Studentische Gründer, durchprogrammierte Wochenenden, das sieht nach Garagenmythos aus. Doch hinter dem, was locker daherkommt, steckt eine in Teilen marktführende Technologie und ein tragfähiges Geschäftsmodell. „Obwohl in der heutigen Bilderwelt alles und jedes visualisiert wird, erfordert die Visualisierungstechnologie für jede Problemstellung hochkomplexe Methoden, die vielfach erst entwickelt werden müssen“, berichtet Roberto Grosso. „Sogar in unserem größten Zielmarkt, dem Automobilbau.“ Dort gibt es für alle Teile technische Konstruktionszeichnungen. Wird aber eine ansprechende Visualisierung benötigt, etwa für eine Gebrauchsanleitung oder auch nur für den Ersatzteilkatalog, werden die Konstruktionszeichnungen von Mitarbeitern mit werbegrafischer Ausbildung in Handarbeit nachgezeichnet. Zwar verfügen die Konstruktionsprogramme vielfach über umfangreiche Funktionen, mit denen technische Inhalte visualisiert werden können. „Aber das kommt viel zu teuer“, sagt Frank Firsching, Programmierer bei Bytes + Lights. „Dafür brächte jeder Visualisierungsarbeitsplatz eine ziemlich kostspielige Volllizenz der CAD-Software einschließlich der Anwenderschulung – selbst wenn dort überhaupt nicht konstruiert wird.“
Sobald ein Unternehmen mit mehreren Konstruktionsprogrammen arbeitet, etwa um im einen die Mechanik, im anderen die Elektrik zu planen, ist es mit der einheitlichen Visualisierung ganz vorbei. Dasselbe gilt, wenn Daten von Zulieferern übernommen werden sollen, die auf anderen Systemen arbeiten. Jede Planungssoftware spuckt eben andere Bilddatenformate aus. Diesem Problem begegnet Bytes + Lights mit ihrer Entwicklung: Während die meisten auf dem Markt angebotenen Visualisierungswerkzeuge nur die Rohdaten aus wenigen Konstruktionsprogrammen verarbeiten können, ist die Software von Bytes + Lights in der Lage, beinahe alle im CAD erstellten Daten zu übernehmen. Anschließend zerlegt das System das Bild in Millionen kleinster Dreiecke, die zusammen ein Gitterbild ergeben. Bei recht komplexen Bildern läuft selbst ein heutiger Hochleistungsrechner noch über Nacht, ehe Ergebnisse greifbar werden. Damit aber nicht jeder weitere Bearbeitungsprozess wieder Stunden auf ein Ergebnis warten lässt, hat Bytes + Lights einen Kunstgriff auf Lager. „Normalerweise muss der Computer jedes Dreieck darauf prüfen, ob es zu einem sichtbaren oder unsichtbaren Bauteil gehört“, erklärt Frank Firsching. Früher mussten die Konstrukteure diese verborgenen Bauteile von Hand entfernen, um lange Rechenzeiten zu vermeiden. Löschte der Konstrukteur zu viel, hatte das Bild anschließend ein Loch. „Mit unserer Herangehensweise können wir dem Computer befehlen, bei der Visualisierung alle die Bildinformationen zu löschen, die von außen nicht zu sehen sind“, berichtet Firsching. „Bei einem Motor entkernen wir diesen praktisch um alle Informationen des Innenlebens, bis nur noch das Gehäuse übrig ist.“
Ein weiterer Turbo, mit dem Bytes + Lights die Grafik beschleunigt, ist der Vergröberungsfilter. Eine Motorhaube kann mit drei Millionen Dreiecken, aber auch mit 3.000 beschrieben werden. Für viele Zwecke reicht die viel niedrigere Auflösung. Und wenn nicht? Bytes + Lights kann Vergröberungen jederzeit mit einem einfachen Verschieben eines Skalenreglers wieder rückgängig machen, die „echte“ Bildinformation bleibt unangetastet. Ist nun ein hinreichend feines polygonales Bild entstanden, haben die Anwender leichtes Spiel bei der weiteren Bearbeitung: Teile lassen sich auf Mausklick lackieren. Ebenso einfach werden Lichtquellen gesetzt oder Kamerastandpunkte definiert. Anschließend zeigt sich auf der Oberfläche ein realistisches Farbenspiel mit nuancierten Schattierungen. „Man kennt das Verfahren von animierten Spielfilmen“, sagt Roberto Grosso. „Nur animieren wir eben Autoteile, was mindestens so komplex ist wie ein Special Effect im Kino – nur eben unspektakulärer.“ Bytes + Lights liefert im übrigen nicht nur die Werkzeuge, mit denen sich Autos am Rechner anmalen lassen. Vielmehr ermöglicht die Software, komplexe Dinge am Rechner in ihre Einzelteile zu zerlegen und wieder zusammenzubasteln. So zeigt etwa beim virtuellen Ersatzteilkatalog ein Bild des Fensters eine Tieftonhupe samt Montagematerial – und zugleich macht ein anderes Bild sichtbar, wo das Teil nach dem Einbau sitzt. Wegen dieser Möglichkeiten wird die Visualisierungssoftware nicht nur von den Marketingabteilungen geordert. Die Bereiche des Ersatzteilwesens oder der Schulungssektor für die KFZ-Händler können die Visualisierungen ebenfalls für sich einsetzen. Zuletzt hat auch der Konstrukteur etwas von einer dreidimensionalen Veranschaulichung. Er kann damit wesentlich besser als zuvor den Bauraum berücksichtigen, den ein Bauteil benötigt – einschließlich der Planung, dass ab und zu ein Monteur bei Wartungsarbeiten Hand anlegen muss.
Bei vielen Automobilherstellern gibt es einen Raum mit besonderer Bewandtnis. Weitgehend leer, brennen dort nur an der Decke absolut parallel ausgerichtete Neonröhren. Unter diesem Neonlicht werden Autos begutachtet. Genauer: Experten prüfen die Linienführung von Spiegelungen. „Brechen die Lichtreflexe zwischen einzelnen Baukomponenten, oder gibt es gar Asymmetrien, ist dies für das menschliche Empfinden ein Zeichen von mangelnder Qualität“, umreißt Roberto Grosso, Geschäftsführer der Erlanger Bytes + Lights, den Sinn der Anlage. Großer Nachteil ist, dass in der Testumgebung nur fertige Produkte oder zumindest Materialmuster begutachtet werden können. Bytes + Lights allerdings hat eine Simulation für derartige Tests entwickelt und bereits an einen Autobauer verkauft, dessen Name nicht genannt werden darf. Grosso: „Unsere Simulation des Lichteinfalls und die Visualisierung der Oberflächen sind so gut, dass unser Kunde nun bereits Teile im Datenstadium beurteilen kann. Wo wir in der virtuellen Realität eine symmetrische, dynamische Linienführung zeigen, wird das Spiegellicht in der physischen Realität genauso verlaufen.“