Im zweiten Jahr des Ukrainekonflikts und weiterhin unter dem Eindruck einer hohen Inflationsrate ist die deutsche Wirtschaft und die Baubranche derzeit weiter mit einer schwierigen Situation konfrontiert. Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte im zweiten Quartal 2023 und damit kommt die Wirtschaft weiter nicht in die Wachstumszone.
Das Konsumklima wird von der Inflationsbelastung gehemmt. Und die erhöhten Baupreise belasten die gesamte Baukonjunktur. Vor allem der Neubau ist in der Krise: Die Umsatzanteile der von BauInfoConsult befragten 600 Bauakteure werden zu großen Teilen von Aktivitäten in der Modernisierung und Sanierung dominiert. Selbst im eigentlich neubaulastigeren Bauhauptgewerbe ist angesichts der derzeitigen Neubauflaute eine zunehmende Rückbesinnung auf den Bestandsbau festzustellen.
Bautrends: Modernisierung, Dämmung, Erneuerbare und ökologische Baustoffe
Als Ausweg aus der Situation, die von Nachfragerückgang im Neubau aufgrund allgegenwärtiger Kostenanstiege geprägt ist, setzen die Bauakteure also zunehmend auf den Modernisierungssektor. Der Trend zu mehr Energieeffizienz wird dabei zunehmend auch im Geschosswohnbau beobachtet.
Gleichzeitig treffen die Material- und Energiekosten die Betriebe hart. Auch Lieferengpässe werden nach wie vor als Problem empfunden, selbst wenn das Problem nachgelassen hat. Die Bauakteure wählen ihre Lieferanten aus Industrie und Handel unter dem Eindruck der jüngsten Lieferkrise auch aktuell zunehmend unter dem Gesichtspunkt der pünktlichen und vollständigen Lieferung. Das häufig abstrakt wirkende Problem Fachkräftemangel betrifft aktuell 45 Prozent der befragten Bauakteure ganz konkret selbst, was bei drei Viertel der Betroffenen unvermeidlich zu Umsatzeinbußen führt.
Zu den wichtigsten Nachfragtrends gehört aus Sicht der Bauakteure insbesondere Dämmung an Dach und Fassade – und von Nachhaltigkeitsdiskussionen unbeirrt ist vor allem das am Markt etablierte und daher immer noch vergleichsweise kostengünstige Dämmen mit kunststoffbasierten WDV-Systemen weiterhin führend. Umweltfreundliche Dämmmaterialien sind aber zumindest im Kommen. Das gilt auch für zahlreiche Materialtrends abseits der Dämmung. Im Heizungsbereich wird wohl weiter die Nachfrage nach der derzeit heiß diskutierten Wärmepumpe am deutlichsten spürbar sein. Aber auch das Bauherreninteresse am Thema Solarthermie wird hoch eingeschätzt.
Neubauprognose bis 2025: vor allem der (private) Wohnungsbau bekommt sein Fett weg
Die BauInfoConsult-Neubauprognose auf Basis der jüngsten Wirtschaftskennzahlen bestätigt die Sorgen der Baubranche: Auf das Stagnationsjahr 2022 folgt demnach aktuell erst einmal ein Verlustjahr für den Wohnungsneubau. So setzt sich der Genehmigungsrückgang aus dem Vorjahr 2023 nochmals fort, bevor 2024 wieder Nachholeffekte bei den Genehmigungen zu erwarten sind – wenn auch noch nicht nachhaltig genug, um 2025 für Impulse bei den Fertigstellungen zu sorgen. Auf Gebäudeebene betrachtet, erholen sich die Fertigstellungen bei den (freilich zuvor auch weniger stark lädierten) Mehrfamilienhäusern schneller und weitreichender als im Eigenheimsegment.
Und wie sieht es im Nichtwohnungsbau aus? Im aktuell schwierigen Marktumfeld machen die Genehmigungen in unserer Prognose auch im Jahr 2023 keine großen Sprünge. Doch nicht zuletzt in den von Industrie und Handel dominierten Bausektoren sind Kapazitätserweiterungen unumgänglich, sodass es insgesamt 2024 zu einem Nachholeffekt bei den Genehmigungen kommt, zu dem wohl auch die erwartete verbesserte wirtschaftliche Gesamtlage beitragen dürfte.
Die Fertigstellungen werden jedoch durch das saftige Genehmigungsminus aus 2022 im Jahr 2023 zum Ergebnis des Vorjahres erneut stagnieren, bevor 2024 ein etwas deutlicheres Plus zu erwarten ist. Unser Ausblick auf 2025 geht jedoch davon aus, dass sich der Nichtwohnungsneubau demgegenüber zunächst nicht weiter steigern kann – erst nach Ende unseres Prognosezeitraums dürften sich die positiven Effekte der Genehmigungszuwächse auf die Neubauzahlen bemerkbar machen.
Materialseitig war der Neubau 2022 vor allem von Ziegeln, Porenbeton, Stahlbeton und Holz dominiert. Die Neuregelung der Bauförderung, die Nachhaltigkeitsnachweise verlangt, befördert dabei aus Sicht der Kalksandstein- und Massivbauverbände einseitig den Baustoff Holz. In der Prognose für 2023 sind allerdings alle Hauptbaustoffe von dem allgegenwärtigen Rückgang betroffen. Erst 2024 zieht Holz bei den Wachstumsraten an den übrigen Baustoffen vorbei.
Hintergrund: BauInfoConsult Jahresanalyse
Die hier vorgestellten Ergebnisse entstammen der „Jahresanalyse Deutschland 2023/2024“ von BauInfoConsult, die zweibändige umfassende Baukonjunktur- und Bautrendstudie von BauInfoConsult zu den aktuellen Entwicklungen in der Bau- und Installationsbranche in Deutschland. Auf Grundlage von eigener Marktforschung, Prognosemethodik und Desk Research werden Trends und Entwicklungen aus der Branche übersichtlich aufbereitet.
Die vollständige Jahresanalyse 2023/2024 ist zum Preis von 950 € zzgl. MwSt. von BauInfoConsult in 2 Teilbänden erhältlich und wird durch ergänzende Power BI-Dashboards auf Deutsch und Englisch digital erweitert. Die Studie berücksichtigt unter anderem die folgenden Themen:
- Trends am Bau 2023 und 2024
- Top-Nachfragetrends in der Bau- und Installationsbranche bis 2026
- Lieferungen, Materialpreise und Fehlerkosten: Entwicklungstrends
- Fachkräftemangel am Bau und die Mittel dagegen
- Baumaterialien und Bauweisen
- Servicetrends: Erwartungen an Hersteller & Händler
- Bauprognose 2024 mit regionalem Ausblick
- Baustoffbranche: Marketingtrends und Marketingbudget
- uvm.