Prof. Dr. Özgür Onur, 1. Vorsitzender des Bundesverbands für Gedächtnistraining e.V. (BVGT) sieht sich bestätigt: „Das deckt sich ziemlich genau mit dem, was viele unserer Gedächtnistrainerinnen und -trainer während der Pandemie erfahren haben und ebenfalls berichten. Aufgrund der Einschränkungen durch die Pandemie konnten zahlreiche Kurse auch über längere Zeit nicht stattfinden. Als die Kurse wieder losgingen, hatten sich zwischenzeitlich die geistigen Fähigkeiten der Teilnehmer:innen merklich verschlechtert, teilweise war das Niveau unter dem, welches wir von Kursanfänger:innen kennen.“
In der im Journal „The Lancet Healthy Longevity” publizierten Arbeit wurden Daten von über 3.000 Britinnen und Briten analysiert, die in den Jahren 2019, 2020 und 2021 untersucht wurden. Es lagen also Referenz-Daten vor, die vor der Pandemie erhoben wurden. Im Vergleich zum Jahr vor der Pandemie verschlechterten sich das Kurzzeitgedächtnis um mehr als 50% und die Planungskompetenz um fast 50%. Bei Menschen, die vor der Pandemie schon kognitive Einschränkungen hatten und bei Menschen, die eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben, waren diese Effekte noch größer.
Prof. Onur, Leitender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Uniklinik Köln, ordnet die Ergebnisse ein: „Der Einfluss von sozialen Aspekten auf die kognitive Leistungsfähigkeit ist in der Wissenschaft schlecht untersucht. Zugegebenermaßen ist es auch ziemlich schwierig, solche Studien durchzuführen. Die britischen Kolleg:innen haben die Pandemiezeit genutzt, um sich genau diesen Aspekt anzuschauen und konnten mit dieser wichtigen Arbeit zeigen, wie bedeutsam die soziale Teilhabe ist. Das ganzheitliche Gedächtnistraining des BVGT, das typischerweise häufig als Gruppenaktivität durchgeführt wird, verknüpft den Trainingsaspekt und die soziale Interaktion, so dass diese Intervention besonders geeignet ist, die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten.“