"Das Ambiente hier ist etwas ganz Besonderes", betont Ulrike Schweinfurth, stellvertretende Leiterin der Musikschule. In der Tat, liebreizender könnte die Lage inmitten eines lauschigen, von Gärtnerhand kunstvoll angelegten und gepflegten Parks kaum sein. Und dennoch: Der Zustand der Fassaden wie auch der Innenräume aller drei Gebäude, deren Grundsteinlegung auf die 1840er Jahre zurückgeht, ließ in jüngster Vergangenheit immer mehr zu wünschen übrig. "Die letzte Baumaßnahme liegt rund 30 Jahre zurück", weist Verwaltungsangestellte Petra Menges auf den offenkundigen Nachholbedarf hin. Der Sanierungsstau war - wie vielerorts - der kommunalen Finanzknappheit geschuldet. Darauf, dass eine Stadt oder Gemeinde nur selten genügend Mittel für die kontinuierliche bauliche Instandhaltung ihrer öffentlichen Einrichtungen zurücklegen kann, nimmt der Zahn der Zeit jedoch keine Rücksicht. Besonders deutlich zeigten sich Schädigungen der Bausubstanz am 1838 errichteten Haus Rheinland: Tiefe Risse klafften in den Wänden, die einstmals stolze Putzfassade wirkte nicht nur blass, sondern wies auch Abplatzungen auf. Vom Dachstuhl hatten bereits Holzbock und Hausschwamm Besitz ergriffen, so dass die Statik des Dachgebälks erheblich in Mitleidenschaft gezogen war. Der Dachstuhl musste daher zu drei Vierteln erneuert werden.
Ähnlich sanierungsbedürftig präsentierte sich das 1842 erbaute Haus Wartburg. Selbst um den Kammerkonzertsaal von 1890 mit seinem gediegenen Parkett, den imposanten Kronleuchtern und den kunstvoll gearbeiteten Stuckornamenten an der Decke und den Wänden stand es nicht viel besser. Alles in allem wurde es höchste Zeit, die alterungsbedingten Schäden fachgerecht zu beheben und dem Martinstift wieder zu einem angemessen würdevollen Antlitz zu verhelfen.
Dem historischen Erscheinungsbild auf der Spur
Projektleiter Theo Meiners, der für das beauftragte Architekturbüro Heinz-Jürgen Falk die Bauleitung übernahm, hatte eine wahrlich komplexe Aufgabe zu meistern: "Die Instandsetzung umfasste über die denkmalpflegerischen Arbeiten hinaus auch die Schadstoffsanierung, den behindertengerechten Umbau aller drei Gebäude, die räumliche Erweiterung des Foyers durch Anbau eines Glaskubus zur Gartenseite hin sowie diverse Brandschutzmaßnahmen." Die konkreten Planungen begannen im März 2009, die Sanierung der Gebäude von innen und außen konnte Ende Juni 2010 erfolgreich abgeschlossen werden. Hinzu kamen im Anschluss noch die gärtnerische Neubepflanzung der Außenanlagen sowie des Parks.
Bei der baulichen Instandsetzung nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten wurde in Moers vorrangig mit dem Histolith-Produktprogramm von Caparol gearbeitet, das zahlreiche Silikatprodukte speziell für Gebäude unter Denkmalschutz umfasst. Die besondere Eignung der im Histolith-Programm verwendeten Werkstoffe konnte bereits an zahlreichen historischen Fassaden im In- und Ausland unter Beweis gestellt werden. Nicht von ungefähr gilt die Caparol-Firmengruppe als einer der bedeutendsten Hersteller von Silikatfarben und
-putzen für die denkmalpflegerische Gebäudesanierung und -instandhaltung in Deutschland. Auch im Innenbereich der drei denkmalgeschützten Gebäude wurden hochwertige Lacke und Farben aus Ober-Ramstadt zu Restaurierungszwecken eingesetzt. Dabei war den besonderen Erfordernissen eines geordneten Musikschulbetriebs mit 26 Unterrichtsräumen in drei Gebäuden für rund 2.000 Schülerinnen und Schüler Rechnung zu tragen.
