Mittelstand und Kleinunternehmen sind Pfeiler der neuen Technik
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind die treibende Kraft bei Mikrobrennstoffzellen, den elektrochemischen Energiewandlern mit maximal 100 Watt. Trotz der geringen elektrischen Leistung spielen diese Systeme industriepolitisch eine große Rolle: Die Kleinsten der Brennstoffzellenszene werden nämlich den Markt bereiten, schätzen Experten. Die Gründe liegen auf der Hand: Mobile Elektronik wie Navigationsgeräte, Notebooks, Kameras und mehr sind heute auf Batterien oder Akkus angewiesen, die Energie zu hohen Preisen in relativ geringer Menge bereitstellen. „Technologien wie die Mikrosystemtechnik, die auf gleichem Raum mehr Energie zu marktgerechten Preisen bereitstellen können, gehört die Zukunft“, meint Carmen Gehring vom BMBF.
Brennstoffzellen könnten Akkus ergänzen oder gar verdrängen
Brennstoffzellen punkten hier mit ihrem vergleichsweise einfachen Prinzip der Energieumwandlung und mit der Trennung von Energiewandler und Speicher. Wo beim Akku lange Ladezyklen fällig sind, würde bei der Mikrobrennstoffzelle einfach der Brennstofftank getauscht. Methanol zum Beispiel verspricht einen hohen Energiegehalt auf kleinem Raum und ermöglicht eine einfache Handhabung. Doch bislang sind die innovativen Energiewandler nicht wettbewerbsfähig. Die Brennstoffzellen sind zu teuer, unverzichtbare periphere Komponenten wie Minipumpen, -ventile oder -regler bisher nur bedingt geeignet. Auch Materialien und Werkstoffe bergen noch Optimierungspotenzial. „Diese drei Faktoren und die industrielle Produktion werden in dem Förderprojekt ‚Leitinnovation Mikrobrennstoffzelle’ berücksichtigt“, sagt Carmen Gehring. Daher haben sich die drei Rahmenprogramme „Mikrosysteme“, „Werkstoffinnovationen für Industrie und Gesellschaft“ und „Forschung für die Produktion von morgen“ bei der Leitinnovation Mikrobrennstoffzelle erstmals zusammengeschlossen und stellen einen 18-Millionen-Euro-Etat bereit. Er wendet sich ausschließlich an Verbundprojekte, die sich ganzheitlich mit der Systementwicklung auseinandersetzen und marktgerechte Massenprodukte im Auge haben.
18-Millionen-Förderung unterstützt Projekte mit Praxisbezug
Etwa 35 Projekte buhlten um die Fördergelder, ausgewählt wurden durch ein Gutachtergremium insgesamt neun. Marco Voigt von der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, die als einer von drei Projektträgern vom BMBF einbezogen wurde: „Wir hätten gerne weitere Ansätze gefördert, doch statt vielen wenig zukommen zu lassen wollten wir die Gelder auf die aussichtsreichsten Projekte verteilen und hier massiv Anschubhilfe leisten.“ Rund zwei Millionen Euro pro Projekt entsprechen in den meisten Fällen etwa dem, was die jeweiligen Projektpartner zur Umsetzung ihres Vorhabens noch benötigen.
Brennstoffzelle als „Knopfbatterie“ vielleicht bald schon Realität
Als förderungswürdig wurde unter anderem das Projekt „PemGen“ eingestuft, das langfristig auf die Brennstoffzelle in Batteriegröße zielt. Durch die Miniaturisierung des Reformers (er bereitet den Brennstoff zu Wasserstoff auf), dem Flüssigkeitskreis und weiteren Komponenten sollen zunächst individuelle Systeme entstehen, die zur Versorgung elektronischer Geräte dienen. Im Folgeschritt ist eine Standardisierung angedacht, um Brennstoffzellensysteme in der Größe herkömmlicher (Knopf-)Batterien herzustellen. Dass ein Batterieanbieter bei diesem Vorhaben mit am Tisch sitzt, zeigt: Mit dieser Idee kann ein Massenmarkt mobilisiert werden.
Teamarbeit: „Dauerläufer“ Brennstoffzelle und „Sprinter“ Batterie
Seite an Seite könnten Brennstoffzelle und Batterie bei einem anderen Projekt arbeiten: Im Rahmen von „BZ-Battext“ soll ein Mikro-System für den Betrieb mit Methanol entstehen, das als Batterieersatz und als Ergänzung zu konventionellen Batterien zum Einsatz kommen kann. Solche Hybrid-Systeme kombinieren die Ausdauer und Leistungsdichte der Brennstoffzelle mit der Spontaneität der Batterie bei Spitzenstromanforderung.
