- Ruhr-IHKs, Initiativkreis Ruhr und Wirtschaftsförderung warnen vor neuen Engpässen
- "Stresstest Straße" soll belastbare Fakten liefern
- Flächenpotenziale für Logistik-Ansiedlungen besser nutzen
Mobilität und Logistik sind Treiber des Strukturwandels im Ruhrgebiet. Doch wie lässt sich dieser Wertschöpfungsmotor langfristig auf Touren halten? Wirtschaft, Politik und Wissenschaft haben am 1. Dezember bei der 7. Verkehrsfachtagung Mobilität Ruhr in Bochum ihre Sorgen geäußert. Dabei wurde auf der gemeinsamen Veranstaltung der Industrie- und Handelskammern (IHKs) im Ruhrgebiet, des Initiativkreises Ruhr (IR) und der Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (wmr) deutlich: Es fehlen belastbare Fakten über das künftige Verkehrsaufkommen. Diese soll ein "Stresstest Straße" für ausgewählte Hauptachsen liefern.
Der Bundesverkehrswegeplan prognostiziert eine Steigerung des Verkehrsaufkommens von 38 Prozent bis zum Jahr 2030. Gleichzeitig werden Baustellen - etwa durch die nötige Erneuerung maroder Brücken - für zusätzliche Engpässe sorgen. Um einen drohenden Kollaps zu verhindern, sollte die Verkehrsentwicklung auf ausgewählten neuralgischen Verbindungen in einem "Stresstest" hochgerechnet werden. Besonders verkehrs- und damit stauträchtige Strecken mit täglich teils mehr als 100.000 Fahrzeugen sind im Ruhrgebiet etwa die A 40 mit der maroden Rheinbrücke Duisburg-Neuenkamp, die zum "zweiten Leverkusen" zu werden droht, das Nadelöhr B 1 oder die berüchtigte Dauerstaustrecke A 3.
Es gelte, den wachsenden Verkehr intelligent zu gestalten, sind sich Kammern, Ruhr-Wirtschaft und Wirtschaftsförderung einig. Dafür biete die Verkehrsfachtagung mit ihren vielfältigen Foren die richtige Plattform. In den drei Themenforen "Der Lkw der Zukunft", "Auswirkungen des demografischen Wandels auf Mobilität" und "Vernetze Logistik" konnten die Teilnehmer einzelne Aspekte einer modernen Mobilität im Ballungsraum Ruhrgebiet vertiefen.
"Eine intakte Verkehrsinfrastruktur ist die Voraussetzung für Mobilität, Wachstum und Wohlstand. Dazu gehören neben den Straßen auch leistungsfähige Schienen-, Schifffahrts- und Radwegenetze", stellte NRW-Verkehrsminister Michael Groschek in seiner Eröffnungsrede vor rund 200 Gästen fest. Er machte deutlich: "Die wertschöpfende Partnerschaft zwischen Industrie und Logistik ist ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsfähigkeit der Metropole Ruhr."
Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK, bei der in diesem Jahr die Federführung für die Ruhr-IHKs liegt, dazu: "Die Logistik ist mit fast 160.000 Beschäftigten einer der wichtigsten Wirtschaftszweige im Ruhrgebiet. Und das muss sie auch bleiben. Nur: Überlastete Knotenpunkte und Staus durch Baustellen oder sogar Sperrungen bremsen die Wirtschaft aus." Dietzfelbinger: "Wir brauchen einen Stresstest Straße für das Ruhrgebiet." Der würde zeigen, wo die Nadelöhre von morgen liegen und wie belastbar das Verkehrsnetz auch im Hinblick auf die anstehenden Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen ist.
IR-Geschäftsführer Dirk Opalka sagte: "Das für Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen nötige Wachstum können wir nicht auf der Kriechspur erwirtschaften." Der Initiativkreis Ruhr hat im November das Handlungspapier "Starke Industrie braucht modernes Umfeld" vorgelegt. Darin fordert er unter anderem, alle verfügbaren Mittel für die Modernisierung der wichtigsten Straßen und Brücken in der Region entlang einer verbindlichen Zeitplanung einzusetzen. Er unterstützt die Landesregierung in ihren Anstrengungen, mehr Bundesmittel für die Ertüchtigung der Verkehrsinfrastruktur nach NRW zu lenken. "Ein Stresstest Straße würde wichtige Erkenntnisse für die Aufstellung einer Prioritätenliste liefern", so Opalka.
"Die enge Verzahnung von Industrie und Logistik ist unser Wettbewerbsgarant. Diesen Standortvorteil gilt es weiter auszubauen. Nur durch höhere öffentliche Investitionen in die Infrastruktur können wir den Industrie- und Logistikstandort NRW stärken und insbesondere das Ruhrgebiet nach vorne bringen", sagte Erich Staake, Vorstandsvorsitzender des IR-Mitgliedsunternehmens Duisburger Hafen AG, der auf der Fachtagung den Impulsvortrag hielt. In seinem Handlungspapier bietet der IR unter anderem an, sein Know-how in die Entwicklung von Industriebrachen zu leistungsfährigen und international vernetzten Logistikflächen einzubringen.
Dass gemeinsame Initiativen Früchte tragen können, belege das Projekt "Stadtverträgliche Lkw- Navigation Ruhr", betonte der Vorsitzende der wmr-Geschäftsführung, Rasmus C. Beck. Das Ruhrgebiet sei damit die erste Region Europas mit solchen kommunal erstellten Routen und ein Vorbild für weitere Regionen. Beim Thema Mobilität hat es sich als erfolgreiche Zukunftswerkstatt erwiesen. "Das muss auch für andere Bereiche wie etwa die Logistik gelten", forderte Beck. "Wir haben allein im nördlichen Ruhrgebiet mehr als zehn Standorte mit Bergbauvergangenheit und insgesamt über 400 Hektar Gesamtfläche identifiziert, die regionales und überregionales Logistikpotenzial besitzen. Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und vor allem aufs Wasser zu verlagern - all dieses ist künftig verstärkt möglich, wenn wir die Flächenpotenziale besser für Ansiedlungen nutzen."