Die Erschöpfung in Deutschland hat im Vergleich zum Vorjahr von 52,8 Prozent auf 55,7 Prozent erneut zugenommen. Noch deutlicher fällt der Anstieg allerdings bei den Gründen für die Erschöpfung aus. So wird die allgemeine politische Situation mittlerweile von 37,1 Prozent als ein Hauptgrund der Erschöpfung angesehen, ein Anstieg um satte 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Besonders betroffen ist die Altersgruppe von 18-29 Jahren, hier gibt mit 47,8 Prozent fast jede zweite befragte Person die politische Situation als Erschöpfungsgrund an, in der darauffolgenden Altersgruppe 30-39 Jahre sind es mit 47,3 Prozent kaum weniger. In der Altersgruppe 40-49 Jahre ist die politische Situation ebenfalls die Hauptursache der Erschöpfung mit 41,9 Prozent. Erst ab dem Alter von 50 Jahren werden gesundheitliche Gründe relevanter. In der Altersgruppe 50-64 Jahre liegen sie mit 41,2 Prozent vor der allgemeinen politischen Situation mit 32,2 Prozent sowie der Belastung bei der Arbeit mit 29,4 Prozent. Aber selbst in der Altersgruppe ab 65 Jahren geben noch 30 Prozent die politische Situation als Erschöpfungsgrund an.
Andreas Scheuermann, Partner beim Beratungsunternehmen Auctority sieht darin ein alarmierendes Warnzeichen. „Dass die politische Situation bei den meisten Menschen im Arbeitsleben mittlerweile erschöpfender wirkt als die Arbeit, sollte Unternehmen aufrütteln. Politik macht nicht am Werkstor halt, es braucht Dialog und Aufklärung, um das Konfliktpotenzial zu entschärfen.“
Als besonders gravierend zeigen sich in der Auctority-Studie die Motive hinter dem Antwortverhalten der Befragten. Von denjenigen, welche die politische Situation als Erschöpfungsgrund angeben, äußern zwei Drittel (66,9 Prozent) „fehlendes Vertrauen in das System“. Mehr als die Hälfte von ihnen (50,6 Prozent) glaubt zudem, die eigene Meinung nicht mehr frei äußern zu können. Knapp die Hälfte ist jeweils der Auffassung, selbst nichts ändern zu können (47,5 Prozent) und dass die Politik für sie nichts unternehme (47,4 Prozent).
Wählerinnen und Wähler von Linkspartei und AfD geben mit 59,8 Prozent (Linke) und 52,5 Prozent (AfD) weit überdurchschnittlich häufig die politische Situation als Erschöpfungsgrund an. In ihren Perspektiven unterscheiden sich beide Gruppen aber deutlich. Während AfD-Wählende zu 83,4 Prozent fehlendes Vertrauen in das System haben und mit 81 Prozent glauben, ihre Meinung nicht offen sagen zu können, machen LINKE-Wählenden eher „zu viele Probleme auf der Welt“ mit 92,5 Prozent und „fehlende Solidarität und Zusammenhalt“ mit 90,9 Prozent zu schaffen.
Eine Sonderrolle zeigt sich bei Wählerinnen und Wählern der Grünen. Mit 43,7 Prozent sind für diese Gruppe „Klimawandel und Umweltschutz“ der Hauptgrund für die Erschöpfung. 35,7 Prozent von ihnen geben die politische Situation als Erschöpfungsgrund an, mit 24,1 Prozent wird hier allerdings am seltensten das fehlende Vertrauen ins System genannt. Und dass man seine Meinung nicht offen sagen kann, glauben in dieser Gruppe gerade einmal 2,1 Prozent.
„Aus unseren Daten lässt sich der Anfang einer Spaltungstendenz ablesen, die niemandem gefallen kann“, warnt Unternehmensberater Andreas Scheuermann. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess und ist darauf angewiesen, dass die Beschäftigten in den Unternehmen mitziehen und kritische Herausforderungen sachlich gelöst werden. Die politische Landschaft ist dabei derzeit keine Hilfe, Unternehmen müssen selbst aktiv werden.“
Die Ergebnisse der Studie finden Sie zum Download auch Link zur Studie