Schon heute beherrschen die Staus auf den Autobahnen der Region die Verkehrsnachrichten - trotz eines in weiten Teilen hervorragend ausgebauten Straßennetzes. Neben den individuellen Konsequenzen - Zuspät-Kommen zur Arbeit, Termine verpassen etc. - drohen auch hohe ökonomische Verluste, die sich in einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft manifestieren können.
2. Verkehrsfachtagung Mobilität Ruhr
Die Mobilität der Menschen und der zunehmende Güterverkehr erfordern eine regionale Diskussion mit dem Ziel, gemeinsam die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern. Einer aktuellen Standortstudie zufolge, die im Auftrag des Initiativkreises Ruhr vom Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft erstellt wurde, hinkt das Ruhrgebiet in diesem Feld hinter vergleichbaren Regionen her. Umso dringlicher ist also der Handlungsbedarf. Vor diesem Hintergrund hat die Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH (wmr) gemeinsam mit dem Initiativkreis Ruhr und den Industrie- und Handelskammern im Ruhrgebiet - z.Zt. federführend die Niederrheinische IHK zu Duisburg - eine 2. Fachtagung "Mobilität Ruhr" vorbereitet und organisiert. Namhafte Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie hochkarätige Experten nehmen an der zukunfstweisenden Veranstaltung teil, darunter der Minister für Bauen und Verkehr des Landes NRW, Lutz Lienenkämper, Dr. Wolfgang Kentner, Unternehmer und Vorsitzender des Verkehrsausschusses der IHK im mittleren Ruhrgebiet zu Bochum, Dr.-Ing. Herbert Lütkestratkötter, Vorstandsvorsitzender der HochTief AG, und Johan Geurts, Geschäftsführer der Seacon van Eupen GmbH.
Ging es bei der ersten Verkehrsfachtagung im Herbst 2008 darum, inhaltliche Prioritäten für die kommenden Jahre herauszuarbeiten, werden analog zum Fazit eines Teilnehmers, der die erste Fachtagung besuchte, jetzt konkrete Projekte definiert: "Noch nie haben Vertreter aus Politik, den Kommunen, den Kammern, der Wissenschaft und der Wirtschaft über die Themen so intensiv diskutiert. Ziel muss es sein, die in den Workshops identifizierten Maßnahmen auf regionaler Ebene durchzuplanen und zu realisieren."
Auf der Tagesordnung der Fachtagung am 15. Dezember in Bochum stehen
- Seehafenhinterlandverkehre
- ÖPNV
- Verkehrsmanagement
- E-Mobilität
- Fahrrad-Mobilität
Seehafenhinterlandverkehre
Die Internationalisierung der Absatz- und Beschaffungsmärkte und die damit verbundene Steigerung des Güteraustauschs haben sich auch auf die Auslastung der Seehäfen und der Hinterlandverkehrsträger überproportional stark ausgewirkt. Für die Zukunft wurde zum Teil mit Verdopplungen der zu transportierenden Gütermengen bis zum Jahr 2025 gerechnet, doch aufgrund der aktuellen Krise sind die Transportmengen gegenüber dem Vorjahr zunächst gesunken. Schon jetzt zeichnet sich aber wieder ein leichter Aufschwung ab, somit bleibt die Frage nach ausreichenden Umschlags- und Transportkapazitäten für die Logistikdrehscheibe Metropole Ruhr mit Europas größtem Binnenhafen in Duisburg. Mit mehr als 570 km Wasserwegen ist die Region hervorragend für die Verlagerung der Güterverkehre von der Straße aufs Wasser aufgestellt.
Hier sollen auf dem Workshop insbesondere die neuen Anforderungen für die Transportwirtschaft und der Umgang mit der aktuellen Situation sowie die Potenziale, die sich in Zukunft ergeben können, diskutiert werden.
