Dies ist vor dem Hintergrund interessant, als die Partei „Bündnis 90/die Grünen“ noch im Bundestagswahlkampf 2021 ausgerechnet für ihre Idee einer sogenannten „Solarpflicht“ für alle Neubaudächer (auch im privaten Wohngebäudeneubau) noch teils schwer kritisiert wurde. Doch das durch den Krieg in der Ukraine gestiegene Bewusstsein hierzulande rund um die Energieversorgung – beziehungsweise deren Sicherheit – dürfte wohl einige Bedenken aus dem Weg räumen.
Tatsächlich zeigt sich mittlerweile, dass selbst einige größere Gemeinden der Idee einer Solarpflicht für alle Neubaudächer überhaupt nicht abgeneigt sind. So hat beispielsweise der Rat der Stadt Münster Mitte Juni 2022 beschlossen, eine Solarpflicht für alle neuen Wohn- und Nichtwohngebäude im Bebauungsplan festzuschreiben – natürlich nur für solche PV-Dachanlage, bei denen es wirtschaftlich sinnvoll erscheint (also z. B. nicht im Vollschatten). In ganz Baden-Württemberg greift bekanntlich schon seit Anfang 2023 eine entsprechende Regelung.
Dabei sind die Vorteile von Photovoltaikanlagen offensichtlich. Einmal installiert, sind sie vergleichsweise wartungsarm und produzieren auf eine sehr günstige Art Strom. Auch kostenseitig sind PV-Anlagen vergleichsweise preisgünstige Investitionen, die sich in relativ kurzer Zeit amortisieren – vor allem, wenn man als Bauherr den selbst erzeugten Strom auch selbst nutzt.
Allerdings geben einige der 28 für die Studie „Die grüne Bauindustrie“ befragten Expertinnen und Experten zu bedenken, dass trotz aller Versuche der Regierung, den Ausbau auch auf legislativer Ebene voranzutreiben immer noch zu viele bürokratische Hürden (vor allem auf lokaler Ebene) vorhanden sind.
Dabei können die bürokratischen Hürden vielfältig sein. So könnten die Genehmigungen für die Installation von PV-Freiflächenanlagen (also nicht auf dem Dach, sondern auf bodengebundenen Standkonstruktionen) bei den kommunalen Bauämtern durchaus einmal länger dauern. Die Installationen von PV-Anlagen auf denkmalgeschützten Gebäuden sind bisweilen ebenfalls mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden. Zudem müssen die lokalen Netzbetreiber ebenfalls eine Genehmigung ausstellen, damit die neuinstallierten PV-Anlagen ihre Leistung überhaupt ins Netz einspeisen dürfen.
Über die Studie
Die Folgen des European Green Deals und anderer europäischer und deutscher legislativer Einflussnahmen auf die Bauwirtschaft wird ausführlich in der Studie „Die grüne Bauindustrie – Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Klimaneutralität am Bau“ von BauInfoConsult behandelt, die in einigen Wochen verfügbar sein wird. Auf Basis unserer repräsentativen Erhebungen unter bis zu ca. 600 Interviewpartnerinnen und -partnern aus Berufen und Gewerken wie Architektur, Bauunternehmen, Dachdecker-, Zimmerer-, Maler-, Trockenbau- und SHK-Handwerk und auf Grundlage von 28 Experteninterviews mit Vertreterinnen und Vertretern aus Architektur, Fachplanung, Energieberatung, Bauwirtschaft, Hochschule/Forschung und Entwicklung, Wirtschafts- und Trendforschung, Consulting, Verbänden und Behörden wurde in der Studie detailliert untersucht …
- welche energieeffiziente, nachhaltige und C02-neutrale Ansätze den Beitrag des Bauens zur Klimawende darstellen werden: Nachhaltigkeit & graue Energie vs. bloßer Effizienzfokus, Baubestands-Recycling vs. Neubaudominanz
- wie die Bauprozesse sich durch das grüne Bauen verändern werden: nachhaltiges Potenzial der Digitalisierung, Fertigteilbau vs. Massivbau, Serialität in der Sanierung, Anforderungen an die Baustoffindustrie
- welche politischen und legislativen Weichenstellungen in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu erwarten sind: künftiger Förderfokus & wo Regulierung und Normierung langfristig unvermeidbar sind
- welche Änderungen bei der Nachfrage für Materialien, Bauteile und Systeme zu erwarten sind: Außenwand und -dämmung, Böden/Decken, Fenster/Türen/Sonnenschutz, Bauchemie und Befestigung, Dach, Heizung, Lüftung, Elektrizität und erneuerbare Energien, Smart Home
- welche Bausektoren vor allem vom „grünen“ Wandel betroffen sein werden und welche Sektoren davon am stärksten profitieren: Potenzial und Folgen für den Eigenheimbau, Mietwohnbau, Nichtwohnungsbau
- Die Folgen für das Marketing in der Bauwirtschaft: den Wandel kommunizieren statt Greenwashing