Disziplinübergreifende Interaktion auf dem Gemeinschaftsstandes des Landes Nordrhein-Westfalen
Das Land Nordrhein-Westfalen war auch in diesem Jahr auf der MEDICA mit einem Gemeinschaftsstand vertreten, der in Zusammenarbeit des Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, des Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr und des Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung organisiert wurde. 59 Aussteller, darunter Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Initiativen und Verbände verschiedenster Fachrichtungen, konnten sich auf dem Gemeinschaftsstand dem vielseitig interessierten Publikum präsentieren. Die Dachterrasse des doppelstöckigen Landesstandes wurde außerdem genutzt, Messebesuchern ein vielfältiges Programm aus Seminaren, Workshops und Foren mit NRW-spezifischen Themenbereichen vorzustellen.
Crossinnovatives BIO.NRW-Forum zum Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland noch immer Todesursache Nr. 1. Das diesjährige BIO.NRW-Forum auf der Dachterasse des NRW-Stands widmete sich diesem zentralen Thema. Initiiert wurde das Forum von BIO.NRW Cluster Biotechnologie in Kooperation mit dem Cluster MedizinTechnik.NRW und dem Cluster NanoMikro&Werkstoffe.NRW. Die interdisziplinäre und cross-innovative Veranstaltung mit dem Titel "Quo Vadis - das heute und morgen in der Diagnostik und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen" spannte einen thematischen Bogen vom Nachweis erblich bedingter Herz-Kreislauf-Erkrankungen über neue, bildgebende Diagnostikverfahren im Bereich Arteriosklerose, unterschiedlichen Konzepten in der Herstellung und Anwendung von innovativen Herz-Kreislauf-Implantaten, bis hin zur angewandten Telemedizin bei der Nachsorge von Herz-Kreislauf-Patienten. Michael Gebauer (CorTag) stellte ein neues Nachweisverfahren für erbliche bedingte Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Diese neue Vorgehensweise in der Diagnostik, basiert auf einer Chiptechnologie und bietet im Vergleich zum momentan verwendeten Nachweisverfahren eine wesentliche schnellere und gleichzeitig auch deutlich günstigere Diagnostik durch Parallelanalysen. Über ein Screening, eindrücklich am konkreten Beispiel einer Familie mit Hyperthrophe Cardiomyopathie (HCM) gezeigt, werden die Risikoträger schnell identifiziert und können so frühzeitig in eine Erkrankungsüberwachung eingeschlossen und in eine Prophylaxestrategie aufgenommen werden. Alle nicht betroffenen Familienmitglieder müssen medizinisch nicht weiter kontrolliert werden, sodass dieser neue, diagnostische Ansatz ein enormes Potential im Bereich der Kostenersparnis bietet.
Das European Institute for Molecular Imaging (EIMI) in Münster konnte auf Grund einer Public-Private-Partnership-Initiative gegründet werden und hat als einen Forschungsschwerpunkt neue, bildgebende Verfahren im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sven Hermann stellte in seinem Vortrag ein ganz neues Verfahren zum Nachweis von Markerstrukturen für die Arteriosklerose vor. Ziel ist es, über eine bildliche Darstellung von Indikatorstrukturen im lebenden Organismus sehr frühzeitig Risikopatienten für einen Herzinfarkt zu identifizieren. Die frühe Diagnose ermöglicht eine frühe Therapie, oder gar Prophylaxe und bietet so das Potential einer deutlichen Verbesserung für Patienten. Die vorliegenden Forschungsergebnisse, sowie die ersten klinischen Anwendungen an gesunden Personen stellen eine überaus positive und solide Basis für die kommende Anwendung an Patienten dar. Sabine Kämpf (NonWoTecc Medical) stellt in Ihrem Vortrag die Entwicklung von neuartigen, künstlichen Gefäßimplantaten vor. Die Innovation liegt in der speziellen Verarbeitung des in der Medizintechnik bereits bekannten und bewährten Werkstoffs "Polycarbonaturethan" (PCU). Er ermöglicht erstmalig, eine native Arterienwand annähernd naturgetreu nachzubilden und hat darüber hinaus eine ausgezeichnete Biokompatibilität. Dieses Herstellungsverfahren stellt eine Technologieplattform dar, durch die auch weitere medizinische Anwendungen, wie AV-Shunts und die Beschichtungen von Implantaten wie z.B. Stents vorstellbar sind. Im Frühjahr 2010 konnte NonWoTecc Medical die erste klinische Studie am Menschen starten.
Stefan Jockenhövel, ist mit seiner "Transfakultären Brückenprofessur" am Institut für Angewandet Medizintechnik (AME) sowie am Institut für Textilmaschinenbau und Textiltechnik (ITA) in Aachen ein Beispiel für interdisziplinäre Forschung. Im Rahmen seiner Arbeiten am AME und ITA beschäftigt Jockenhövel sich mit der Vision vom perfekten Implantat. Durch die Nutzung von Tissue Engineering und die Gewinnung spezieller Stützstrukturen verfolgt er die Herstellung einer lebendigen Herzklappe. Sie soll die Möglichkeit einer Transplantation bei schwer herzkranken kleinen Kindern schaffen und dabei gleichzeitig die Option auf Wachstum entsprechend dem Transplantatempfänger bieten.
Abgerundet wurde das Vortragsprogramm durch den Beitrag von Heinrich Körtke, Leiter des Institutes für Angewandte Telemedizin am Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen. Sein Fokus liegt im Bereich der Optimierung von herkömmlichen Therapien und der optimalen Versorgung der Patienten. Mit Hilfe von telemedizinischen Anwendungen, wie einer elektronischen Patientenakte und der Nutzung von "vor Ort Überwachung" medikamentöser Therapien (Antikoagulanztherapie) und medizinischer Parameter (Blutdruck, EKG) sollen Patienten zu Hause, in ihrer gewohnten Umgebung optimal medizinisch betreut werden. Durch die engmaschigen Kontrollen ohne Arztbesuch können therapeutische Interventionen optimiert, Notfallsituationen vermieden oder schneller erkannt werden. Der Patient gewinnt eine zusätzliche Sicherheit und fühlt sich in seiner Situation wohler. Neben diesem Patientennutzen führt die Telemedizin gleichzeitig zu einer Schonung von Ressourcen (z. B. in Form von Arztbesuchen), die einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Kosten im Gesundheitswesen leisten können.
Im Anschluss an die Vorstellung der aktueller Daten und Fakten moderierte Landesclustermanager für Biotechnologie Bernward Garthoff die Podiumsdiskussion zum Thema Nutzen von Cross-Innovation und Interdisziplinärer Kooperation. Alle Referenten betonten, dass viele ihrer Forschungsarbeiten und die daraus resultierenden medizinischen Erkenntnisse ohne disziplinübergreifende Interaktion nicht möglich wären. Ein medizinischer Fortschritt bei den komplexen Fragestellungen unserer Zeit ist ohne interdisziplinäre Interaktion und Kooperation kaum mehr vorstellbar.
Mehr Informationen zu diesem Thema erhalten Sie bei:
BIO.NRW Cluster Biotechnologie Nordrhein-Westfalen
Dr. Martina Wessling, wissenschaftliche Referentin
Tel: 0211-385469 9205 E-Mail:
m.wessling@bio.nrw.de