Laut der Bitkom-Befragung verfolgen die Anwender und Planer von Industrie 4.0 damit vor allem das Ziel, ihre Prozesse zu optimieren und die Kapazitätsauslastung in ihren Fabriken zu verbessern. 69 bzw. 57 Prozent nennen diese Punkte unter den drei wichtigsten Zielen. Rund die Hälfte (50 Prozent) erhofft sich von dem Einsatz vor allem eine schnellere Umsetzung von individuellen Kundenwünschen. 44 Prozent wollen durch Industrie 4.0 vor allem ihre Produktionskosten senken und 19 Prozent ihre Personalkosten. Eine bessere Planung von Wartungsfenstern hat für 17 Prozent der Anwender und Planer hohe Priorität. Nur 14 Prozent verfolgen mit Industrie 4.0 zuvorderst das Ziel, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder bestehende Geschäftsmodelle zu verändern. Lediglich 13 Prozent zielen mit Industrie 4.0 vor allem darauf ab, neue Kundengruppen anzusprechen. „Industrie 4.0 zahlt unter anderem auf die klassischen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens ein: mehr Effizienz und Produktivität. Es geht gleichermaßen darum, Bestehendes zu verbessern und Neues zu schaffen“, so Riemensperger. „Insbesondere neue ‚As a Service‘-Geschäftsmodelle, in denen die Produkte nicht mehr verkauft, sondern die Nutzung nach Verbrauchseinheiten abgerechnet wird, erfordern es, die bewährten Geschäftsmodelle zu hinterfragen und möglicherweise grundsätzlich zu verändern.“
Bei der Umsetzung von Industrie 4.0 gehen die Anwender und Planer fast alle (97 Prozent) strategisch vor, wobei die Ansätze unterschiedlich weit reichen: 59 Prozent haben eine Strategie für das Gesamtunternehmen, 38 Prozent nur für einzelne Bereiche des Unternehmens. „Das Ausprobieren in Teilbereichen ist ein guter Anfang. Das volle Potenzial entfaltet sich aber erst, wenn alle Bereiche konsequent digitalisiert werden. Die beste digitale Vernetzung in der Fertigung nützt wenig, wenn Lieferketten und Kundenbindungsprogramme mit den neuen digitalen Fertigkeiten und der damit verbundenen Agilität nicht mithalten können. Mittelfristig braucht es deshalb einen integrativen Ansatz, der Lieferanten, Partner und Kunden in die eigene digitale Strategie mit einbindet“, so Riemensperger. Gerade für die firmenübergreifende Zusammenarbeit ist es zudem gut, über den eigenen Tellerrand zu schauen und verstärkt externe Expertise einzubeziehen. Laut der Befragung werden die Industrie-4.0-Strategien derzeit größtenteils mit internen Mitarbeitern wie dem Produktionsleiter entwickelt, wie 91 Prozent der Befragten erklären. 39 Prozent haben externe Berater herangezogen, zum Beispiel von Unternehmensberatungen oder Industrie- und Handelskammern. 28 Prozent haben ihre Strategie in Kooperation mit mittelständischen oder großen Unternehmen aus der Digitalbranche entwickelt. 11 Prozent haben dafür mit Wettbewerbern kooperiert, 8 Prozent mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Lediglich 6 Prozent haben Start-ups in den Strategieprozess miteinbezogen. „Wenn es darum geht, neue datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln, braucht man neben erfahrenen eigenen Mitarbeitern auch Leute, die aus den gewohnten Denkmustern ausbrechen und frische Ideen einbringen. Start-ups, Service-Partner und oft auch die eigenen Kunden liefern hier meist kreative Impulse.“
Die größte Hürde beim Einsatz von Industrie 4.0 ist der hierfür nötige Mitteleinsatz. 75 Prozent aller Industrieunternehmen sagen, dass hohe Investitionskosten den Einsatz von Industrie 4.0 in ihrem Unternehmen hemmen. Anforderungen an den Datenschutz und an die Datensicherheit gehören mit 55 bzw. 51 Prozent ebenfalls zu den Haupthemmnissen. Der Mangel an Fachkräften wird von 53 Prozent als Problem genannt. Weitere Hemmnisse sind: die Komplexität des Themas (50 Prozent), der fehlende Rechtsrahmen (40 Prozent), eine befürchtete Störanfälligkeit der Systeme (38 Prozent), sowie fehlende Standards (36 Prozent).
Industrie 4.0 hat auch Auswirkungen auf die Arbeit in der vernetzten Fabrik. So haben 11 Prozent der Unternehmen, die Industrie 4.0 anwenden oder dies planen, im vergangenen Jahr neue Mitarbeiter für diesen Bereich eingestellt, 15 Prozent planen das für dieses Jahr. Am gefragtesten aus der Gruppe der IT-Berufe sind dabei Datenanalysten: 36 Prozent der Unternehmen, die Mitarbeiter für Industrie 4.0 eingestellt haben oder dies planen, nennen diese Berufsgruppe. IT-Sicherheitsexperten stehen mit 21 Prozent an zweiter Stelle. Eingestellt wurden oder werden zudem Software-Entwickler bzw. Programmierer (17 Prozent), IT-Service Manager (15 Prozent), Systemarchitekten (13 Prozent) und Qualitätsmanager/Tester (10 Prozent). Zudem will jedes zweite Unternehmen (51 Prozent), das bereits Industrie 4.0 nutzt oder dies plant, in diesem Jahr Mitarbeiter weiterbilden. 43 Prozent haben das im vergangenen Jahr getan. Entlassungen infolge von Industrie 4.0 sind dagegen kaum geplant: Nur 6 Prozent der Anwender und Planer haben im vergangenen Jahr Stellen abgebaut, 7 Prozent wollen das dieses Jahr tun. „Industrie 4.0 verbannt den Menschen nicht aus den Werkhallen. Allerdings wandeln sich die Berufsbilder. Der Umgang mit den neuen digitalen Technologien muss geübt werden, und es braucht in der Regel auch neue Mitarbeiter mit guten Fähigkeiten im Umgang mit Industrial IT “, so Riemensperger. Gefragt sind laut der Studie vor allem gut qualifizierte Fachkräfte, die interdisziplinäres Wissen für das vernetzte Arbeiten im Team mitbringen. Aber auch für eher gering qualifiziertes Personal eröffnet Industrie 4.0 durch IT-basierte Assistenzsysteme neue Chancen. Laut der Umfrage unterschreiben zudem drei Viertel der Unternehmen (75 Prozent) den Satz: Industrie 4.0 ist die Voraussetzung für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie – und damit auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen.
Weitere aktuelle Studienergebnisse zum Thema Industrie 4.0 und IT-Sicherheit/Wirtschaftsschutz stellt der Bitkom am 25. April, 11.30 Uhr, bei einer Pressekonferenz auf der Hannover Messe vor. Gesprächspartner ist Bitkom-Präsidiumsmitglied Winfried Holz. Anmeldung bei: j.kosik@bitkom.org
Der Bitkom ist außerdem mit 15 Ausstellern, darunter erstmals auch Start-ups, in der Bitkom Innovation Area in Halle 7, Stand D28 vertreten. Beim begleitenden Bitkom Innovation Forum präsentieren sich 45 Experten bei Vorträgen und Podiumsdiskussionen. Weitere Infos zu den Bitkom-Aktivitäten auf der Hannover Messe gibt es hier: https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Bitkom-auf-der-Hannover-Messe.html
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Befragung, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 559 Produktionsleiter, Vorstände oder Geschäftsführer von Industrieunternehmen ab 100 Mitarbeitern befragt.