Der vielschichtige Auftrag stellte eine besondere Herausforderung für den ortsansässigen Verarbeiter Maler- und Lackierermeister Thomas Schütten wie auch für das seit über 120 Jahren bestehende Malerunternehmen Johannes Bongartz aus Duisburg dar - galt es doch, auf 2.950 Quadratmetern Fassadenfläche und nochmals 7.450 Quadratmetern Innenwand- und Deckenflächen ein den Vorstellungen des Rheinischen Amtes für Denkmalschutz entsprechendes historisches Erscheinungsbild sowohl detail- als auch weitestgehend originalgetreu wiederherzustellen. Dem Anforderungsniveau entsprechend fiel das erforderliche Finanzvolumen aus: Projektierung, bauliche Instandsetzung und malertechnische Gestaltung schlugen mit insgesamt 1,9 Millionen Euro zu Buche.
Kulturausschuss legte die Farben fest
"Wir erwarten, dass sich die inhaltliche Arbeit unserer Schule im Gebäudezustand nach der Sanierung angemessen widerspiegelt", brachte Schulleitungssekretärin Döndü Celik zu Beginn der baulichen Instandsetzung die hohe Erwartung an das Resultat der Malerarbeiten zum Ausdruck. Die genaue Farbwahl wurde unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten vom Kulturausschuss der Stadt Moers festgelegt und den beauftragten Verarbeiterbetrieben zur Umsetzung aufgegeben. "Bei der Auswahl passender Farben kommen immer auch persönliche Geschmacksvorlieben ins Spiel. Insofern bin ich sogar froh, dass uns die Entscheidung für den einen oder anderen Entwurf von der Behörde abgenommen wurde", resümiert Musikschul-Rektor Georg Kresimon. In der Tat war die farbliche Gestaltung eine knifflige Angelegenheit. Denn unter dem rissigen Altputz des Martinstifts war Mitarbeitern des Malerbetriebs Schütten im Zuge der Sanierungsarbeiten ein rötlicher Farbton aufgefallen, der bei näherer Betrachtung durchaus die historische Ursprungsfarbe aus den 1840er Jahren hätte sein können.
So schön wie einst
Nach reiflichen Überlegungen entschied sich der Kulturausschuss der Stadt Moers auf der Grundlage einer fachlichen Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde für ein dezentes sandfarbiges Fassadenbild mit abgestuften hellen Grautönen. Der letztlich gewählte Histolith-Anstrich in hellen Pastelltönen zeichnet sich durch ein harmonisches, feinsinniges Understatement aus, das dem fertig restaurierten Martinstift heute und in Zukunft ein besonders würdevolles Antlitz verleiht. "Das realisierte Farbgebungskonzept passt sehr gut zu den klassizistischen Strukturen der Fassade", ist Georg Kresimon mit dem Ergebnis der Sanierung aller drei Gebäude überaus zufrieden.
Das Wirkungsprinzip der eingesetzten Silikatfarben beruht auf ihrer Fähigkeit, mit anderen mineralischen Baustoffen "zu verkieseln", d.h. eine unlösbare Verbindung einzugehen: "Silikatfarben sind das einzige Farbsystem, das sich aufgrund der Wirkungsweise des flüssigen Kaliumsilikates chemisch mit dem Untergrund verbindet", erklärt Caparol-Fachberater Herbert Derks. Histolith verkrallt sich dabei nicht nur im Untergrund, sondern geht ebenso mit den quarzitischen Bestandteilen in seiner Füllstoffkombination eine Verbindung ein. Das ergibt eine nochmals verbesserte Haltbarkeits- und Kreidungsstabilität.
Bei der malertechnischen Nachbildung des historischen Fassadenbildes gingen die Maler in Moers wie folgt zu Werke: Zunächst wurde der historische Untergrund einer behutsamen Wasserstrahl-Hochdruckreinigung per Rotationsdüse unterzogen, nachdem Moos und Algen mit Histolith-Algenentferner vorbehandelt worden waren. Anschließend folgte die Grundierung des freigelegten, relativ weichen Mauerwerksuntergrundes mit Histolith-Fixativ. Im Anschluss war die Spachtelung mit dem Histolith-Renovierspachtel an der Reihe, der grundsätzlich zweilagig aufzubringen und gründlich zu filzen ist. "Wir arbeiten seit geraumer Zeit mit dem Renovierspachtel und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht", hebt Malermeister Thomas Schütten, Geschäftsführer des gleichnamigen Verarbeiterbetriebs aus Moers, die praxisgerechten Eigenschaften des speziellen Caparol-Denkmalschutz-Produkts hervor. Danach erfolgte der Auftrag der Histolith-Grundierfarbe. Zu guter Letzt wurde die Histolith-Fassadenfarbe in den von der Denkmalschutzbehörde bestimmten Farbtönen zweifach per Rolle und Pinsel appliziert.
Achim Zielke
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