Das Bindemittel
Die Qualität einer Fassaden-Beschichtung ist vor allem von der Art des Bindemittels und dessen Menge abhängig. So hat sich in der Vergangenheit neben den Bindemitteln Kunststoffdispersion und Silikat (Wasserglas) zunehmend Siliconharz durchgesetzt. Der Grund dafür sind die guten bauphysikalischen Werte dieser Bindemittel-Werkstoffe in Bezug auf Wasserabweisung bei gleichzeitiger Wasserdampfdurchlässigkeit.
Siliconisierte Reinacrylatdispersionen
Neu sind Produkte auf der Bindemittelbasis einer siliconisierten Reinacrylat-Dispersion. Sie werden als Silacryl-Fassadenfarben bezeichnet (zum Beispiel Muresko) und bieten einen hochwertigen Regenschutz, welcher der Klasse „niedrige Wasserdurchlässigkeit“ der für Fassadenfarben wichtigen DIN EN 1062 entspricht (w-Wert von < 0,1 [kg/(m² . h 0,5)]. Zugleich sind die Anstrichmittel in hohem Maße wasserdampfdurchlässig. Nach DIN EN 1062 werden sie in der Klasse „hohe Wasserdampfdiffusion“ eingeordnet mit einem sd-H2O-Wert < 0,14 m.
Ein weiterer Vorteil, den solche Beschichtungen vor allem auf rauen Putzen bieten, ist die gleichmäßig gute Abdeckung von Kuppen und Kanten. Hierdurch sammelt sich beim Auftragen in den Putzvertiefungen keine wesentlich größere Menge von Farbe als an den exponierten und der Witterung besonders ausgesetzten Putzkuppen. Das ist ein bedeutender Faktor für die Dauerhaftigkeit eines Anstrichs, weil diese neben der Bindemittel-Qualität auch von der aufgebrachten Schichtdicke abhängig ist. Hinzu kommt eine Filmkonservierung in Form eines Schutzes der Beschichtung vor Algen- und Pilzbefall.
Aufgetragen werden die Silacryl-Werkstoffe in Form eines Grund- beziehungsweise Zwischenanstrichs, der mit bis zu zehn Prozent Wasser verdünnt werden kann, sowie eines Schlussanstrichs (maximal mit fünf Prozent Wasser verdünnt). Wenn es erforderlich ist, dekorative Rauputzstrukturen zu erhalten, können die angegebenen Verdünnungsmengen verdoppelt werden.
In Verbindung mit den jeweils vom Hersteller empfohlenen Grundierungen eignen sich Silacryl-Fassadenfarben für folgende Untergründe: Intakte Wärmedämm-Verbundsysteme, Putze der Mörtelgruppen P II und P III, Porenbeton mit tragfähiger Altbeschichtung, Betonflächen, zementgebundene Holzspanplatten, Ziegel-Sichtmauerwerk sowie tragfähige Lack-, Dispersionsfarben- und Kunstharzputz-Beschichtungen. Sie können mit Pinseln und Rollen verarbeitet werden. Eine Spritzverarbeitung von Produkten, die algizide und fungizide Zusätze enthalten, sollte aufgrund der entstehenden Aerosole nicht erfolgen.
Reinacrylatfarben
Eine technische Spitzenleistung der Dispersionsfarben-Gattung stellen Reinacrylatfarben wie Amphibolin dar. Ihr Bindemittel ist ein hundertprozentiges Reinacrylat (Kunststoffdispersion nach DIN 55 945), das mit einem Nassadhäsionspromoter ausgestattet ist, um eine optimale Haftfestigkeit des Werkstoffs an einer Vielzahl von bauüblichen Untergründen zu gewährleisten.
Beschichtungen mit solchen im Gegensatz zu allen anderen beschriebenen und matt auftrocknenden Fassadenfarben-Typen seidenmatt glänzenden Werkstoffen eignen sich für glatte und feinstrukturierte Flächen. Sie besitzen hohe Schutzwirkung gegen aggressive Luftschadstoffe.
Reinacrylatfarben werden auch für strukturerhaltende Anstriche im Innenbereich empfohlen. Ihre Nassabriebbeständigkeit erreicht die Klasse 1 nach DIN EN 13 300 (< 5µm bei 200 Scheuerhüben). Sie sind dementsprechend hoch reinigungsfähig und beständig gegen wässrige Desinfektions- und Haushaltsreinigungsmittel.
