Karlheinz Brandenburg hatte am gestrigen Montag, dem 24. Juni 2024, gleich mehrere Anlässe zum Feiern. Die Veranstaltung in der Ilmenauer Festhalle war feierlicher Rahmen für seinen Ausstand als Institutsleiter des Fraunhofer IDMT und für seinen Übergang zum Seniorprofessor an der Technischen Universität Ilmenau. Bis 2019 war Brandenburg Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT tätig und bis 2020 Leiter des Fachgebiets Elektronische Medientechnik an der TU Ilmenau. Aufgrund der Corona-Pandemie musste das geplante Ehrenkolloquium damals abgesagt werden.
Zudem feiert sein 2019 gegründetes Unternehmen Brandenburg LABS GmbH 2024 fünfjähriges Bestehen und die erfolgreiche Entwicklung der Deep Dive Audio Kopfhörer-Technologie.
Fachliche Impulse und prominente Grußworte und Glückwünsche
Mit rund 200 Gästen aus Wissenschaft, Industrie und Politik spannte das Ehrenkolloquium am Montagvormittag in acht Fachvorträgen einen thematischen Bogen über verschiedene Bereiche der Medientechnologien. Allem voran die Audiotechnologien, – Fokus von Karlheinz Brandenburgs langjährigem Wirken als Wissenschaftler. Von der wissenschaftlichen Forschung bis hin zur praktischen Anwendung ihrer Forschungsergebnisse in verschiedenen Märkten gaben die internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Einblicke in ihre innovative Arbeit.
Karlheinz Brandenburg freute sich zahlreiche, zum Teil weit gereiste Gäste zu seinem Jubiläum in Ilmenau begrüßen zu können: „Es war ein tolles Treffen von alten Bekannten, Größen der Audiotechnologie in Deutschland aber auch weit darüber hinaus sowie alten und neuen MitarbeiterInnen. Ob Erlangen, Kalifornien oder Ilmenau, es war ein großartiges Zusammentreffen vieler wichtiger Leute aus dem Bereich aktueller Audiotechnologien“.
Eröffnet wurde das Programm von Professor Kai-Uwe Sattler, Präsident der TU Ilmenau, der auf Brandenburgs Werdegang an der Universität zurückblickte: „Karlheinz Brandenburg hat nicht nur den Ruhm des MP3-Erfinders mit nach Ilmenau gebracht. Als Professor der TU Ilmenau war er maßgeblich daran beteiligt, dass sich die Medienstudiengänge als attraktiver Bestandteil des Studienangebots der Universität etabliert haben und die Universität als Forschungsstandort auch im Bereich der Medientechnologie bekannt wurde.“
Die Feier am Nachmittag beinhaltete ein buntes Programm aus Grußworten und kreativen Beiträgen. Professor Thomas Sporer, Brandenburgs langjähriger Wegbegleiter und stellvertretender Leiter des Fraunhofer IDMT, führte die Gäste mit persönlichen Einblicken durch den zweiten Teil des Tages. Zudem honorierte Sporer das langjährige Wirken von Karlheinz Brandenburg als Institutsleiter des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT: „Spitzenforschung ist wie Hochleistungssport: Ohne Anstrengung jedes einzelnen geht nichts, aber zum Gewinnen braucht es das Zusammenspiel des Teams.“
Ministerpräsident Bodo Ramelow würdigte in seiner Rede Brandenburgs unermüdlichen Einsatz für den Forschungsstandort Thüringen: „Karlheinz Brandenburgs innovativer Geist und seine wegweisende Pionierarbeit haben beeindruckende Spuren hinterlassen. In Thüringen und darüber hinaus. Nicht nur die Innovation des MP3-Formats, sondern auch seine Arbeit für das Fraunhofer IDMT zeigen: Zukunftsorientierte Forschung ist seine Leidenschaft und Spezialität. Thüringen ist auch dank der engen Kooperation des Fraunhofer IDMTs mit unseren Universitäten ebenso wie mit unseren Industriepartnern und durch das Engagement in Netzwerken, Kompetenzclustern und im Bereich der Nachwuchsförderung, ein starker Player in Deutschland und der Welt.“
Und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee betonte: „Professor Brandenburg ist einer der einflussreichsten Gestalter unserer technischen Moderne – ein Audio-Pionier des Internetzeitalters.“ Brandenburg habe mit seinen Erfindungen und Entwicklungen das Leben von Millionen Menschen entscheidend beeinflusst und verbessert. „Bis heute ist er nicht nur als Wissenschaftler und Erfinder, sondern auch als Unternehmer und Investor aktiv. Für uns in Thüringen war und ist Professor Brandenburg ein großer Glücksfall!“
Musikalische Glückwünsche
Untermalt wurde das Programm von musikalischen Darbietungen. Ein ganz besonderer Musiktitel durfte dabei natürlich nicht fehlen. „Tom’s Diner“ von Susanne Vega, gespielt von der institutseigenen Band des Fraunhofer IDMT „Foyer Tanzformation“. Der Song diente während der Entwicklung des MP3 Formats in den Achtzigerjahren als „Härtetest“, da die A-capella-Version des Songs ohne Begleitinstrumente nur schwer ohne hörbaren Verlust komprimiert werden konnte.