ÖPNV
Rund 60 Prozent der EU-Bevölkerung lebt in Ballungsräumen, mit steigender Tendenz. Schon jetzt stellen die verstopften Straßen und Autobahnen täglich nicht nur für die Güterverkehre, sondern für den Individualverkehr große Herausforderungen dar - auch in der Metropole Ruhr. Die wichtigste Lösung für diese Probleme liegt in einem gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Damit dieser eine echte Alternative zum eigenen Pkw darstellt, muss er sich deutlich verändern beziehungsweise stark verbessern. Schon heute nutzen bundesweit rund 27 Millionen Menschen täglich den ÖPNV und ersparen uns damit rein rechnerisch rund 19 Millionen Pkw-Fahrten pro Tag.
Seit gut 40 Jahren haben die hiesigen Verkehrsunternehmen mit finanzieller Beteiligung von Bund, Land und Kommunen in den Ausbau des ÖPNV investiert. Mittlerweile sind die Anlagen jedoch in die Jahre gekommen, Rolltreppen veraltet und etliche Bahnhöfe selbst nicht nur optisch keine Visitenkarte ihrer Städte. Hinzu kommen gewachsene Anforderungen an zusätzliche Maßnahmen zur Steigerung der persönlichen "gefühlten" Sicherheit, die Änderungen der baulichen Gestaltung, der Beleuchtung und der Videoüberwachung erforderlich machen. Eine Ausrüstung mit neuen Fahrgast freundlichen Informationstechnologien würde ebenfalls die Attraktivität des Gesamtsystems deutlich erhöhen.
Auch aufgrund der demografischen Entwicklung - die Menschen sind älter geworden - müssen Technik und Komfort angepasst werden. Junge Menschen entdecken ebenfalls den ÖPNV neu: Waren frühere Generationen noch vom eigenen Auto begeistert, hat es für viele von ihnen nicht mehr eine solche Priorität. Parkplatznot und hohe Unterhaltskosten lassen viele zunächst einmal von einem eigenen Pkw Abstand nehmen.
Soll der ÖPNV seinem Auftrag gerecht werden, muss er die Kundenerwartungen erfüllen. Die Finanzierung der Erneuerungsmaßnahmen gestaltet sich jedoch zunehmend schwierig, weil die öffentliche Förderung in den letzten Jahren deutlich zurückgefahren wurde. Untersuchungen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen haben einen jährlichen Bauverfall von bundesweit 330 Mio. Euro durch unterlassene Erneuerungen ergeben.
Im Rahmen des Workshops sollen der Erneuerungsbedarf an konkreten Beispielen beschrieben, die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit bei Erhalt und Ausbau der ÖPNV-Systeme herausgearbeitet und über Wege diskutiert werden, wie der bauliche Verfall (Substanzverzehr) zu stoppen ist. Auch der RRX als Rückgrat des ÖPNV muss Thema in der Arbeitsgruppe sein.
Verkehrsmanagement/planung
Bei steigendem Verkehrsaufkommen bedarf es eines dynamischen und effizienten Verkehrsmanagementsystems, um die Verkehrsströme bei hohem Verkehrsaufkommen klug zu leiten. Der Ruhrpilot ist ein solches Instrument mit großem Potenzial. Gerade in der Metropole Ruhr mit ihrem engmaschigen Netz von Verkehrswegen, aber auch dem sehr hohen Verkehrsaufkommen und der sich mittelfristig wieder erholenden Wirtschaft ist die Frage nach effizienten Leitsystemen aktueller denn je. Denn die Region lebt ohne Zweifel von der Mobilität ihrer Einwohner und der Wirtschaftsunternehmen. Im Zuge stetig steigender individueller Ansprüche, demografischer Umschichtungen und des daraus resultierenden veränderten Mobilitätsverhaltens ist die Entwicklung weiterer Mobilitätskonzepte eine große Herausforderung.