Für den Einsatz im Außenbereich sind die Anstrichmittel schlagregendicht und wasserabweisend nach DIN 4108. Ihr Regenschutz entspricht der Klasse 1 „niedrige Wasserdurchlässigkeit“ nach DIN EN 1062 mit einem w-Wert von 0,08 [kg/(m2 . h0,5)]. Dabei erreichen sie die Klasse „mittlere Wasserdampfdiffusion“ nach DIN EN 1062. Reinacrylatfarben können darüber hinaus nicht vergilben. Sie bieten einen hohen CO2-Schutz mit einem sdCO2-Wert von > 50 m.
Die auch als Universalfarben bezeichneten Werkstoffe lassen sich einsetzen auf Putzen der Mörtelgruppen P II und P III, Beton, Ziegelsichtmauerwerk, Faserzementplatten, tragfähigen Altanstrichen, verzinkten Flächen, Hart-PVC und nicht maßhaltigem Holz. Sie können mit Pinsel, Rolle und Spritzgeräten verarbeitet werden.
Siliconharz-Fassadenfarben
Siliconharz-Fassadenfarben vereinigen in sich die Vorteile der bewährten Dispersionsfarben und klassischen Silikatfarben. Sie besitzen eine mineralische Grundstruktur, sind nicht filmbildend und erzielen mineralmatte, kalkfarbenähnliche Oberflächen. Ihre Eigenschaften prädestinieren sie auch für den Einsatz auf denkmalgeschützten Bauten und kalkreichen Putzen.
Beschichtungen mit Siliconharzfarben (zum Beispiel Amphisilan) sind nicht thermoplastisch und spannungsarm sowie mikroporös. Ihr Regenschutz entspricht der Klasse „niedrige Wasserdurchlässigkeit“ nach DIN EN 1062 mit einem w-Wert von 0,08 [kg/(m2 . h0,5)]. Außerdem besitzen sie hohe Wasserdampfdiffusion
(sd-H2O-Wert = 0,05 m). Sie sind Kohlendioxid-durchlässig und beständig gegen aggressive Luftschadstoffe.
Spezielle Siliconharzfarben eignen sich vor allem für die Erst- oder Renovierungsbeschichtung von intakten Wärmedämm-Verbundsystemen (zum Beispiel Thermosan). Mit ihnen können Oberflächen aus Kunstharz-, Silikat-, Siliconharz-, Kalk-Zement- oder Leichtputz gestrichen werden. Bindemittelbasis dieser Werkstoffe ist eine Kombination aus Siliconharz-Emulsion und spezieller Kunststoffdispersion. Die Produkte sind mit einer algiziden und fungiziden Filmkonservierung ausgerüstet und schützen damit die Beschichtung vorbeugend gegen Algen- und Pilzbefall. Ihr besonders hoher Regenschutz ist durch einen w-Wert von 0,02 [kg/(m2 . h0,5)] gekennzeichnet, ihr Wasserdampfdiffusionsvermögen durch einen sd-H2O-Wert von 0,06 m. Mit den Spezialfarben lassen sich feine putztechnische Risse verschlämmen.
Siliconharz-Fassadenfarben lassen sich vielseitig anwenden. Sie eignen sich zur Beschichtung von Putzen der Mörtelgruppen P Ic, P II und P III, alten Silikatfarben und –putzen, tragfähigen Dispersionsfarben-Beschichtungen, Ziegel-Sicht- und Kalksandsteinmauerwerk. Die filmkonservierten Spezialfarben können außerdem nach entsprechender Grundbeschichtung auf unbehandelten Faserzementplatten sowie Faserzementplatten mit silikatischer Beschichtung (zum Beispiel Glasal) eingesetzt werden.
Siliconharz-Werkstoffe dürfen nicht mit anderen Anstrichmitteln wie etwa Volltonfarben auf Dispersions- oder Silikatbasis vermischt werden. Auch die zum Beschichtungssystem gehörenden Grundierungen wie etwa Amphisilan-Tiefgrund,
-Grundierfarbe und -Grundfestiger dürfen nicht untereinander oder mit anderen Werkstoffen versetzt werden. Verarbeitet werden können Siliconharzfarben mit Pinseln, Rollen und Airless-Spritzgeräten (algizid, fungizid eingestellte Typen im Airless-Rollverfahren).