Ein ganz besonderer Videogruß erreichte Brandenburg aus den USA – Susanne Vega sang ein Geburtstagsständchen für den Jubilar.
Auch Mitarbeitende und HobbymusikerInnen von Brandenburg Labs wollten es sich nicht nehmen lassen, einen musikalischen Beitrag zu leisten. Sie spielten ihrem Chef zum Geburtstag von The Beatles: “While my guitar gently weeps“ und von Creedence Clearwater Revival: “Looking out my back door”.
Anstelle von Geschenken, wurden auf Wunsch von Karlheinz Brandenburg Spenden für die künstlerische Gestaltung eines Fensters im neu entstandenen Ilmenauer Kindergarten „Fischerboot“ gesammelt. Für das Kunstprojekt war nach der baulichen Fertigstellung des Kindergartens kein Geld mehr übrig gewesen. Wolfgang Bruns von der evangelischen Kirchengemeinde Ilmenau, verantwortlich für den Kindergarten Fischerboot, bedankte sich für die eingegangenen Spenden und überreichte Karlheinz Brandenburg symbolisch einen Entwurf des Fensterbilds „Ihr seid das Licht der Welt“, das jetzt mit der Ilmenauer Künstlerin Katharina Kerntopf umgesetzt werden kann.
Über den Tag verteilt hatten die Gäste die Möglichkeit, hautnah Technologie zu erleben, die in Ilmenau bei Brandenburg Labs und am Fraunhofer IDMT entwickelt wurde. „Deep Dive Audio“ nennt sich die immersive Kopfhörer-Technologie, die Brandenburg mit seinem Start-up in Ilmenau entwickelt. Viele begeisterte Gäste testeten den Kopfhörer mit 3D-Klang, dessen Wiedergabe so lebensecht ist, dass viele ihn stattdessen den Lautsprechern in Raum zuordneten. Der „Aha-Effekt“ stellte sich für viele Hörende beim kurzen Abnehmen der Kopfhörer ein, denn die Lautsprecher waren still. Beeindruckenden 3D-Sound über echte Lautsprecher gab es vom Fraunhofer IDMT. „SpatialSound Wave“ heißt das System, welches weltweit, aber auch im Ilmenauer Parkcafé, installiert ist.
Wir bedanken uns bei den zahlreichen, teilweise weit gereisten Gästen, die mit Karlheinz Brandenburg dessen Jubiläum begangen haben. Wir blicken auf eine unvergessliche Veranstaltung mit vielen spannenden Beiträgen und Eindrücken zurück.
Über Karlheinz Brandenburg
Karlheinz Brandenburg ist ein renommierter Wissenschaftler, Erfinder und Unternehmer. Seine visionäre Arbeit hat die heutige Landschaft der digitalen Audiotechnologie entscheidend mitgeprägt. Weltweit bekannt ist er als Miterfinder von mp3 und den MPEG-Audiostandards.
1989 promovierte Brandenburg an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg im Fachbereich Elektrotechnik mit einer Arbeit über digitale Audiocodierung und wahrnehmungsorientierte Messverfahren. Die Forschungsergebnisse seiner Dissertation sind die Grundlage von MPEG-1 Layer 3 (mp3), MPEG-2 Advanced Audio Coding (AAC) und den meisten anderen modernen Audiokompressionsverfahren. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen am Fraunhofer IIS und der MPEG-Audio-Standardisierungsgruppe leistete er in den neunziger Jahren Pionierarbeit bei der Entwicklung und Etablierung dieser revolutionären Erfindung. Die Technologie wurde als ISO/IEC MPEG-Audio Layer 3 standardisiert. Für seine Arbeit auf dem Gebiet der digitalen Audiocodierung, der Perceptual Measurement Techniques, der Wellenfeldsynthese, der Psychoakustik und der Analyse von Audio- und Videosignalen erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Dazu gehören der IEEE Masaru Ibuka Consumer Electronics Award, der Deutsche Zukunftspreis (gemeinsam mit seinen Kollegen) und die Audio Engineering Society Silver Medal. Außerdem ist er Mitglied in der Hall of Fame der Internet Society und wurde von der Society of Motion Pictures and Television Engineers in Hollywood mit der Digital Processing Medal ausgezeichnet.
Vor seiner jetzigen Tätigkeit als Geschäftsführer der Brandenburg Labs GmbH und als Seniorprofessor an der Technischen Universität Ilmenau war er Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) und leitete als ordentlicher Professor das Fachgebiet für Elektronische Medientechnik an der TU Ilmenau.