Bereits in der Vergangenheit hatte der BVDW mehrfach Plattformen für die Diskussion möglicher Verbesserungen am EU-Richtlinienentwurf angeboten. "Wie sehr wir uns um das Thema bemühen, hat spätestens die Diskussionsveranstaltung der letzten Woche gezeigt, zu der wir BVDW-Mitglieder, Experten aus verschiedenen Branchen, Juristen und Patentprüfer eingeladen hatten", so BVDW-Präsident Arndt Groth. Hier prallten die unterschiedlichen Auffassungen zum Thema aufeinander. So forderte Sabine Kruspig, Direktorin beim Europäischen Patentamt in München, dass der Entwicklung von analoger hin zur digitalen Technik Rechnung getragen werden müsse: "Was früher analog patentierbar war, soll nun in digitaler Form nicht mehr patentiert werden können?" Das würde das Ende des Fortschritts bedeuten, so Kruspig. Vermieden werden müssten allerdings Trivialpatente auf reine Geschäftsverfahren, wie sie in den USA gängige Praxis seien.
Keine amerikanischen Verhältnisse in Europa
In diesem Punkt war sie sich mit Christoph Mohn (CEO Lycos Europe N.V.) einig. Mohn betonte: "Niemand will amerikanische Verhältnisse im Patentrecht." Durch den aktuellen Wortlaut würde dies seiner Meinung nach jedoch nicht ausreichend verhindert. Er mahnte daher an, dass Formulierungen gefunden werden müssten, die "das ganz klar ausschließen." Mohn forderte auch, dass kleine und mittelständische Unternehmen durch die Richtlinie nicht benachteiligt werden sollten. Jahrelange, teure Rechtsstreitigkeiten dürfe es nicht geben. Darunter hätten vor allem KMU zu leiden.
Gerade im Wettbewerb zwischen den USA und Europa seien Schutzrechte von elementarer Bedeutung, so Michael Ziesemer, Vorstandsmitglied des Mess- und Automatisierungstechnik-Herstellers Endress & Hauser. Patente würden seiner Auffassung nach Innovation maßgeblich fördern, wenn sie etwa Interoperabilität und offene Standards nicht behinderten. "Die Dinge müssen ja auch zusammenwirken", erläuterte Ziesemer an einem Druckmessgerät mit einer Softwaresteuerung aus seinem Unternehmen. Vor allem das Festhalten am so genannten "technischen Beitrag" gewährleiste in seinen Augen, dass die US-Praxis in Europa keinen Einzug hielte. "Wir brauchen die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen, um unsere hohen Entwicklungskosten in Innovationen zu schützen - auch gegenüber der asiatischen Konkurrenz." Nach Meinung von Jens Dhein (Geschäftsführer GMX GmbH) sind die entsprechenden Definitionen im vorliegenden Entwurf jedoch zu weit gefasst: "Die aktuelle EU-Richtlinie öffnet die Tore für Softwarepatente in Europa. Wir brauchen daher Änderungen für die zweite und entscheidende Lesung Anfang Juli."
Neuer Arbeitskreis im BVDW soll konsensfähige Definitionen erarbeiten
Aus der Diskussion am Rande der Mitgliederversammlung des BVDW ergab sich der Wunsch einiger Mitgliedsunternehmen wie etwa Lycos und GMX, das Thema Softwarepatente in einem fachgruppenübergreifenden Arbeitskreis zu platzieren. Das Ziel soll sein, im BVDW die Aufklärung zu diesem komplexen Thema voranzutreiben und gemeinsam für klare Definitionen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen einzutreten. "Für eine solche Arbeit bieten wir die uneingeschränkte Unterstützung des BVDW-Präsidiums an", so Vizepräsident Axel Schmiegelow (denkwerk). Nach Auffassung von Gesamtvorstandsmitglied Dr. Christian Dressel der einzig richtige Weg: "Nur so können wir den Anliegen unserer Mitglieder Rechnung tragen und gewährleisten zugleich, dass wir uns qualifiziert und mit der inhaltlich erforderlichen Tiefe an der fachlichen Diskussion beteiligen können." Einige BVDW-Mitglieder äußerten sich nach der Sitzung erfreut über die aktuelle Entwicklung im BVDW. "Jetzt kommt es auf das weitere Engagement jedes Mitglieds an, damit wir uns als BVDW weiter in die öffentliche Diskussion einbringen", so Daniel Vorhauer von hexerei software creations.