Der Bayer-Konzern hat im vergangenen Jahr eine deutliche Steigerung von Umsatz, Ergebnis und Cashflow erzielt. „2005 war eines der erfolgreichsten Jahre unserer Unternehmensgeschichte“, sagte Vorstandsvorsitzender Werner Wenning am Montag auf der Bilanz-Pressekonferenz in Leverkusen. Der Umsatz erhöhte sich um 17,6 Prozent auf 27,383 (Vorjahr: 23,278) Milliarden Euro, das operative Ergebnis (EBIT) vor Sondereinflüssen wurde um 55,9 Prozent auf 3,300 (2,117) Milliarden Euro verbessert. „Die Zahlen unterstreichen, dass unsere strategische Neuausrichtung auf Innovation und Wachstum die Ertragskraft des Konzerns nachhaltig verbessert hat“, so Wenning. Auf diesem Erfolg wolle das Unternehmen 2006 aufbauen, in allen Bereichen wachsen und das bereinigte operative Ergebnis erneut verbessern. „Die ersten beiden Monate dieses Jahres sind erfreulich verlaufen und untermauern unsere Zuversicht“, fügte der Vorstandsvorsitzende hinzu.
Zur Ausweitung des Geschäfts im Jahr 2005 trugen auch die von Roche erworbenen Consumer-Health-Produkte sowie die Umsätze mit Lanxess bei. Bereinigt um Währungs- und Portfolioeffekte stieg der Konzernumsatz um 7,5 Prozent. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) verbesserte sich um 24,9 Prozent auf 5,082 (4,069) Milliarden Euro. Das entspricht einer Marge von 18,6 Prozent. „Damit sind wir unseren Ertragszielen für das Jahr 2006 bereits jetzt sehr nahe gekommen“, sagte Wenning.
Auch ein anhaltend positiver Geschäftsverlauf im 4. Quartal trug zu diesem Erfolg bei. Mit 7,095 (6,111) Milliarden Euro war es das umsatzstärkste Quartal des Jahres 2005. Das EBIT vor Sondereinflüssen verbesserte sich in diesem Zeitraum um 54,5 Prozent auf 615 (398) Millionen Euro.
Positive Ergebnisentwicklung in allen drei Teilkonzernen
Alle drei Teilkonzerne erzielten im abgelaufenen Geschäftsjahr signifikante Ergebniszuwächse, Bayer HealthCare und Bayer MaterialScience verbesserten sich auch beim Umsatz deutlich.
Bayer HealthCare steigerte den Umsatz um 17,0 Prozent auf 9,429 (8,058) Milliarden Euro. Daran hatte das von Roche erworbene Consumer-Health-Geschäft mit 1,061 Milliarden Euro einen wesentlichen Anteil. Die Division Pharma konnte – dank eines starken Wachstums im Stammgeschäft – sowohl den Umsatzrückgang des Antibiotikums Cipro® aufgrund des Patentablaufs in den USA als auch den verringerten Umsatzausweis infolge der Marketing- und Vertriebsallianz mit Schering-Plough in den USA nahezu ausgleichen. Besonders erfreulich entwickelten sich die Produkte Levitra® und Trasylol®, die um jeweils 35 Prozent wuchsen. Das umsatzstärkste Bayer-Medikament Kogenate® legte um 18 Prozent zu.
Das um Sondereinflüsse bereinigte EBIT von Bayer HealthCare stieg um 26,9 Prozent auf 1,319 (1,039) Milliarden Euro. Die höchsten Wachstumsraten erzielten hier die Divisionen Pharma, Biologische Produkte und Consumer Care. Die bereinigte EBITDA-Marge verbesserte sich auf 18,9 Prozent. Damit wurde das Ziel, die Marge im Jahr 2006 auf mehr als 17 Prozent zu steigern, bereits erreicht.
Bayer CropScience lag 2005 in einem schwierigen Marktumfeld mit einem Umsatz von 5,896 (5,946) Milliarden Euro knapp unter Vorjahr. Dies war insbesondere auf Rückgänge bei Insektiziden und Fungiziden zurückzuführen, die unter den außergewöhnlich langen Trockenzeiten in Brasilien, Südeuropa und Australien litten.
