- Vor sechs Monaten hat Berylls auf Basis einer großen Kundenumfrage prognostiziert, wie sich das Kaufverhalten durch die Coronakrise ändern würde. Der Tenor war: Premium-OEMs werden mit der Pandemie erheblich besser fertig, als die Volumenhersteller.
- Die globalen Absatzzahlen bestätigen die Aussagen nun vollständig, wie Berylls Geschäftsführer Dr. Jan Burgard in seinem jüngsten Statement zusammenfasst.
Schwieriger Heimatmarkt
Die Sorge um den Arbeitsplatz und die damit verbundene finanzielle Sicherheit, geschlossene Autohäuser sowie stillstehende Produktionsbänder führten in Deutschland im vergangenen Jahr zu lediglich 2,92 Millionen Neuzulassungen. Der deutsche Markt schrumpfte damit um gut 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und erreichte letztlich lediglich das schwache Niveau von 2010 – dem Jahr nach der Abwrackprämie. Mitte 2020 prognostizierten die Berylls-Verbraucherumfrage-Ergebnisse, dass die Premiumhersteller nicht ganz so hart von der Krise getroffen werden würden, wie die Volumenhersteller. Zum Jahreswechsel hat sich die Prognose erfüllt, selbst auf dem hart erschütterten deutschen Markt.
Auffällig ist, wie unterdurchschnittlich vor allem die Volumenmarken abschnitten. Ford und Opel konnten je rund ein Drittel weniger Fahrzeuge verkaufen, VW verfehlt die durchschnittlichen -19% mit -21% knapp, dicht gefolgt von Audi mit -20%. Porsche (-16%), BMW (-14%) und Mercedes (-11%) zogen sich achtbar aus der Affäre, Toyota überrascht mit lediglich -9%, blickt aber auch auf eine schwache Absprungbasis in 2019 zurück. Tesla geht dagegen gestärkt aus dem Krisenjahr hervor und belegt in den deutschen Gesamtzulassungen mittlerweile einen Platz in den Top 25. Der Grund sind nicht zuletzt die E-Auto-Förderprämien, die allen Herstellern von E-Autos Ende 2020 in die Karten gespielt haben - jedenfalls jenen, die entsprechende Fahrzeuge in ausreichender Stückzahl liefern konnten.
Auch die Aussage vieler Umfrage-Teilnehmer, dass zwar weiterhin ein Premiumfahrzeug gekauft werden solle, innerhalb der Marke aber ein kleineres Modell, bewahrheitet sich zum Jahresende. So verzeichnen beispielsweise der Audi Q3, die BMW Dreier Reihe oder der Mercedes CLA Zuwächse, während sich die größeren Geschwister Audi Q5, BMW Fünfer und Mercedes C-Klasse schlechter verkauften als im Vorjahr.
Erfolg mit E-Modellen
Mit 54 Prozent hat der Elektroauto-Anteil an den Neuzulassungen in Norwegen im Gesamtjahr 2020 die Marke von 50 Prozent überschritten. Und die deutschen Premiumhersteller drängen in Europas E-Mobilitätsleitmarkt mit ihren E-Modellen an die Spitze der Zulassungen. Der Mercedes EQC trifft hier auf dankbare Abnehmer und verschafft seinem Hersteller einen satten Aufschwung um 132%. Audis Zulassungszahlen kletterten durch den e-tron um beachtliche 39% nach oben. Ein kleines Minus (-6,8%) gab es bei BMW zu verschmerzen, der i3 lag mit knapp 2%Zuwachs aber immerhin im Plus. Volkswagen konnte den Erfolg des e-Golf mit dem neu vorgestellten iD3 weiterführen, verbesserte seinen Gesamtabsatz um knapp 2% und lag damit deutlich vor den Rivalen Ford und Toyota mit jeweils -13%. Und Tesla? Wurde mit -53% Zulassungen im Vergleich zu 2019 nach hinten durchgereicht. Tatsächlich haben die Amerikaner zu kämpfen, seit die deutsche Konkurrenz in Norwegen mit E-Modellen vertreten ist. Der erfolgreichste Tesla, das Model 3 belegt in der Zulassungsstatistik zwar noch Rang 2. Der Audi e-tron (9227 verkaufte Einheiten, Rang 1) ist am Model 3 (7770 verkaufte Einheiten) aber klar vorbeigezogen und der erst im Herbst vorgestellte VW iD3 setzt mit 7754 Stück zum Sprung an die Tabellenspitze an.
