"TTIP - Freihandelsabkommen statt Kleinstaaterei", hatte Frau Baumgärtel ihren Vortrag programmatisch überschrieben und hob darin die Chancen des Abkommens hervor, das in der Öffentlichkeit sehr kontrovers diskutiert wird. Trotz des bereits hohen Niveaus der Exporte und Importe zwischen den Beteiligten "kann das Freihandelsabkommen einen weiteren Wachstumsschub auslösen", sagte Baumgärtel. Mit insgesamt über 800 Millionen Verbrauchern stünden die USA und die EU für die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung. Und schon heute seien die USA der wichtigste Exportpartner der EU mit einem Anteil von knapp 17 %.
Das Abkommen soll Handelshemmnisse wie Zölle und bürokratische Regulierungen, die beispielsweise auf der fehlenden gegenseitigen Anerkennung von Normen und Verfahren beruhen, abbauen. Damit verbunden seien vor allem auch ein Wegfall von Bürokratie und mehr Spielraum für Investitionen. Derzeit entsprächen die Zusatzkosten aufgrund von bürokratischen Doppelanforderungen einer Abgabe von 10 % und in einigen Bereichen sogar 20 %, so Baumgärtel. Sie seien deshalb viel wichtiger als die Aufhebung der Zölle, weil mit einem Handelsabkommen solche Handelsbarrieren wegfielen. Das Abkommen könne zudem eine Strukturreform in Europa anstoßen und dazu beitragen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Allein in der EU hingen 30 Millionen Arbeitsplätze - (den intra-EU Handel nicht mit eingeschlossen) vom Export ab
Baumgärtel ging in ihrem Vortrag auch auf mögliche Nachteile des geplanten Abkommens ein, wie sie Kritiker beispielsweise beim Verbraucherschutz im Lebensmittelbereich anführen. "Aber wenn die EU und USA keine Standards setzen, werden es andere tun", so die Expertin. TTIP könne helfen, europäische Standards zu schützen. Da das Abkommen nicht nur vom europäischen Parlament, sondern auch noch von allen europäischen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden muss, ist Baumgärtel optimistisch, dass die hohen europäischen Standards in Sachen Verbraucherschutz auch gehalten werden, damit das Abkommen eine Chance hat. Entscheidend sei aber letzten Endes, dass die Standards in der Praxis auch eingehalten werden.
Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in TTIP
Ursprünglich waren auch Finanzdienstleistungen in die Verhandlungen einbezogen - diese seien derzeit allerdings kein Verhandlungsgegenstand. Die Zahlen im Versicherungsbereich sprächen aber eine eindeutige Sprache. So stünden allein die USA und die EU für 74 % des weltweiten Prämienaufkommens bei Versicherungen.
Die europäischen Banken- und Versicherungsverbände befürworten laut Baumgärtel eine Einbeziehung von Finanzdienstleistungen in TTIP. "Finanzdienstleistungen und freier Warenverkehr sind untrennbar miteinander verbunden. Insbesondere die Großunternehmen benötigen effiziente Kapitalmärkte und Versicherungsdienstleistungen für ihre Exporte und Importe", so die Expertin. Allerdings dürfe TTIP nicht zu Doppelarbeit, mehr Bürokratie oder gar Inkohärenz von Regulierung führen. Die in den maßgeblichen Fachgremien erzielten Ergebnisse seien unbedingt zu beachten, so Baumgärtel.
Das Fazit der Allianz-Expertin zum Freihandelsabkommen: "Wir sollten TTIP als Chance begreifen, um dem regulativen Dialog zwischen den USA und Europa einen neuen Schwung zu verleihen."
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