Dennoch verbesserte Bayer CropScience das bereinigte EBIT um 31,2 Prozent auf 685 (522) Millionen Euro. Positiv wirkte sich hier vor allem der Wegfall der planmäßigen Goodwill-Abschreibungen aus. Ohne diesen Effekt lag das Ergebnisplus bei 6 Prozent. Die bereinigte EBITDA-Marge erhöhte sich auf 21,6 Prozent. Angesichts der ungünstigen Marktentwicklung vor allem in Brasilien werde Bayer CropScience die für 2006 angestrebte EBITDA-Marge von 25 Prozent noch nicht erreichen, sagte Wenning. Zur Verbesserung der Profitabilität würden weitere Anstrengungen bei der Restrukturierung unternommen.
Die mit Abstand höchsten Wachstumsraten bei Umsatz und Ergebnis erzielte Bayer MaterialScience. Die Erlöse stiegen hier um 24,4 Prozent auf 10,695 (8,597) Milliarden Euro. Maßgeblich zurückzuführen ist dies auf Preissteigerungen, die angesichts erheblich verteuerter Rohstoffe notwendig waren. Das bereinigte EBIT erhöhte sich dank der erfreulichen Geschäftsausweitung um 110,2 Prozent auf 1,404 (0,668) Milliarden Euro. Die bereinigte EBITDA-Marge stieg auf 18,2 Prozent. Damit wurde die für 2006 angestrebte Ziel-Marge von 18 Prozent bereits ein Jahr früher erreicht als geplant.
Höchste Wachstumsraten in Europa
Mehr als die Hälfte des Umsatzzuwachses erzielte Bayer in Europa, wo die Erlöse um 22,0 Prozent auf 11,930 Milliarden Euro zunahmen. In Deutschland stieg der Umsatz sogar um 37,4 Prozent auf 4,176 Milliarden Euro. Bereinigt um Portfolioeffekte – also im Wesentlichen die Umsätze mit Lanxess und das akquirierte OTC-Geschäft von Roche – betrug der Anstieg im Inland rund 10 Prozent und in Europa etwa 6 Prozent. In der Region Nordamerika wuchsen die Erlöse um 12,7 Prozent auf 7,340 Milliarden Euro. Hauptwachstumstreiber in der Region Fernost/Ozeanien war China mit einem Plus von 39 Prozent. Insgesamt stieg der Umsatz in der Region um 15,5 Prozent auf 4,578 Milliarden Euro. In Lateinamerika/Afrika/Nahost verbesserten sich die Erlöse um 16,7 Prozent auf 3,535 Milliarden Euro.
Konzernergebnis auf 1,6 Milliarden Euro mehr als verdoppelt
Das erfreuliche Ergebnis des Geschäftsjahres 2005 wurde durch eine Reihe von Sondereinflüssen belastet, die sich im Saldo auf minus 488 Millionen Euro beliefen. Nach Sondereinflüssen erhöhte sich das EBIT um 50,0 Prozent auf 2,812 (1,875) Milliarden Euro und das EBITDA um 21,2 Prozent auf 4,647 (3,834) Milliarden Euro. Das Konzernergebnis stieg um 912 Millionen auf 1,597 Milliarden Euro.
Auch der Brutto-Cashflow profitierte von der Ergebnisentwicklung und stieg um 20,5 Prozent auf 3,477 (2,885) Milliarden Euro. Noch deutlicher verbesserte sich der Netto-Cashflow mit einem Plus von 56,6 Prozent auf 3,542 (2,262) Milliarden Euro. Besonders hervorzuheben sei, dass Bayer mit einem Cashflow-Return on Investment von 12,4 Prozent eine Kapitalverzinsung auf Rekordniveau erzielt habe, so der Vorstandsvorsitzende. „Damit haben wir für Bayer und natürlich auch für unsere Aktionäre einen erheblichen Mehrwert geschaffen.“
Finanzvorstand Klaus Kühn führte dazu aus, dass das Unternehmen um 31 Prozent bzw. 823 Millionen Euro über der internen Brutto-Cashflow-Hürde gelegen habe. Hierbei hätten alle drei Teilkonzerne den Verzinsungsanspruch einschließlich Reproduktion übertroffen. Durch die starke operative Performance sei es Bayer trotz der Cashflow-Belastung aus der Akquisition des OTC-Geschäfts von Roche gelungen, die Nettoverschuldung mit rund 5,5 Milliarden Euro etwa auf Vorjahresniveau zu halten. Insgesamt seien die Portfoliomaßnahmen im Rahmen der strategischen Neuausrichtung nicht nur operativ, sondern auch finanzwirtschaftlich eine Herausforderung gewesen. „Diese haben wir jedoch schneller und erfolgreicher bewältigt als geplant“, sagte Kühn.
