Ziel der Initiative ist neben der Vernetzung von Industrie, Forschung und landwirtschaftlicher Praxis vor allen Dingen die Identifikation von allgemeinen Herausforderungen sowie konkreten Bedarfen der baden-württembergischen Industrie hinsichtlich pharmazeutisch wirksamer Pflanzen auf der einen und Chancen für die baden-württembergische Landwirtschaft auf der anderen Seite. Die gesamte Wertschöpfungskette steht im Fokus der Betrachtung und soll mit Blick auf die baden-württembergische Wirtschaft gestärkt werden.
Die Initiative nahm 2021 Ihre ersten konzeptionellen Anfänge und ist mittlerweile organisatorisch gefestigt. Betreut durch die BIOPRO Baden-Württemberg konnten nun mit der Wahl der Vorsitzenden Dr. Martin Braun, Vice President Manufacturing der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG sowie Prof. Michael Heinrich von der UCL School of Pharmacy der Universität London, zwei hochkarätige Vertreter aus Forschung und Anwendung gewonnen werden, die den Brückenschlag zwischen den Bereichen voranbringen können.
Inzwischen liegen auch erste Ergebnisse vor: Für die pharmazeutische Industrie ist insbesondere der Ersatz von aktuell noch importierter Pflanzenmasse und sich daraus ergebender möglicher Einschränkungen im Hinblick auf Qualität und Rückstandsfreiheit durch inländischen bzw. regionalen Anbau von Interesse. Auch werden einige Kulturen durch Wildsammlung gewonnen, was bei unsachgemäßer Umsetzung unter Umständen die dortigen Ökosysteme in Mitleidenschaft ziehen könnte. Viele bis dato noch importierte Kulturen könnten aber auch in Baden-Württemberg sogar in Bio-Qualität angebaut werden. Möglichst kurze Transportwege zwischen Anbau und Weiterverarbeitung sind der Qualität der benötigten Inhaltsstoffe grundsätzlich zuträglich.
„Die Inkulturnahme von Arznei- und Gewürzpflanzen und hierauf aufbauend die Sicherstellung von nachhaltigen Wertschöpfungsketten, bietet ebenso viele Chancen wie Herausforderungen, welche detailliert angegangen werden müssen. Dies betrifft alle, von der Landwirtschaft bis zu den Verbrauchern.“, erläutert Prof. Dr. Michael Heinrich, Vorsitzender der Fachinitiative.
„Baden-Württemberg mit seinen international führenden Unternehmen im Segment der pflanzlichen, anthroposophischen und homöopathischen Arzneimittel bietet eine perfekte Ausgangssituation für eine Stärkung des heimischen Anbaus.“, so Dr. Martin Braun, ebenfalls Vorsitzender der Fachinitiative.
Auch verspricht der Anbau von Arznei- und Gewürzkulturen stabile Erlöse für die heimische Landwirtschaft. Diesen potentiell hohen Erlösen steht allerdings ein weitaus höherer Arbeitsaufwand als bei herkömmlicheren Kulturen wie Mais und Getreide gegenüber sowie oftmals fehlende Erfahrungswerte, was den Anbau betrifft. Auch die Absatzchancen sind oftmals unklar, der Vertragsanbau über längere Zeiträume ist daher oftmals die Regel. Dies schreckt allerdings einige Landwirte von vornherein ab. Bei anderen wiederum stehen diese Kulturen gar nicht im Blickfeld, da in der Ausbildung derartige Nischenkulturen schlicht keine Rolle spielen. Es gilt also noch mehr als eine Lücke zu schließen – daran wird in der Fachinitiative auch weiterhin gearbeitet.
Die Fachinitiative ist grundsätzlich gegenüber neuen Mitgliedern offen, interessierte Unternehmen, Forschende, praktische Landwirt/-innen und weitere Akteure können sich bei Interesse an die BIOPRO Baden-Württemberg wenden.
Die Fachinitiative „Phytopharmaka sowie wertgebende Pflanzeninhaltsstoffe“ wird vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Rahmen der Umsetzung der Landesstrategie nachhaltige Bioökonomie für Baden-Württemberg gefördert.