Während statische Entladungen von 3000 Volt vom Menschen spürbar sind, liegen geringere Spannungen unter der menschlichen Wahrnehmungsschwelle. Gleichwohl ist die Beschädigung von Halbleiterelementen durch geringere Spannungen möglich. Viele der in einem Betrieb verwendeten elektronischen Bauteile können durch Ladungen von unter 1000 Volt beschädigt werden. Bei manchen der höher entwickelten Komponenten kann bereits eine Spannung von 10 Volt Schäden verursachen.
Statikschäden vermeiden
Die fortschreitende Entwicklung in der Elektronik tendiert zu immer kleineren Komponenten. Mit der ständig reduzierten Größe dieser Bauteile werden auch die mikroskopisch kleinen Abstände zwischen den Isolatoren und Schaltungen innerhalb der Bauteile immer geringer, was die zunehmende Statikempfindlichkeit dieser Komponenten zur Folge hat. Es ist deshalb klar, daß geeignete Statik-schutzmaßnahmen in immer größerem Maß erforderlich werden. Winzige statische Entladungen sind nicht nur schädlich für die Komponenten. Hinzu kommt, daß der effektiv verursachte Schaden mit dem bloßen Auge nicht wahrnehmbar ist. Statikschäden können die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens beträchtlich reduzieren, wobei Auswirkungen in alle Bereiche wie Umsatz, Wettbewerbsfähigkeit oder Arbeitsplatzsicherheit nicht ausgeschlossen sind.
Aus diesen Gründen gerät das Thema ESD zunehmend ins Blickfeld. Fahrzeuge ha-ben beispielsweise bis zu 30 Steuerelemente (Zentralverriegelung, Einspritzsysteme, Airbags etc.), die Schädigungen ausgeliefert sind. Rückrufaktionen von Automobil-herstellern werden mittlerweile zu 75 Prozent durch Elektronikprobleme verursacht. Selbst bei Kfz-Werkstätten kann bei Auswechslung von Elektronikkomponenten wie-der eine Störung „eingebaut“ werden (zum Beispiel Rutschen über die Sitze, Kleidung an der Karosserie).
Das Phänomen, das der Gesamtproblematik zugrunde liegt, heißt statische Elektrizität. Dabei handelt es sich um eine ruhende elektrische Ladung, die gewöhnlich durch Reibung und Trennung verursacht wird. Reibung erzeugt Wärme, die Stoffmoleküle erregt. Werden dann zwei Stoffe getrennt, findet unter Umständen eine Übertragung von einem Stoff auf den anderen statt. Durch ein Manko oder Überschuß von Elektronen entsteht dabei ein elektrisches Feld, das als statische Elektrizität bezeichnet wird. Das einfache Trennen zweier Stoffe - wie beim Abziehen eines Klebebandes von einer Rolle - kann die gleiche Art von Elektronentransfer zwischen den Stoffen verursachen und somit Statikfelder erzeugen. Die erzeugte Statikmenge hängt von den der Reibung oder Trennung unterzogenen Materialien, dem Ausmaß der Reibung oder Trennung und der relativen Luftfeuchtigkeit in der Umgebung ab. Kunst-stoffe erzeugen im allgemeinen die stärkste statische Ladung. Auch ist geringe Luftfeuchtigkeit, die beispielsweise im Winter in beheizten Räumen herrscht, begünstigend für das Entstehen von Ladungen.
In großen Unternehmen werden mittlerweile ähnlich wie bei Sicherheitsfragen ESD-Experten ausgelobt, welche die Aufgabe haben, die Mitarbeiter zu sensibilisieren und alles dafür zu tun, um ESD-Schäden so gering wie möglich zu halten. So können Fußböden in ESD-Bereichen (etwa in der Mikrochip-Herstellung) nur dann ihrer Aufgabe gerecht werden, wenn alle dort verwendeten Materialien und Ausrüstungen auf die Anforderungen abgestimmt sind.
Anforderungsprofil für Beschichtungen
Zu den typischen Gerätschaften in ESD-Bereichen gehören ableitfähige Tische, Stühle, Schuhe, Kleidung und natürlich auch ableitfähige Fußbodenbeschichtungen. In der Wahl des richtigen Beschichtungssystems kommt es ganz entscheidend darauf an, welche Anforderungen an die Eigenschaften hinsichtlich Ableitfähigkeit / Leit-fähigkeit an das System gestellt werden. Hier eine Übersicht der derzeit geltenden beziehungsweise angewandten Normen und Richtlinien:
DIN EN 1081
Diese Norm ist der Nachfolger der DIN 51 953 und kommt demzufolge nur in explosionsgefährdeten Räumen zur Anwendung. In ESD-Bereichen, in denen es um den Schutz von elektrostatisch gefährdeten Bauteilen geht, hat diese Norm keine Gültig-keit.
DIN EN 61 340-4-1
Elektrostatisches Verhalten von Bodenbelägen und verlegten Fußböden. Diese Norm wird als Meßnorm für DIN EN 61 340-5-1 bezeichnet, da sie das Meßverfahren zur Bestimmung des Erdableitwiderstandes beschreibt. Die Besonderheit dieser Norm besteht darin, daß sie Fußböden in drei unterschiedliche Klassen einteilt.
