit unserem Fokus auf die Power-Industrie stehen wir den Unternehmen in dieser fordernden, wechselvollen Zeit als starker, verlässlicher Partner zur Seite. Über 60% Wachstum in den letzten fünf Jahren sind ein stabiles Fundament dafür."