Die Schweizerische Post hat vor nunmehr sieben Jahren eine optimierte Schalterapplikation in den Postfilialen bei BSI in Auftrag gegeben. Das Grossprojekt trägt den vielversprechenden Namen V-MaX. «Der Name steht für die Vereinfachung (V) für die Mitarbeitenden (Ma) in der Kundentransaktion (X) oder auch für VerkaufsMaXimierung», erklärt Paolo Bazzi, Software Architekt für V-MaX bei BSI. Ziel war es, die Ergonomie der Benutzeroberfläche für die Poststellen-Mitarbeiter radikal zu vereinfachen, um die Bearbeitungszeit zugunsten der Bedienzeit für den Kunden zu verkürzen. Darüber hinaus sollte die bestehende, proprietäre Lösung durch eine neue, moderne Applikation basierend auf offenen Technologien ersetzt werden.
Diesem Ziel ist die Post nun mit der Fertigstellung des Projekts einen grossen Schritt näher gekommen. «Die Lösung erleichtert unseren Mitarbeitenden den Arbeitsalltag dank einer deutlich verbesserten Ergonomie. Sie können die Kunden nun aus übersichtlichen Masken heraus bedienen. Damit verlieren sie keine Zeit mit dem System, sondern können sich ganz ihren Kunden widmen. Diese wiederum geniessen es, deutlich schneller und effizienter bedient zu werden», erklärt Marco Weber, Applikationsverantwortlicher seitens der Schweizerischen Post. Dass sich die Benutzerfreundlichkeit deutlich verbessert hat, zeigt sich nicht zuletzt im Einbruch der Supportanfragen beim Helpdesk.
Muskelpaket für den Verkauf
Über 8000 Mitarbeitende bearbeiten in rund 1600 Poststellen und rund 30 Post-Agenturen jährlich rund 150 Millionen Kundenkontakte mit V-MaX. Mit wenigen Eingaben regeln sie alle Kundenanliegen in der Anwendung: Logistische Produkte wie Brief- und Paketsendungen, Finanzservices wie Bargeldbezug, Auslandsüberweisungen usw. und die populären Drittprodukte der Post. Dazu zählen Handys und Handyverträge ebenso wie Konzerttickets, Swisslos, Gutscheine, Geschenkkarten, Zeitschriften und vieles mehr. Nicht zuletzt deshalb wird V-MaX auch als «Muskelpaket» für den Vertrieb bezeichnet. «Das Partnergeschäft gewinnt für die Post laufend an Bedeutung. Der erhöhten Nachfrage kommt die Post mit einem deutlich erweiterten Serviceangebot entgegen. Die Partner - Telekomunternehmen, Ticketfirmen, Swisslos usw. - sind an V-MaX angebunden, sodass die Poststellen-Mitarbeiter die Transaktionen autonom durchführen können. Das spart den Kunden wiederum Zeit und zusätzliche Wege», so Paolo Bazzi.
Vom technischen Refactoring zur Mitarbeiter-orientierten Ergonomie
«Unser Auftrag lautete, die Schalter-Lösung technisch zu modernisieren. Daraus entstand die Idee, diese auch ergonomisch zu verbessern», erinnert sich Paolo Bazzi. Um eine Vorstellung von der neuen Lösung zu bekommen, entwickelte BSI einen Prototypen: «Wir wollten zeigen, wie die Maske für die Poststellen-Mitarbeiter aussehen könnte. Der Prototyp überzeugte und wir durften loslegen.» Die Migration erfolgte Maske für Maske im laufenden Betrieb. Morten Pedersen, Projektverantwortlicher bei BSI, erinnert sich: «Das war nicht nur eine wichtige Voraussetzung für die Schweizerische Post, sondern auch die richtige Migrationsstrategie, wie sich herausgestellt hat. Ein 'Big Bang' hätte nicht zum gewünschten Erfolg geführt.»
Seither ist viel passiert: Eine halbe Millionen Code-Zeilen wurden von proprietärer Programmiersprache in eine moderne, auf Java, Eclipse RCP und weiteren Open Source Frameworks basierte Applikation migriert. Damit stellt die Schweizerische Post eine bessere Wartbarkeit und Stabilität sicher. Das Projekt wird durch ein intensives Life Cycle Management begleitet, um stets auf dem neusten Stand der Technik zu bleiben. Fachlich wurde jede Maske in gemeinsamen Workshops auf Verbesserungspotenziale hin analysiert. «Wir haben entfernt, was nicht mehr gebraucht wird und die Prozesse am Schalter optimiert. Das kommt vor allem den Mitarbeitern zugute: Sie werden neu Schritt für Schritt durch die Prozesse geführt, welche früher auf viele Masken verteilt waren», so Paolo Bazzi. Die Ergonomie wurde mittels Acceptance-Tests mit den Mitarbeitenden der Schweizerischen Post überarbeitet, pilotiert, getestet und ausgewertet. Auf Basis dessen wurden Entscheidungen hinsichtlich Farbgebung, Anordnung und Reihenfolge der einzelnen Bedienelemente getroffen.
Statistische Auswertungen waren generell die Grundlage vieler Entscheidungen in diesem besonderen Projekt. «Wir fanden heraus, dass sich 80 Prozent der Kundengeschäfte auf ein einzelnes Produkt beziehen. Diese gilt es möglichst einfach und schnell per Tastatur erledigen zu können», so Paolo Bazzi.
Je nach Projektphase sind 20 bis 25 BSI Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für V-MaX im Einsatz; jeweils ein Projektmitarbeiter ist vor Ort bei der Post IT, um als Single Point of Contact technische Anliegen schnell und direkt entgegenzunehmen und zu lösen. «Es ist eine grosse Freude und ein besonderes Privileg, zusammen mit unserem Kunden Die Schweizerische Post über einen so langen Zeitraum an einer gemeinsamen Vision zu arbeiten und die technischen, fachlichen und ergonomischen Ziele zu realisieren. In unserer schnelllebigen Zeit sind weder beständige Geschäftsbeziehungen noch Ausdauer bei der Realisierung langfristiger Visionen eine Selbstverständlichkeit. Die Post hat mit V-MaX bewiesen, dass Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit keine taktischen Agendapunkte, sondern aufrichtige und nachhaltige Versprechen sind - den Mitarbeitern und Kunden gegenüber», so Paolo Bazzi.