Mitarbeitende im Unternehmen halten ist das Ziel
Vor der Werksbesichtigung und dem abschließenden Austausch standen zuallererst eine kurze Unternehmenspräsentation der Bayka sowie die Vorstellung der Initiative Oncology@Work auf der Agenda. Anna Kley, Lead Government Affairs bei Lilly Deutschland GmbH, führte mit eindrucksvollen Zahlen ins Thema ein. Jede dritte der mehr als 500.000 jährlichen Neuerkrankungen an Krebs tritt im arbeitsfähigen Alter auf. Aufgrund der sinkenden Sterblichkeitsrate gehen diese immer öfter in einen chronischen Zustand über. Bei einem Drittel der Betroffenen misslingt die Wiedereingliederung in den Job mit erheblichen persönlichen und volkswirtschaftlichen Folgen. Die Gründe reichen von fehlenden niedrigschwelligen Beratungsangeboten bis zu komplizierten Prozessen in der Sozialversicherung, Versorgung und Nachsorge.
Nach Schätzungen betragen die Kosten für die ausbleibende Produktivität rund 30 Milliarden Euro pro Jahr. Die Erkrankten wiederum haben oft mit körperlichen und psychischen Langzeitfolgen, Verarmung und Vereinsamung zu kämpfen. Hier setzt Oncology@Work, eine Initiative der Industriegewerkschaft BCE Hessen-Thüringen, des BKK Dachverbands, des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte und des Pharmaunternehmens Lilly Deutschland, an. „Wir möchten dazu beitragen, die Abstimmung zwischen chronisch Erkrankten und den Arbeitgebern zu verbessern“, so Kley.
Was kann die Politik tun?
Gerd Kräh, Senior Director Government Affairs bei Lilly Deutschland, eröffnete die Diskussion: „Bei unserem Rundgang durch das Bayka-Werk wurde wieder einmal klar, wie wichtig gute Fachkräfte sind. Man muss alles dafür tun, sie zu halten und ihnen im Fall einer Erkrankung schnell und vertrauensvoll zu helfen. Betroffene fragen sich zum Beispiel, wann sie mit ihrem Arbeitgeber sprechen sollten, wie schnell sie wieder belastungsfähig sind, ob ihr Arbeitsplatz vorgehalten wird und welche Hilfen es gibt, wenn das Haupteinkommen der Familie wegfällt. Braucht es einen Lotsenstelle vor Ort, die für beide Seiten Information und Hilfestellung bereithält?“
Lütke ist nicht nur Mitglied im Gesundheitsausschuss und Sprecherin für Sucht- und Drogenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, sondern auch Unternehmerin. Sie sieht sich als Schnittstelle in die Politik. „Mir geht es heute darum, herauszufinden, auf welche Weise die Politik unterstützen kann. Wie kann so eine Lotsenstelle konkret ausgestaltet werden, wo ist sie bestmöglich angesiedelt und vor allem wie könnte sie finanziert werden – das sind Fragen, die ich gerne nach Berlin mitnehme.“
Sorge plädierte für Bürokratieabbau. Die meisten Betroffenen hätten ja erst einmal gewaltige Existenzängste. Platzöder erklärte: „Grundsätzlich versuchen wir immer, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach einer langen Krankheit wieder einzugliedern. Das ist auch für uns als Arbeitgeber ein Gewinn. Nach unserer Erfahrung gibt es aber keinen Pauschalweg. Wir suchen gemeinsam mit dem Betriebsrat und den Behindertenbeauftragten nach individuellen Lösungen.“
Bedauerlicherweise gäbe es in produzierenden Unternehmen mit festen Schichten wie der Bayka nicht unendlich viele Möglichkeiten alternative Arbeitsplätze bereitzustellen, sollte eine Rückkehr an die alte Stelle nicht möglich sein, ergänzte Hörner und lobte die Unterstützung durch das Inklusionsamt. Die Reaktionszeiten seien sehr kurz und der Prozess würde durchgängig begleitet.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) kann helfen, ins Gespräch zu kommen
Ob das gesetzlich vorgeschriebene, betriebliche Eingliederungsmanagement als Belastung empfunden würde, fragte Lütke. Nein, war die einhellige Meinung, sowohl von Seiten der Bayka-Betriebsratsvertretung als auch der Personalverantwortlichen. Es sei ein guter Weg, um mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen und ihnen zu zeigen, dass man sie und ihre Bedürfnisse ernstnehme.
Einig waren sich am Ende alle, dass das Thema Wiedereingliederung breiter betrachtet werden müsste. Vor allem der Umgang mit psychisch Erkrankten sei eine Herausforderung, bei der dringend Handlungsbedarf bestehe. Viele Betroffene müssten viel zu lange auf eine Behandlung und damit auch auf die Möglichkeit, schnell an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, warten.
Über Oncology@Work
Die Initiative will Handlungsempfehlungen an die Bundespolitik weitergeben, wie sie das Engagement im Betrieb vor Ort bei überstandener Krebserkrankung noch besser unterstützen kann. Hierzu werden gute Beispiele von Unternehmen, Krankenkassen, Leistungsanbietern und anderen Akteuren gesammelt. Krebserkrankungen sind eine gesellschaftliche Herausforderung. Daher setzt Oncology@Work auf eine vielfältige Expertise. Zu den bisherigen gleichberechtigten Partnern gehören die Industriegewerkschaft IG BCE Hessen-Thüringen, der BKK Dachverband, der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) und das forschende Pharmaunternehmen Lilly Deutschland.