Die Projekte in Kürze:
- „myPower“ – 100-Watt-Direktmethanol-Brennstoffzellensystem:
Hier soll durch das aktive Regeln einzelner Zellen ermöglicht werden, Brennstoffzellenstapel aus Zellen exakt identischer Leistung aufzubauen. Die zugehörige Aktorik soll auf Basis innovativer Keramiken entstehen.
- „PemGen“ – PEM-(Proton-Exchange-Membrane-)Brennstoffzelle mit Wasserstoff-Mikrogenerator:
Mit kleinsten Ventilen, Mikropumpen und einer kompakten Elektronik soll eine bedarfsgesteuerte Wasserstofferzeugung aufgebaut werden, bei der bis zu 1.500 Wh/l volumetrische Energiedichte angestrebt sind.
- „MIMEMIZ“:
Im Projekt soll ein PEM-Brennstoffzellensystem entstehen, das über einen neuartigen Mikroreformer verfügt. In ihm wird aus flüssigem Methanol Wasserstoff hergestellt. Ein Pilot soll sich in einem Golf-Caddy beweisen.
- „I²BRENN“ – Intelligente monolithisch-integrierte Mikrobrennstoffzelle inklusive Wasserstoffspeicher:
Ziel ist das Verschmelzen der Brennstoffzellentechnik und der Elektronik zu einer Einheit, die eine frei wählbare Ausgangsspannung bietet und eine Ladezustandsüberwachung beinhaltet.
- „BZ-Battext“ – Brennstoffzellensystem als Batterie-Extender:
Unter Einsatz neuer Materialien soll ein kompaktes Brennstoffzellensystem hergestellt werden, das im Verbund mit einer Batterie zunächst dem Bootsantrieb dienen soll.
- „DDMFC“ – Dampfbetriebene Direkt-Methanol-Brennstoffzelle:
Hier soll eine planare Mikro-Direkt-Methanol-Brennstoffzelle in Spritzgusstechnik für portable Elektronikgeräte erstellt werden. Dazu wird unter anderem ein passiver Methanolverdampfer entwickelt. Als Pilotanwendung wurde ein portables EKG-Gerät gewählt.
- „MicroPower“ – Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle mit Methanolreformer für portable Anwendungen:
Mit Hilfe einer Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzelle (Proton-Exchange-Membrane) und eines Reformers soll ein robustes Mikrobrennstoffzellensystem als netzunabhängiges Ladegerät für tragbare Elektrowerkzeuge entstehen.
- „ZiLuZell“ – Zink/Luft-Mikrobrennstoffzelle:
Das Projekt verfolgt die Umsetzung eines System auf Basis umweltfreundlicher und preiswerter Ausgangsstoffe, wobei mikroporöse keramische Materialien zum Einsatz kommen sollen.
- „Mobile und portable Brennstoffzellen“:
Der Schwerpunkt liegt hier in der Verbesserung der Peripheriekomponenten eines Brennstoffzellensystems und in der Systemintegration. Zum Beispiel sollen Wärmeübertrag, Kondensatablauf, lageunabhängige Phasentrennung und Füllstandsmessung optimiert werden.
Über die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
Die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH konzipiert und organisiert im Auftrag von Ministerien in Bund und Ländern technologiepolitische Förderungsprogramme. Unter anderem unterstützt sie die Gründung von jungen technologieorientierten Unternehmen, den Aufbau von Kooperationsnetzwerken sowie die Weiterentwicklung und ökonomische Umsetzung der Schlüsseltechnologie Mikrosystemtechnik. Dabei steht die erfolgreiche Nutzung von Technologien zur Lösung drängender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Herausforderungen im Vordergrund.
Mikrosystemtechnik in Kürze
Die Mikrosystemtechnik (MST) erstellt technische (Sub-)Systeme, deren funktionsbestimmende Strukturen Abmessungen im Mikrometerbereich haben. Sie kombiniert Methoden der Mikroelektronik, der Mikromechanik, der Mikrofluidik und der Mikrooptik, aber auch der Informatik, Biotechnologie und Nanotechnologie, indem sie Entwicklungen und Strukturen aus diesen Bereichen zu neuen Systemen vereinigt. Seit 1990 wird die Entwicklung der Mikrosystemtechnik durch Förderprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.