1 Elektrostatisch-leitender Fußboden (ECF)
Das sind Fußböden, die einen ausreichend niedrigen Widerstand besitzen, um Ladungen schnell abzuleiten, wenn sie geerdet oder mit einem beliebig niedrigen Po-tential verbunden sind. Ein elektrostatisch leitender Boden ist durch einen Wider-stand von < 1 x 10 hoch 6 Ohm gekennzeichnet.
2 Ableitfähiger Boden (DIF)
Fußböden, welche die Ladungsableitungen ermöglichen, wenn sie geerdet oder mit einem beliebig niedrigen Potential verbunden sind. Ein ableitfähiger Boden ist durch einen Widerstand zwischen 1 x 10 hoch 6 und 1 x 10 hoch 9 Ohm gekennzeichnet. Der Spitzen-wert des Entladestroms, der aus der Erdung eines geladenen Körpers durch einen ableitfähigen Boden resultiert, wird im Vergleich zu einem elektrostatisch leitenden Fußboden (ECF) verringert; die Zeit für die Ableitung der Ladung ist dagegen länger.
Während ECF-Böden nur den Schutz von elektrostatisch sensiblen Bauelementen berücksichtigen, werden DIF-Böden in der Regel auch dem Personenschutz gemäß VDE 0100 gerecht.
3 Astatischer Boden (ASF)
Das sind Fußböden, welche die Ladungserzeugung durch Kontakttrennung oder Reiben mit einem anderen Werkstoff (zum Beispiel Schuhsohlen oder Räder) herabsetzen. Ein solcher Fußboden ist nicht unbedingt elektrisch leitend oder ableitfähig. Antistatische Fußböden werden in privaten oder öffentlichen Bereichen eingesetzt. Für diese Böden sind die Spannungswerte einer Person, die auf dem Fußboden geht, ausschlaggebend.
DIN EN 61 340-5-1
Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene. Diese Norm ersetzt die DIN EN 100 015 und gilt daher für ESD-Bereiche. Für Böden schreibt die Norm einen Erdableitwiderstand von < 109 Ohm vor. Soll der Boden jedoch als primäre Erdungsmasse eingesetzt werden, empfiehlt die Norm einen Sys-temwiderstand (Mensch / Schuh / Boden), der zwischen 7,5 x 10 hoch 5 (750.000 Watt) und 3,5 x 10 hoch 7 (35.000.000 Watt) Ohm liegt.
ESD STM 97.2-1999 (Walking-Test)
„Floor Materials and Foodwear-Waltage Measurement in Combination with a Person“ (Bodenmaterial- und Schuhwerk-Messung in Kombination mit einer Person). Diese Norm der US-amerikanischen „ESD-Association“ verwendet als Meßgröße nicht den Erdableitwiderstand, sondern die Personenaufladung in Volt. Obwohl diese Norm in Deutschland noch nicht offiziell gültig ist, wird sie zunehmend von deutschen Unternehmen gefordert. Ein aktueller Normenentwurf zur DIN EN Normierung wird zur Zeit ausgearbeitet. Oft arbeiten diese Unternehmen mit amerikanischen Firmen zusammen oder gehören amerikanischen Unternehmungen (als deutsche Tochterfirmen müssen sie die entsprechenden US-Standards erfüllen). Beim Walking-Test handelt es sich um eine reine Meßform, die keine Grenzwerte angibt. Normalerweise gilt ein Walking-Test als bestanden, wenn die Personenaufladung < 100 Volt beträgt. Dieser Wert ist mit konventionellen Bodenbeschichtungen nicht zu verwirklichen. Mit den Produkten Disboxid 467 Hartkornschicht und Disbopox 454 Verlaufschicht AS gibt es jedoch zwei Systeme, die dieser hohen Anforderung mehr als gerecht werden.
DIN VDE 0100-410
Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V. Diese Norm dient dem Schutz von Personen, die beim Kontakt mit spannungsführenden Teilen Gefah-ren ausgesetzt sind. Während die bisher zitierten Normen hauptsächlich die oberen Grenzwerte von Widerständen betreffen, definiert diese Norm untere Grenzwerte:
RE = > 5 x 10 hoch 4 Ohm, wenn die Nennspannung der Anlage 500 V nicht überschreitet.
RE = > 10 x 10 hoch 4 Ohm, wenn die Nennspannung der Anlage 500 Volt überschreitet.
Zur Messung wird als Elektrode eine Metallplatte (250 x 250 mm) verwendet, die auf ein feuchtes Vlies (270 x 270 mm) gelegt und mit 75 kg belastet wird. Die Meßspan-nung beträgt 250 Volt. Konventionelle ECF-Beschichtungen (RG < 10 hoch 6 Ohm) erfüllen diese Anforderungen nicht. Nur DIF-Beschichtungen werden diesen Anforderungen gerecht.
Ableitfähige / leitfähige Beschichtungen dürfen nicht mit Einpflegeprodukten behan-delt werden, da diese wieder isolierend wirken und die Ableitwerte nicht mehr erreicht werden. Hier gibt es Einpflegeprodukte, die leitfähig eingestellt sind, um nicht isolierend zu wirken.