Der Handel sieht einen Generationswechsel bei den Verbrauchern. Für die Jungen ist mobiles Einkaufen selbstverständlich, die Älteren nähern sich immer mehr dem Online- und Mobile-Shopping an. Das Nebeneinander der Vertriebswege (Multi-Channel) stellt neue Herausforderungen. Einheitliche Plattformen und eine integrierte Logistikbetrachtung ermöglichen im Idealfall geringere Kosten und gleichzeitig bessere Services für den Kunden - egal, über welchen Kanal er einkaufen will.
Kundenanforderungen treiben Veränderung
Möglich wird durch die Verzahnung der Lieferketten zum Beispiel die Online-Bestandsauskunft von zu Hause aus oder mobil. Der Kunde kann dann entscheiden, ob er in den Laden fährt. Auch die Online-Reservierung von Waren für die Abholung ist inzwischen Realität. Als zunehmend wichtigen Service sieht Dr. Michael Krings, Geschäftsführer der Douglas Logistik GmbH, die Möglichkeit, Artikel im Laden online zu bestellen: "Das wird häufiger kommen." Die Lieferung erfolgt dann binnen 24 Stunden nach Hause. Dabei geht es nicht nur um Schnelligkeit. "Es ist besser, zuverlässig und flexibel liefern zu können als nur schnell", so Krings. Zeitfensterlieferungen und Wunschtermine auch nach 18 Uhr zum Beispiel werden von Kunden nachgefragt. "Cross-Channel ist Pflichtprogramm, wenn man dauerhaft wachsen will", postuliert Krings deshalb. Die Kunden kombinieren flexibel die Kanäle. Die Herausforderung besteht darin, sie unter dem eigenen Dach zu halten.
Für Multi-Channel Händler wie Pure Player gilt die Herausforderung, die Effizienz der Lieferketten und die Produktivität zu steigern - inbound wie outbound. "Never out of stock" lautet die Maxime. Denn Kunden seien teuer - und wenig loyal wenn ein Artikel online nicht verfügbar ist, führt Jürgen Vedie, COO der zooplus AG, aus. Für das Wachstum im Onlinehandel benötigen die Händler eine skalierbare Infrastruktur. So bestellen die Kunden am Wochenende besonders viel. Die Lieferkette muss diesen Berg von Montag bis Mittwoch abarbeiten. Diese Spitzenbelastungen kosten viel Geld, zum Beispiel wenn das Fulfillment Center teure Nachtschichten fahren muss.
Ein wichtiger Aspekt der effizienten Logistik im Handel sind qualifizierte Mitarbeiter. Für die Kommunikation und Steuerung mit den Logistik-Partnern im Netzwerk braucht es neue Jobprofile. Und es zeigt sich auch, dass es einen "war for talent" um die sehr guten Kandidaten in diesem Bereich gibt.
Neue Strukturen tragen das Wachstum
Der Wettbewerb steigt, auch im Online-Handel. Mit jedem neuen Markt werden die Lieferketten komplexer. Durch einheitliche Systeme für die Steuerung der Prozesse ergeben sich aber auch Chancen, neue Strukturen aufzubauen und Synergien zu nutzen. Ein Beispiel sind Multi-Tier-Konzepte für Fulfillment-Center. Jedes Land hat dann ein bevorzugtes Fulfillment-Center mit den gefragtesten Artikeln im Lager. Die nächste Ebene hat ein erweitertes Sortiment und kann in 48 Stunden an den Kunden liefern. Das volle Sortiment mit vielen, seltener bestellten Artikeln gibt es auf der obersten Ebene, an wenigen zentralen Standorten in Europa.
Hohe Logistikqualität, Flexibilität und niedrige Kosten sind die Erfolgsfaktoren, die die BVL-Studie "Logistik im Handel - Strukturen, Erfolgsfaktoren, Trends" identifiziert hat. Möglich werde das durch qualifiziertes Personal, vernetzte Infrastruktur und Kooperation in der Lieferkette, so Professor Dr. Stephan Seeck von der HTW Berlin. Es brauche unter den Logistikern im Unternehmen dabei sowohl die internen Dienstleister, die Kosten und Kundenwünsche im Blick haben, als auch die Gestalter. Sie seien besonders wichtig, wenn es gelte, die neuen Cross-Channel Strukturen aufzubauen.