Bauverbände ziehen eher negative Bilanz für 2022 und sparen nicht an Kritik
Mit der Meldung des statistischen Bundesamtes über das preisbereinigt negative 2022er Gesamtumsatzergebnis für das Bauhauptgewerbe – erfasst werden dabei lediglich Baubetriebe mit 20 oder mehr Mitarbeitern – haben sich die Befürchtungen des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) bestätigt. So ging der preisbereinigte Umsatz im Bauhauptgewerbe im Gesamtjahr 2022 nach Angaben des statistischen Bundesamtes um 5,8 Prozent zurück. Nicht inflationsbereinigt lag der Umsatz um 9,8 Prozent über dem Vorjahr.
Die immense Kluft zwischen realen und nominalen Umsätzen deutet schon an, wo eines der zentralen Probleme begründet liegt: überbordende Inflation. Die massiven Bau(material)preissteigerungen führen bei den verarbeitenden Betrieben zu diesen massiven nominalen Umsatzzuwächsen. Streng genommen haben wir es bei diesen inflationsgetriebenen Umsatzzuwächsen mit einer Art von „Phantom-Umsatzzuwächsen“ zu tun – welche die tatsächliche betriebswirtschaftliche Umsatz- und Gewinnsituation besser darstellt, als sie unter Umständen real ist. Infolgedessen können sich manche Baubetriebe bereits jetzt schon in einer Schieflage befinden, obwohl die nominalen Umsätze vordergründig gut aussehen.
Dieses Problem verschärft sich noch dahingehend, dass die Auftragslage zuletzt kritischer geworden ist. Die sinkenden Genehmigungsziffern zum Jahresende 2022 sind hier ein Frühindikator für die aufziehende gestörte Neubaukonjunktur. Vor allem im Wohnungsbau erwartete der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie einen Umsatzrückgang von real rund 9 Prozent in 2023. Für den öffentlichen Bau geht der HDB von einem Umsatzminus in Höhe von 5 Prozent für 2023 aus – im Wirtschaftsbau sollen es laut Erwartung -4 Prozent werden.
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (der mehr als der Hauptverband auch die kleineren ausführenden Betriebe im Fokus hat) sieht vor allem falsch gesetzte Rahmenbedingungen als Problembeschleuniger für die schwächelnde Wohnungsbaukonjunktur: „Bei deutlich gestiegenen Baumaterialpreisen, einer Verdreifachung der Immobilienzinsen und der stark gestiegenen Inflation war die Streichung der Neubauförderung bei gleichzeitiger Verschärfung der energetischen Anforderungen nicht die richtige Antwort! Corona- und kriegsbedingt sind die Materialpreise deutlich gestiegen. Der Wohnungsbau braucht jetzt keine Ideologie, sondern Realismus. Zumindest für eine befristete Zeit bedarf es wirkungsvoller Impulse für Investitionen und ein Aussetzen der überambitionierten energetischen Standards bei der Förderung und eine Zinsstützung durch die KfW für Häuslebauer und den Mietwohnungsbau.“
Verband des Sanitär- und Heizungsbauerhandwerks zieht für 2022 überwiegend eine positive Bilanz – trotz realer Umsatzstagnation
Der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) zieht für 2022 im Prinzip eine positive Bilanz. So erwirtschafteten die Betriebe des Sanitär- Heizungs- und Klimahandwerks (einschließlich der Kleingewerke der Klempner, Behälter- und Apparatebauer sowie der Ofen- und Luftheizungsbauer) nach Verbandsangaben im Jahr 2022 einen nominalen Umsatz von 57,5 Milliarden Euro. Dies entspricht einen Umsatzzuwachs von 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Inflationsbereinigt geht der ZVSHK jedoch eher von einer realen Umsatzstagnation in 2022 aus.
Vor allem die Menge der verbaute Wärmpumpenmenge wird für 2022 als positiver Aspekt hervorgehoben. So wurden 2022 rund 236.000 Wärmepumpen von den Handwerksbetrieben installiert. Dies entspricht fast der Hälfte der von der Regierung ab 2024 angepeilten Stückzahl von jährlich einer halben Million verbauten Wärmepumpen.
Dementsprechend sieht der Verband das Thema Heizung bei der Kundennachfrage ganz weit oben. Doch die starke Fokussierung hat auch ihre Schattenseite: „Dies geht zwangsläufig aktuell zu Lasten der Nachfrage nach neuen Bädern. Auch steigende Bauzinsen und Baukosten sowie fehlende bzw. geringe Förderanreize für den altersgerechten Badumbau verstärkten die sinkende Badnachfrage“, mahnt der ZVSHK.
Für 2023 erwarten die Vertreter des Sanitär- und Heizungsbauerhandwerks erneut einen Umsatzzuwachs von 4,5 Prozent, wobei hier vieles von der tatsächlichen Preis- und Inflationsrate abhängen wird. Unterm Strich sollten jedoch die antizipierte Steigerung bei der Heizungssanierung, die anstehenden Aufgaben im Zusammenhang mit der verpflichtenden Heizungsprüfung oder des hydraulischen Abgleichs bei Millionen von Gasheizungen weiter für gut gefüllte Auftragsbücher sorgen.
Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie spürte 2022 Rückgang der abgesetzten Bautenfarben und Putze
Zum Abschluss der ersten Meldungen zur beginnenden Bilanzsaison in der Baubrache nehmen wir noch kurz dem Segment „Farben und Putze“ in den Blick. Da die aktuellen Verbandsstatistiken für das Malerhandwerk noch nicht verfügbar sind, behelfen wir uns mit den vorläufigen Angaben des Verbands der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL), um eine Indikation hinsichtlich der 2022er Geschäftslage zu erhalten.
So wurden nach Verbandsangaben 2022 auf dem deutschen Markt rund 798.000 Tonnen Bautenfarben und Putze für Wände und Fassaden verkauft – was einem Rückgang gegenüber dem Vorjahr von rund 7 Prozent entspricht. Der Umsatz für dieses Produktcluster (und Land) lag dabei bei 1,831 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr stieg damit jedoch der Umsatz um 6,4 Prozent (2021: 1,721 Milliarden Euro Umsatz in diesem Produktcluster). Dies ist ein Beleg dafür, dass die Preiserhöhungen für den Umsatzanstieg verantwortlich waren.
Für 2023 prognostiziert der VdL einen weiteren Rückgang der in Deutschland abgesetzten Menge an Bautenfarben und Putze für Wände und Fassaden um 3,5 Prozent auf 770.000 Tonnen. Der Umsatz wird nach Verbandangaben in 2023 bei 1,8 Mrd. Euro stagnieren – damit bleibt die Inflations- bzw. Preissteigerungssystematik in diesem Produktcluster weiterhin ein Thema.
Die Kombination aus sinkenden Absatzmengen bei teilweiser inflationsgetriebenen Umsatzstagnation ist zusätzlich ein Indikator dafür, was dem Malerhandwerk in 2023 in diesem Bereich auf den Magen schlagen könnte: sinkende Auftragsvolumina bei steigenden Materialpreisen.