Beim Parlamentarischen Abend des Bundesverbandes Paket und Expresslo-gistik am 23. Februar 2016 in Berlin referierten der Präsident des Bundes-kartellamtes Andreas Mundt, der DPD-CEO Boris Winkelmann und der Vor-sitzende des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik Florian Gerster zum Thema fairer Wettbewerb im KEP-Markt.
"Wir beobachten mit Sorge, wie die Abgrenzung der Deutschen Post AG in den letzten Jahren forciert wurde und die marktbeherrschende Stellung des ehemaligen Staatsbetriebs eher wächst als abnimmt“, erklärte Boris Winkel-mann. Dabei hob er drei Aspekte hervor: „Landesweit hat die Post mehr als 2.700 Packstationen aufgestellt, mit denen lediglich DHL-Pakete empfangen werden können. Ebenso wird mit den Paketkästen verfahren, die an Ein- und Mehrfamilienhäusern aufgestellt werden können. Eine Öffnung dieser Syste-me für andere Anbieter schließt die Post in beiden Fällen aus.“ Ein weiteres Problem ergebe sich aus der Verbundzustellung von Briefen und Paketen: „Das Konzept an sich ist gewiss nicht verwerflich und macht Sinn, problema-tisch ist jedoch, dass hier keine getrennte interne Verrechnung erfolgt und dadurch eine transparente Zuordnung des Betriebsergebnisses unmöglich gemacht wird“, so Winkelmann. Auf diese Art würden die hohen Gewinne im Briefbereich der Deutschen Post AG eine strategische Quersubventionierung des wettbewerbsintensiven Paketbereichs ermöglichen, was immens durch die Änderung der Postentgeltregulierungsverordnung unterstützt werde: „Der Regulierer hat dem Unternehmen die Portoerhöhungen anstandslos zuge-standen, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass es in eine Infrastruktur inves-tiert, die den Ausbau der beherrschenden Marktposition zum Ziel hat, was sich letztendlich zu Lasten der Verbraucher auswirkt: So wurde die Entlee-rung der Briefkästen am Sonntag beispielsweise drastisch reduziert und die Zustellung von Briefen am Montag de facto bereits eingestellt.“
Auch Andreas Mundt, Keynote-Sprecher des Abends, bezeichnete die Ände-rung der Postentgeltregulierungsverordnung als problematisch: „Der Ge-winnzuschlag für die Deutsche Post AG wird anhand von Gewinnmargen ausländischer Postunternehmen ermittelt. Damit wird der Kostenmaßstab in der Entgeltregulierung erheblich aufgeweicht! Zudem gibt es auch auf den ausländischen Märkten keinen wirksamen Wettbewerb. Die dort erzielten Renditen sind ebenfalls das Ergebnis von Regulierung. Eine Übertragung von Regulierungsfehlern ist daher nicht auszuschließen“, so Mundt. Gleichzeitig kritisierte er die der Deutschen Post AG gewährte Umsatzsteuerbefreiung für Universaldienstleistungen: Der Präsident des Bundeskartellamtes hält es für wettbewerbsfördernd, alle Postdienstleister in Bezug auf die Mehrwertsteuer gleich zu behandeln und sieht die Politik in der Pflicht, das Thema zu prüfen und eine Angleichung für alle Wettwerber vorzunehmen.
Florian Gerster rundete die Vorträge mit den Forderungen des Bundesver-bandes Paket und Expresslogistik ab, die von den Ergebnissen des kürzlich veröffentlichten Gutachtens „Unfairer Wettbewerb im Postmarkt – Deutsche Post AG/DHL: Quersubventionierung in den Paketmarkt, Marktbeherrschung und unzureichende Regulierung“ bestätigt werden. Das Gutachten wurde vom ehemaligen Vorsitzenden der Monopolkommission Prof. Dr. Justus Haucap im Auftrag des Bundesverbandes Paket und Expresslogistik erstellt.
Die Forderungen im Überblick:
1. Wir fordern die Bundesregierung auf, alle Paketdienstleister in Bezug auf die Umsatzsteuer gleich zu behandeln! Das der Deutschen Post AG gewährte Umsatzsteuerprivileg führt zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen.
Die Bundesregierung soll sich für eine Änderung der europäischen Mehrwert-steuersystemrichtlinie einsetzen, die eine Umsatzsteuerpflicht für alle Paket-dienstleister zur Folge haben muss.
2. Wir fordern die Bundesregierung auf, eine klare und transparente Kosten-zuordnung und eine getrennte Ausweisung der beiden Geschäftsbereiche „Paket“ und „Brief“ der Deutschen Post AG in geeigneter Weise durchzuset-zen.
Die Vermischung der beiden Bereiche erlaubt die Quersubventionierung vom profitablen Briefgeschäft zum Paketgeschäft, mit der Folge eines gnadenlo-sen Preiswettbewerbs im Paketmarkt.
3. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Änderung der Postentgeltregulie-rungsverordnung (PEntgV), mithilfe derer die Deutsche Post auf dem Rücken der Verbraucher die Briefportopreise nahezu nach Belieben ausgestalten kann, zurückzunehmen.
4. Wir fordern die Bundesregierung auf, schärfere Wettbewerbsregeln des Telekommunikationsgesetztes auf das Postgesetz zu übertragen. Dies gilt insbesondere für das ausdrückliche Verbot von Preis-Kosten-Scheren.
5. Wir fordern das Bundeskartellamt auf, eine Sektoruntersuchung der Post-märkte durchzuführen.
6. Wir fordern die Bundesregierung auf, die Bundesanteile an der Deutschen Post AG zu veräußern, um den Interessenkonflikt — Regulierer einerseits, Dividendenempfänger andererseits — zu beenden.
Mit dieser Veräußerung würde die Bundesregierung ihrer eigenen Pro-grammaussage folgen: „Ein wesentliches Bundesinteresse am Erhalt einer staatlichen Beteiligung besteht nicht mehr.“ (Deutscher Bundestag, Drucksa-che 18/5465 vom 03.07.2015). Der Bundesanteil an der Deutschen Post AG hatte im Jahresdurchschnitt 2015 einen Börsenwert von 6,6 Mrd. Euro.
Der Bundesverband Paket und Expresslogistik:
Im 1982 gegründeten Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK) sind die füh-renden Anbieter für Kurier-, Express- und Paketdienste in Deutschland organisiert: DPD, GLS, GO!, Hermes und UPS. Die Mitgliedsunternehmen bieten ihren Kunden eine bundesweit flächendeckende Zustellung von der Hallig bis zur Alm. Die Branche reali-sierte im Jahr 2014 Umsätze in Höhe von 16,6 Milliarden Euro und beförderte 2,8 Milli-arden Sendungen.