Strategische Fortschritte eröffnen Wachstumschancen
Neben den operativen Erfolgen habe Bayer im vergangenen Jahr auch beachtliche strategische Fortschritte erzielt, sagte Wenning weiter. So sei die umfassendste Umstrukturierung in der Geschichte des Unternehmens in Rekordzeit abgeschlossen worden. Der letzte Schritt sei der gelungene Börsengang von Lanxess gewesen. Die dynamische Entwicklung der Aktienkurse beider Unternehmen habe bewiesen, wie richtig dieser Schritt gewesen sei. Damit seien die Weichen für die Zukunft des Konzerns gestellt.
Bei Bayer HealthCare – dem mit 9,4 Milliarden Euro Umsatz größten HealthCare-Unternehmen Deutschlands – bestünden besonders gute Wachstumschancen, betonte Wenning. Die Division Pharma habe mit einem neu strukturierten und optimierten Allgemeinarzt-Geschäft ein neues Gesicht erhalten und entwickle sich sehr ermutigend. Die Spezialprodukte, insbesondere das biotechnologisch hergestellte Bluterpräparat Kogenate®, hätten noch großes Wachstumspotenzial. Dies bestehe auch bei Nexavar®, dem neuen Mittel gegen Nierenkrebs, das jetzt für die drei Indikationen Haut-, Leber- und Lungenkrebs in der klinischen Phase III sei. „Mit dem Medikament können wir einen jährlichen Spitzenumsatz von über einer Milliarde Euro erreichen“, bekräftigte Wenning. Das gilt auch für den Faktor-Xa-Inhibitor, ein orales Anti-Thrombosemittel, das sich zur Prävention von Venenthrombosen in Phase III und für zwei weitere Indikationen in Phase II befindet.
Insgesamt hat Bayer im Pharmabereich acht Projekte in Phase III und drei in Phase II. Hinzu kommen zwölf Projekte in Phase I und weitere elf in der Präklinik. „Damit ist unsere Pharma-Pipeline im Verhältnis zu unseren Mitbewerbern ähnlicher Größenordnung überdurchschnittlich gut bestückt“, sagte Wenning. Bayer wolle das Geschäft auch weiterhin durch externes Wachstum, z. B. durch Einlizenzierungen, unterstützen.
Auch Bayer CropScience habe weiterhin beträchtliches Potenzial, sagte Wenning. Im klassischen Pflanzenschutz sei das Unternehmen Weltmarktführer, ebenso bei Environmental Science und der Saatgutbehandlung. Haupterfolgsfaktor in einem nur moderat wachsenden Markt sei organisches Wachstum aus eigener Innovationskraft. Seit dem Jahr 2000 hat das Unternehmen 16 neue Wirkstoffe auf den Markt gebracht. Zusammen mit zehn weiteren Substanzen, die bis 2011 auf den Markt kommen sollen, erwartet das Unternehmen ein Gesamtumsatzpotenzial aus der CropScience-Pipeline von bis zu 2 Milliarden Euro. Überdurchschnittliche Wachstumschancen sieht Wenning zudem in der Saatgutbehandlung sowie in den Bereichen Environmental Science und BioScience.
„Bei MaterialScience blicken wir nach einem Rekordjahr mit dynamischem Umsatz und einer Top-Performance weiterhin zuversichtlich nach vorn“, sagte Wenning. Eine große Chance biete die Entwicklung der asiatischen Märkte, weshalb Bayer allein in China bis 2009 rund 1,8 Milliarden US-Dollar in World-Scale-Polymer-Anlagen investiere. Zudem wachse auch das Geschäft mit hochwertigen Materialien durch Innovationen. Mit neuen Produkten und Anwendungen der vergangenen fünf Jahre erreiche Bayer MaterialScience derzeit einen Anteil von rund 20 Prozent des Gesamtumsatzes.
