In der telefonischen Befragung zur Jahresanalyse 2015/2016 wurden Architekten, Bauunternehmer und SHK-Installateure nach dem Anteil ihrer Bauprojekte, bei denen Barrieren im Wohnumfeld beseitigt oder vermieden werden sollen, an ihren Projekten im Vorjahr gefragt. Das Ergebnis: Im Schnitt sind es 18 Prozent ihres Auftragsvolumens: Damit hat sich der Anteil der Projekte am deutschen Bau, bei denen Barrierefreiheit eine Rolle spielt, gegenüber den Vorbefragungen 2010 und 2013 geringfügig verschlechtert.
Angesichts dieser Stagnation haben die Bauakteure auch ihre Hoffnungen an das Segment zurückgesteckt: 2010 herrschte noch Aufbruchsstimmung unter den Planern und Verarbeitern. Im Jahr 2015, so war damals die Prognose der Bauakteure, würden die Bemühungen von Politik und Baubranche Früchte getragen haben und das barrierefreie Bauen im Schnitt einen Anteil von 34 Prozent am eigenen Projektvolumen erreichen – also einem starken Drittel. Die aktuellen Erwartungen der Akteure an das barrierefreie Bauen im Jahr 2020 gehen nicht über einen Anteil von einem Viertel ihrer Projekte hinaus.
Warum kommt das barrierefreie Bauen nicht mehr voran? Zum einen scheinen die Bauherren im Wohnungsbau nicht langfristig genug zu denken und klammern das Thema Alter oder Einschränkungen weitgehend aus: So können jeweils um die 50 Prozent der Architekten, Bauunternehmer und SHK-Fachleute nicht erkennen, dass jüngere Bauherren im Wohnungsbau barrierefreie Aspekte berücksichtigen.
Dennoch sind es vor allem die barrierefreien Bestandsprojekte, die fehlen: Zwei Drittel der barrierefreien Aufträge von Planern und Bauunternehmern sind Neubauprojekte. Selbst bei den SHK-Installateuren, die gut drei Viertel ihres Gesamtumsatzes in der Bad- und Heizungsmodernisierung im Bestand erwirtschaften, hat der Neubau mit 41 Prozent einen starken Anteil an den Projekten im barrierefreien Wohnungsbau.
Auch an diesem Verhältnis können sich die Akteure im Jahr 2020 keine große Veränderung vorstellen – aus Sicht der Architekten und Bauunternehmer wird sich die Zweidrittelmehrheit des barrierefreien Neubaus eher verfestigen. Für die barrierefreie Neubaukultur zwar ein leiser Hoffnungsschimmer- doch keine erfreulichen Aussichten für den deutschen Wohnungsbestand, der laut Kuratorium Deutsche Altenhilfe nur zu einem Prozent barrierefrei ist und beim jetzigen Zustand wohl kaum aufholen dürfte.
Bislang bleibt nur ein – reichlich zynischer –Trost: Der demografische Wandel wird wohl oder übel dafür sorgen, dass der Anteil der alternden Hausbesitzer immer mehr zunimmt – und damit auch der Bedarf nach Barrierefreiheit im Bestand .
BauInfoConsult Jahresanalyse 2015/2016
Die Informationen stammen aus den ersten Vorab-Auswertungen der Befragung zur Jahresanalyse 2015/2016, der jährlichen Studie von BauInfoConsult zu Konjunktur und Entwicklungstrends in der Bau- und Installationsbranche. Dabei werden auf Basis von über 1.000 Interviews unter Branchenakteuren und Endverbrauchern u. a. behandelt:
- Baukonjunktur: Entwicklung und Erwartungen
- Regionale Hochbauprognose 2015 und 2016
- (Energetische) Sanierung und Modernisierung
- Barrierefreies Bauen: Status Quo und Erwartungen
- Smart Home: Zukunftsmusik oder Gegenwartssound
- Ein Sektor holt auf? Tiefbau im Fokus
- Hochwertige Büro- und Einzelhandelsflächen
- BIM: zwischen Trend und Nische
- Einkaufsverhalten von Bauakteuren
- Zusammenarbeit zwischen Handel und Herstellern
- Decision Making Unit: der Einfluss von Branchenprofis und Bauherren
- und vieles mehr...