Die Bereiche E-Commerce und Online-Werbung sind die Wachstumstreiber der Digitalen Wirtschaft und damit letztlich der gesamten Wirtschaft. „Das Internet ist heute Dreh- und Angelpunkt für Kommunikations-, Verkaufs-, Vertriebs- und Vermarktungsprozesse“, so Arndt Groth (ePages Software GmbH). „Im Fahrwasser der positiven Entwicklung des Online-Handels und der Online-Werbung integrieren derzeit weite Teile der Wirtschaft ITK-Lösungen in ihre Geschäftsabläufe. Davon profitieren beide Seiten: Die Auftraggeber von der Effizienz und den sich bietenden Mehrwerten profitieren sowohl die Unternehmen, die diesen Wandlungsprozess anstoßen, als auch viele Lösungsanbieter der Digitalen Wirtschaft in den Bereichen Dienstleistungen, Software und Telekommunikation.“ Als Beispiele nannte Groth die wachsende Verbreitung der Internet-Telefonie und der zunehmende Einsatz komplexer Datenbankanwendungen. „Wir sind auf einem guten Weg, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu verbessern,“ fasste Groth die Entwicklung zusammen, wies aber darauf hin, dass der Wandlungsprozess und die dringend erforderlichen ITK-Investitionen zu einem Großteil dem Leidensdruck vieler Unternehmen zu verdanken sei.
Turn-Around unter erschwerten Bedingungen
Während die Umsätze im Bereich E-Commerce die guten Prognosen erfüllen konnten, übertrafen die Online-Werbeinvestitionen im vergangenen Jahr die optimistischen Hoffnungen verschiedener Branchenexperten deutlich. 2006 soll das Gesamtvolumen nach Einschätzung der Online-Vermarkter mehr als 1,2 Milliarden Euro betragen. Für BVDW-Vizepräsident Harald R. Fortmann (24/7 Real Media Deutschland) ein klares Indiz dafür, dass sich die Werbebudgets künftig immer stärker zu Gunsten der Online-Medien verschieben: „Die Branche hat ihre Hausaufgaben gemacht und bietet den Werbetreibenden inzwischen die gewünschte Planbarkeit. Die minimalen Streuverluste und die Tatsache, dass kein anderes Medium zugleich vermarkten und verkaufen kann, werden für weiteres Wachstum sorgen.“
Das freut auch die Internet- und Multimedia-Dienstleister, die inzwischen ebenfalls den Turn-Around geschafft haben. „In den meisten Branchen ist der digitale Strukturwandel angekommen, die Unternehmen verstehen, welche Wettbewerbsvorteile sich mit Internet und mobilen Lösungen im Marketing gewinnen lassen. Das lässt unsere Branche wieder stark wachsen.“, konstatiert BVDW-Vize Axel Schmiegelow (denkwerk). Bestätigt wird diese Einschätzung durch den ifo-Geschäftklima-Index, demzufolge sowohl die aktuelle Geschäftssituation als auch die Geschäftserwartungen von einem Großteil der Digitalen Wirtschaft als positiv eingestuft werden. „Dies schlägt sich inzwischen in mehr Beschäftigung und in einem neuen „War on Talent“ nieder“, so Schmiegelow in Anspielung auf den Mangel an Fachkräften, den die Jahre des Rückgangs hinterlassen haben. „Wir brauchen neue Bildungsanreize“, fügte er hinzu.
Neuer Gründergeist für die Zukunftswerkstatt Deutschland
Arndt Groth weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der deutsche Mittelstand das Schicksal teile und traditionell an einer schlechten Kapitalausstattung leide. Den Mittelstand zu entlasten, hält er daher für eine der zentralsten Aufgaben der Bundesregierung. „Das betrifft sowohl steuerliche als auch bürokratische Aspekte“, so Groth weiter. „Die Schonfrist ist vorbei, die Politik muss das Aufkommen an Regulierungen und Abgaben rasch und spürbar entschlacken.“ Die Ankündigung von Bundeskanzlerin Merkel, Investitionskapital in Milliardenhöhe für die Digitale Wirtschaft bereit zu stellen, sei nur eine – wenn auch zweifellos glänzende - Seite der Medaille. Wirkliche Aufbruchstimmung würde sich erst mit einer konsequenten Marschroute breit machen. „Wachstum erfordert vor allem Mut. Die Förderung des Unternehmergeistes muss wieder oberste Prämisse der Wirtschaftspolitik werden“, schließt Groth. So könne es nicht sein, dass der Fiskus mutige Investoren, die den jungen, innovativen Unternehmen der Branche Private Equity zur Verfügung stellten, schnellstmöglich zur Kasse bitten würde. „Das schreckt ab“, wirft Groth ein und führt aus: „Da kann es kaum verwundern, wenn der Finanzwirtschaft, den privaten Kapitalgebern und einem Teil der Großunternehmen der Mut abhanden kommt, innovative Ideen zu fördern.“
Fachkräftemangel bereitet zunehmend Kopfzerbrechen
Noch größeres Kopfzerbrechen bereitet den Protagonisten der Digitalen Wirtschaft jedoch die Tatsache, dass der bereits vor Jahren angekündigte Fachkräftemangel langsam spürbar wird. Die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt der Branche und die daraus resultierende hohe Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften werden diesen Trend in den nächsten Monaten weiter verstärken. Um dieser Entwicklung wirksam entgegentreten zu können, ist nach Ansicht der BVDW-Experten inzwischen ein erheblicher Kraftakt erforderlich, den Politik und Wirtschaft nur gemeinsam bewältigen können. Neben dringend erforderlichen Investitionen in Bildung und Forschung stehe dabei das Thema Lebenslanges Lernen im Mittelpunkt. Ein flexibles und praxisnahes Bildungssystem, das auch Quereinsteigern und Arbeitssuchenden gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet sei hier ebenso wünschenswert wie ein steigendes Bewusstsein bei den Unternehmen für die herausragende Bedeutung der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Der BVDW hat hierzu einen Fünf-Punkte-Plan Pro Lebenslanges Lernen vorgelegt, mit dem das Kernanliegen des Verbandes eine Informations- und Wissensgesellschaft offensiv zu fördern.
„Eine der wichtigsten Aufgaben des BVDW ist es, den Dialog mit den beteiligten Interessensgruppen, der Politik, der Agentur für Arbeit, der Wirtschaft und den Hochschulen zu forcieren“, skizziert Vizepräsident Ravin Mehta (Pixelpark AG). Das gelte im übrigen auch für alle anderen politischen Fragen, so Mehta, der in der Jahrespresskonferenz das neue Verbandskonzept erläutert hat. Einer der zentralen Punkte sei dabei die Verstärkung der Lobbyarbeit, die unter anderem eine branchenfreundliche Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verbindungsdatenspeicherung, die Erarbeitung eines pragmatischen Kompromisses in Sachen Patentierbarkeit von Software sowie die Themen Rundfunkgebührenpflicht für PCs, die EU-Fernsehrichtlinie, die Vergabe von Rundfunkfrequenzen, das Urheberrecht und eine Stärkung des Leistungsschutzrechtes für digitale Werke fokussieren wird.