Um das Wachstum auch in Zukunft zu unterstützen und ein hohes Maß an Innovationen zu gewährleisten, plant der Bayer-Konzern für 2006 Investitionen in Sachanlagen von 1,5 Milliarden Euro. Für Forschung und Entwicklung will das Unternehmen wie im vergangenen Jahr rund 1,9 Milliarden Euro ausgeben. „Das ist mit Abstand das höchste Forschungs-Budget aller deutschen Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Branche“, betonte Wenning.
Weitere Einsparungen von 600 Millionen Euro geplant
In Zukunft werde Bayer alles daran setzen, die erfolgreiche operative Performance fortzusetzen, kündigte der Vorstandsvorsitzende an. Deshalb plane das Unternehmen für die kommenden drei Jahre weitere Einsparungen von rund 600 Millionen Euro durch Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. Darin seien die bevorstehenden Restrukturierungen bei Bayer CropScience nicht enthalten.
Für das laufende Jahr 2006 stellte Wenning einen währungs- und portfoliobereinigten Anstieg des Konzernumsatzes in der Größenordnung von 5 Prozent auf über 28 Milliarden Euro in Aussicht. Zudem plant Bayer nochmals eine leichte Steigerung beim bereinigten EBIT sowie beim bereinigten EBITDA. Ferner strebt das Unternehmen eine um Sondereinflüsse bereinigte EBITDA-Marge von etwa 19 Prozent an. „Damit wollen wir den Aufwärtstrend der vergangenen Jahre auch in Zukunft fortsetzen und planen für 2006 ein neues Rekordergebnis für unseren Konzern“, sagte Wenning.
Wenning: Deutsche Unternehmen im Wettbewerb nicht benachteiligen
Die neue Bundesregierung rief Wenning dazu auf, deutsche Unternehmen im globalen Wettbewerb nicht länger schlechter zu stellen. Es sei zwar erfreulich, dass die Politik die Bedeutung von Forschung und Innovationspolitik erkannt habe. „Faktisch gibt es aber nach wie vor zu viele bürokratische und gesetzliche Hindernisse“, sagte er und erinnerte an das noch immer gültige Gentechnikgesetz. Mit seiner unangemessenen Haftungsregelung behindere das Gesetz diesen Forschungs- und Wirtschaftszweig in Deutschland ganz erheblich.
In der Gesundheitspolitik bemängelte Wenning die zum wiederholten Male verfügten Festbeträge auf patentgeschützte Arzneimittel. Während sich die Parteien im Koalitionsvertrag noch darauf geeinigt hätten, die Innovationsmöglichkeiten der Pharmaindustrie zu stärken, bewirke das neue Kostendämpfungsgesetz genau das Gegenteil. Wenning gab zu bedenken, dass die Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland lediglich einen Anteil von 14,5 Prozent an den Gesundheitsausgaben ausmachen und damit deutlich unter dem Niveau der meisten europäischen Länder liegen. „Diese einseitige Benachteiligung schwächt nicht nur unsere Industrie, sondern gefährdet damit auch die nachhaltige Versorgung der Patienten mit modernen Arzneimitteln“, sagte der Vorstandsvorsitzende.
Erhebliche Wettbewerbsnachteile gebe es auch in der Energiepolitik, führte Wenning aus. Seit Jahren belege Deutschland mit seinen Energiepreisen im europäischen Vergleich einen Spitzenplatz – nicht zuletzt aufgrund staatlicher Belastungen wie der Ökosteuer oder dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Hinzu komme der Emissionshandel: „Es zeichnet sich ab, dass die deutschen Unternehmen, allen voran die Chemieunternehmen, hier ein weiteres Mal belastet werden sollen“, sagte Wenning. Dagegen gehe die Tendenz in anderen EU-Ländern genau in die entgegengesetzte Richtung. Die Benachteiligung deutscher Unternehmen sei umso weniger verständlich, als diese weltweit beim Klimaschutz eine führende Rolle spielten. Auch Bayer sei hier mit gutem Beispiel vorangegangen und habe seine Treibhausemissionen seit 1990 um mehr als 60 Prozent reduziert. Wenning appellierte an die Regierung, die angekündigte, nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft jetzt konsequent und zügig umzusetzen.