Der Workshop will mit aktuellen Trends, Vorbildern aus Verkehr und Logistik sowie neuen Projekten einen Beitrag zur Diskussion über zukunftsweisendes Verkehrsmanagement und eine entsprechende Planung leisten. Dabei sollen die zentralen Themen der individuellen Mobilität, die gesicherte Versorgung mit Waren und eine nachhaltige Nutzung der Infrastruktur effizient miteinander verbunden werden.
E-Mobilität
Im August 2009 hat das Bundeskabinett einen Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität verabschiedet, der den Rahmen für künftige Technologieentwicklungen und für eine anzustrebende Markteinführung von Plugin-Hybrid und Elektrofahrzeugen in Deutschland bildet. Das Thema Elektromobilität ist in aller Munde. Diese Technologie bietet volkswirtschaftlich ein riesiges Potenzial und wird für eine hohe Anzahl neuer Arbeitsplätze sorgen. Wer hier vorne dabei ist, die notwendige Technologie mitentwickelt, der wird auch bei der globalen Umstellung auf die E-Mobilität seinen Schnitt machen können. Diesen Trend zu verschlafen, ist nicht im Sinne eines Hochtechnologie-Export-Landes. Fahrzeuge mit Elektroantrieb bieten die große Chance zur Verringerung der verkehrsbedingten CO2- Emissionen sowie der Abhängigkeit von Erdölimporten. Daher hat die Bundesregierung das Thema Elektromobilität in das Integrierte Energie- und Klimaprogramm aufgenommen.
Das große bundespolitische Interesse am Thema Elektromobilität kann die Metropole Ruhr dahingehend nutzen, eine nationale Vorreiterrolle auf diesem Gebiet zu entwickeln. Denn bereits heute ist das vielfältige Knowhow bei Wirtschaft, Wissenschaft sowie den regionalen und kommunalen Akteuren eine der Stärken der Region. Die Tatsache, dass die Region Rhein-Ruhr eine von bundesweit acht Modellregionen für Elektromobilität darstellt und zusätzlich Mittel aus dem Förderprogramm "Modellregion Elektromobilität" erhält, ist bester Ausweis der bereits vorhandenen Kompetenz.
Dieser Workshop gibt einen Einblick in aktuelle Trends und Entwicklungen, und es soll gemeinsam diskutiert werden, welchen Herausforderungen für eine breite regionale Umsetzung der Elektromobilität begegnet werden muss.
Fahrrad-Mobilität
Das Fahrrad ist eines der ökologischsten Verkehrsmittel. Für die zukünftige Mobilität in Städten und Regionen werden neben der verminderten Umweltbelastung vor allem die Kosten-Nutzen-Vorteile des Fahrrades eine bedeutende Rolle spielen. Strategisch betrachtet hat der Radverkehr das größte Substitutionspotenzial, wenn es um die Verlagerung von Pkw-Verkehr geht: Etwa die Hälfte der Pkw-Fahrten in Städten ist kürzer als fünf km - hier ist das Fahrrad nicht nur das sauberere und kostengünstigere, sondern oftmals auch flexiblere und schnellere Verkehrsmittel.
Die Akzeptanz zur Nutzung des Fahrrades ist darüber hinaus in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, zumal die anhaltende Klimadiskussion und langfristig steigende Kraftstoff- und Mobilitätskosten dazu beitragen, umweltfreundlichere Alternativen zum Kfz- Verkehr bzw. eine Veränderung in der Nutzung eines breiten Angebots von Verkehrsmitteln (Modal-Split) anzustreben.
Dies sind auch die Gründe, weshalb Experten gerade für den innerstädtischen Verkehr im Fahrrad das Fortbewegungsmittel der Zukunft sehen. Die Akzeptanz zur Nutzung des Fahrrades ist dabei genauso entscheidend wie die sinnvolle Integration des Fahrrades in den Verkehrsraum und in das gesamte Mobilitätssystem. In Verbindung mit begleitenden Kampagnen und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit sollen damit die vorhandenen Potenziale vermehrt ausgeschöpft werden.