Doch das ist nicht die einzige Tatsache, die den Unternehmen Schwierigkeiten beim Anwerben qualifizierter Mitarbeiter bereitet. Laut dem Marktforschungsunternehmen Gartner werden circa 25 bis 30 Prozent aller Mitarbeiter, die sich mit geschäftskritischen Systemen auskennen, innerhalb der nächsten fünf Jahre in Rente gehen, und geeigneter Nachwuchs ist rar. Ein weiteres Problem ist, dass die meisten Unternehmen sich nicht darüber im Klaren sind, welches Know-How und welche Fähigkeiten auch in den nächsten Jahren tatsächlich von Belang sein werden, wodurch der generationsübergreifende Wissenstransfer gefährdet ist.
Besonders Hochschulabsolventen, darunter Informatiker, Ingenieure, IT-Systemkaufmänner und Software-Entwickler, stehen ganz oben auf der Wunschliste. Daneben gibt es aber auch genügend andere Anforderungen, die ein Bewerber erfüllen muss. So verkörpern Akademiker, die neben IT-Kenntnissen auch Sprachkenntnisse mitbringen und Erfahrungen aus anderen Wissensgebieten vorweisen können, die ideale Besetzung für die insgesamt rund 25 000 offenen Stellen in der Branche. Laut den aktuellen Marktzahlen des VDEB haben Führungsqualitäten und Kommunikationsfähigkeit heutzutage den größten Stellenwert. Des weiteren sind auch Projektmanagement sowie Vertrieb und Marketing sehr gefragt.
Der VDEB spricht sich strikt gegen das Hinzuziehen ausländischer Fachkräfte aus, wie es zuletzt im Rahmen einer europäischen Blue Card-Regelung diskutiert wurde, bestehen doch hierzulande genügend Möglichkeiten, dem akuten Mangel an IT-Kräften entgegenzuwirken. „Vielmehr ist auf die Weiter-Qualifizierung von inländischen und europäischen IT-Fachkräften zu setzen und das bestehende Potenzial systematisch weiter auszubauen“, merkt Dr. Oliver Grün, Vorsitzender des VDEB, an und verweist auf das aktuelle Positionspapier „pro IT-Mittelstand“ des VDEB.
Besonders das Potenzial nicht-akademischer Fachkräfte müsse intensiver ausgeschöpft werden, zum Beispiel durch das Beseitigen von Bildungsbarrieren, damit sie über Weiterqualifizierung Zugang zu akademischen Abschlüssen erhielten. Weiterhin könne auch die Fortbildung zum IT-Professional von den IHKs zu den Fachhochschulen verlagert, und so ein Ausbau zum Bachelor-Abschluss ermöglicht werden.
Eine Erhöhung der Praxisorientierung ist sowohl für akademische, als auch für nicht-akademische Fachkräfte von Belang, denn meistens steht eine unzureichende Qualifikation der Einstellung eines Hochschulabsolventen im Wege. So ist eine direkte Weiterbildung von Angestellten im Unternehmen fast unvermeidlich, denn das theoretische Wissen, das Hochschulabgänger während des Studiums erwerben, reicht meistens für die speziellen Ansprüche in der Praxis nicht aus.
Der VDEB empfiehlt unter anderem den so genannten „Führungsführerschein für die IT“, welcher von der TOP Management GmbH angeboten wird, und eine den heutigen Anforderungen angepasste Weiterqualifizierungsmöglichkeit für Mitarbeiter darstellt. Bei diesem elftägigen Präsenzseminar wird Informatikern, IT-Kaufleuten und anderen IT-Beruflern die Möglichkeit geboten, die Grundlagen der Mitarbeiterführung zu erlernen und so ihre Fähigkeiten weiter auszubauen, um in einem mittelständischen Unternehmen Projektverantwortung übernehmen zu können und mit den Anforderungen der Unternehmen zu wachsen. Die Inhalte des Seminars sind breit gefächert, das Programm erstreckt sich von der persönlichen Wirkung des Teilnehmers über unterschiedliche Führungs- und Managementstrategien bis hin zu ethischen Fragen, die sich einer Führungspersönlichkeit stellen. Einer der Dozenten ist Prof. Dr. Helmut Balzert, bekannter Autor mehrerer Bücher, etwa über Software-Engineering, und Inhaber des Lehrstuhls für Software-Technik an der Ruhr-Universität Bochum.
Mit der Aussicht auf ein weiterhin überproportionales Wachstum im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen ist ein Einbruch der IT-Branche wie vor einigen Jahren Expertenmeinungen zufolge nicht mehr zu erwarten. So ist es ein durchaus lohnendes Unterfangen, in die Weiterbildung der Angestellten zu investieren, um so den Fortbestand der IT-Branche in Deutschland auch in Zukunft nachhaltig zu sichern.
Caroline Conrads, Marc Houben (5 029 Zeichen inkl. Leerzeichen)