China glänzt – Neuzulassungen beinahe auf dem Niveau von 2019
Corona schien den chinesischen Markt 2020 eher zu beflügeln als zu bremsen. Tatsächlich gingen die Zulassungszahlen insgesamt um 1,9% zurück, das ist angesichts der Auswirkungen durch den Shutdown und im Vergleich zu den rund 10% Rückgang im Jahr 2019 allerdings ein bemerkenswert positives Ergebnis.
Der Markt gewinnt offensichtlich wieder an Dynamik und auch hier schneiden sich die Premiumhersteller die dicksten Scheiben vom Kuchen ab. Seit 2015 ist der Marktanteil von Premiummarken kontinuierlich gewachsen, von 6% in 2015 auf 11% in 2019, um in 2020 schließlich bei ca. 14% zu landen. Die deutschen Premiummarken tragen dazu ganz erheblich bei und fahren neue Verkaufsrekorde ein. Audi wächst um 5%, BMW legt um gut 7% zu, Mercedes sogar um mehr als 11%. Auch die junge heimische Premiummarke Nio schließt das Jahr mit einem enormen Plus von 112% sehr positiv ab, kommt in 2020 allerdings auf lediglich knapp 44.000 Zulassungen. Im Vergleich zu den drei deutschen Premiumanbietern, die alle zwischen 720.000 und 780.000 Einheiten absetzen konnten, bleibt hier allerdings noch viel Luft nach oben. Selbst Tesla mit seinem sprunghaften Zulassungsplus von 236%, kommt lediglich auf 141.000 Neuzulassungen. Den Premiumtrend haben chinesische OEMs längst erkannt. Sie kreieren beziehungsweise relaunchen daher Premium Submarken wie Lynk & Co. und Geometry als Edeltöchter von Geely oder Hongqi von FAW. Andere Konzerne werten vorhandene Volumenmarken auf, wie Wuling und Baojun von SGMW oder stellen neue Premiummodelle vor, wie Xpeng P7 Wing, Weltmeister EX6 Plus.
Wie in Deutschland, lief es auch in China für viele Volumenmarken auf ein Minus hinaus. Volkswagen kommt mit -5% und einem blauen Auge davon, Hyundai büßt rund ein Drittel seine Verkäufe ein, Skodas Zahlen verringern sich sogar um knapp 38%. Nicht ganz so hart werden BYD (-10%) und Chery mit -4% getroffen. Anders als in Deutschland, gehören in China aber auch einige Volumenmarken zu den Gewinnern: Changan wächst um 20%, Weltmeister sogar um 33%.
Wir erwarten allerdings, dass es die Volumenmarken im chinesischen Markt künftig zunehmend schwerer haben werden. Denn der Trend zum Premiumauto beschleunigt sich. Nicht zuletzt durch die kürzlich bekannt gegebenen neuen Kooperationen wie die Huawei-Changan-CATL-Allianz oder die Partnerschaft von SAIC mit Alibaba. Diese neuen Player wollen vor allem hochwertige E-Autos bauen und sie besitzen sowohl die Technologie wie die Finanzmittel, um gegen die etablierten Marken anzutreten.
Letztlich stellt sich aber die Frage, ob sich der Unternehmenserfolg der OEMS auch künftig an den Zulassungszahlen festmachen lässt. Nach meiner Einschätzung sehen wir heute bereits, dass Marktkapitalisierung und Fahrzeugabsatz nur noch sehr bedingt korrelieren. Ich möchte diese Einschätzung mit zwei Beispielen untermauern. Schauen wir uns den chinesischen Newcomer Nio an. Der hat bisher nur wenige zehntausend Autos verkauft, dennoch wird ihm ein Wert von 75 Milliarden Euro zugemessen. Die Marktkapitalisierung des Traditionsunternehmens Daimler, mit mehr als einem Jahrhundert Erfahrung im Autobau, liegt dagegen aktuell bei knapp 62 Milliarden Euro. Noch krasser fällt der Vergleich zwischen Tesla und den Absatzriesen Toyota und VW aus. Teslas Wert liegt bei gut 666 Milliarden Euro, was etwa dem Dreifachen dessen entspricht, was Toyota und VW gemeinsam zugestanden wird. Dabei hat Tesla hat im vergangenen Jahr knapp 500.000 Autos gebaut, Toyota und der VW-Konzern dagegen zusammen rund 20 Millionen.“