Kapillarhydrophobie schafft saubere Fassaden
Fortschritte in der Siliconharzfarben-Entwicklung haben zu besonderer Verschmutzungsresistenz dieser Werkstoffe geführt. Sie sind jetzt durchgängig kapillarhydrophob eingestellt. Hierdurch wird die Wasseraufnahme reduziert, ohne dass dabei die Wasserdampfdurchlässigkeit behindert wird. So kann ein schnelles Trocknen der Oberflächen erzielt werden. Die Beschichtungen sind nicht thermoplastisch und quellen durch Feuchteeinwirkung nicht an, so dass auch bei Sonnen- und Regeneinwirkung keine Oberflächenklebrigkeit entsteht und die Anhaftung von Schmutzpartikeln minimiert wird.
Zusätzlich wird durch das Verwenden spezieller Pigmente erreicht, dass Ablagerungen oxidativ abgebaut werden. Durch Einsatz besonderer photokatalytisch wirkender Pigment-Füllstoff-Kombinationen entstehenOberflächen mit entsprechend geringem Anschmutzverhalten. Hinzu kommt eine gezielt abgestimmte, nicht zu große Oberflächenhydrophobie, da die Praxis eine stärkere Verschmutzungsneigung bei einem zu hoch eingestellten Wasser-Abperleffekt aufgezeigt hat.
Silikatfarben
Beschichtungsstoffe auf Dispersions-Silikatbasis eignen sich für besonders kreidungsstabile, hochdeckende Fassadenanstriche, die hohe Widerstandsfähigkeit gegen saure Luftschadstoffe besitzen. Sie sind für die Renovierung von Altbauten, historischen Gebäuden, mineralischen Wärmedämmputzen und Kalksandstein-Sichtmauerwerk besonders gut geeignet. Die Werkstoffe enthalten als Bindemittel Kaliwasserglas mit organischen Stabilisatoren. Sie gehen mit den Untergründen eine chemische Verbindung ein, die als „Verkieselung“ bezeichnet wird. Hochwertige Farben (wie Sylitol) sind siloxanverstärkt und quarzhaltig.
Es gibt sie außer als „klassische“ Dispersions-Silikat-Fassadenfarben auch als Egalisationsfarben für fleckig aufgetrocknete mineralische Putze und Anstriche. Für gut füllende strukturegalisierende und risseverschlämmende Zwischenbeschichtungen stehen speziell hierfür entwickelte Produkte zur Verfügung. Sie eignen sich auch als haftvermittelnder Kontaktgrund auf glatten dichten Untergründen sowie auf fest haftenden matten Dispersions-Altanstrichen, zum Ausspachteln von kleine Stoß- und Fehlstellen sowie als Grundbeschichtung auf fest haftenden alten silikatischen Farben. Es gibt füllende Silikatfarben zudem in einer noch stärker verschlämmenden Einstellung, mit der sich beispielsweise Schwundrisse überstreichen lassen (Sylitol-Minera). Die füllenden Fassadenfarben auf Silikatbasis können nicht im Spritzverfahren aufgetragen werden. Alle anderen Typen lassen sich spritzen, rollen und streichen.
Fassadenfarben für den nebelfreien Spritzauftrag
Besonders rationell sind hochwertige Fassadenfarben, die speziell für das Auftragen im Spritzverfahren entwickelt wurden (Nespri-Tec). Mit ihnen lassen sich Baustellen leicht sauber halten und Gerüststandzeiten verringern. Trotz Filmkonservierung ist ihr Spritzauftrag möglich, weil durch die Spritznebelfreiheit keine Aerosole entstehen. Mit Hilfe der speziellen Fassadenfarben und der darauf detailliert abgestimmten Spritzgeräte können Baustellen optimal organisiert und „abgewickelt“ werden – das bei im Vergleich zu herkömmlichen Verarbeitungsweisen höheren Schichtdicken. Außerdem ist eine Kraft sparende Verarbeitung gegeben, wodurch die Verarbeiter deutlich entlastet werden. Die Vorteile des nebelfreien Spritzauftrags von Fassadenfarben machen sich auch schon bei kleineren Flächen bezahlt, wie sie beispielsweise bei Ein- oder Zweifamilienhäusern vorliegen.
Farbton-Vielfalt
Fassaden werden zunehmend farbig gestaltet, Deswegen lassen sich auch alle Anstrichmittel für Außenflächen mit Volltonfarben der gleichen Bindemittelbasis selbst abtönen. Außerdem können sie maschinell im Farbenfachhandel auf die gewünschten Töne gebracht werden. Dabei stehen viele Kollektionen zur Verfügung.