Holl stammte aus einer etablierten Augsburger Baumeisterfamilie und plante neben Wohn-, Zunft- und Speicherhäusern auch Markthallen, Schulen sowie Tore und Türme für die Stadtbefestigung. Das von ihm entworfene prächtige Rathaus wurde als Ausdruck einer selbstbewussten Bürgerschaft zum Wahrzeichen Augsburgs. Elias Holl entwickelte schon früh eine eigene Formensprache, die von klarem Aufbau und schlichter Gliederung geprägt war.
Baugeschichte
Eines seiner weniger bekannten Gebäude ist das ehemalige Reichsstädtische Kaufhaus. Der lang gestreckte dreigeschossige Traufseitbau wurde im Jahr 1611 unter Verwendung eines Planes von Matthias Kager erbaut. Es steht giebelständig an der Prachtstraße der Renaissance, der Maximilianstraße, direkt am Herkulesbrunnen. In der Reihe der vom Krieg verschonten Bürgerhäuser gibt sich das Bauwerk an der Ecke zur Heilig-Grab-Gasse eher bescheiden. Das Gebäude wird von einer Eckrustika und einem Traufgesims gerahmt und ist seit dem 18. Jahrhundert mehrfach baulich verändert worden: Im Rahmen der Erweiterung der Fassadengliederung zur Dreigeschossigkeit opferte man das Kranzgesims für die Erhöhung der Mezzaninfenster, platzierte an der Westfassade einen Schweifgiebel und ersetzte die architravierte Fensterumrahmungen durch klassizistische Verdachungen. Die Gusseisenstützen der Eingangsportale im Erdgeschoss sind Einbauten aus dem 19. Jahrhundert.
Der Vorgängerbau des Kaufhauses war eine Heilig-Grab-Kapelle aus dem 12. Jahrhundert. Unter protestantischer Verwaltung Augsburgs verlor die Kapelle an Bedeutung, verwahrloste und wurde 1604 von Elias Holl als baufällig bezeichnet und abgetragen. Die Fundamente dieses einzigen Zentralbaus Augsburgs hat der Baumeister - letztlich wohl aus baupraktischen Gründen - erhalten, und die Grundmauern des Kaufhauses zum Teil direkt auf die mittelalterliche Gründung gesetzt.
Generalsanierung
Was zu Holls Zeiten problem- und pietätlos möglich war, nämlich die bauliche Anpassung historischer Bausubstanz an veränderte Gegebenheiten und neue Nutzer, ist heutzutage nur unter strengsten Auflagen des Denkmalschutzes möglich. Die Arbeit an einem denkmalgeschützten Bauwerk ist immer eine Gratwanderung, bei der die Interessen der Eigentümer und die Forderungen des Denkmalschutzes unter einen Hut gebracht werden müssen.
Auch die Generalsanierung des ehemaligen Kaufhauses von 1984 bis1986 verlangte einen Spagat zwischen denkmalgerechter Aufarbeitung und zeitgemäßer Modernisierung. Dennoch konnte unter Erhalt der originalen Grundrissdisposition und der befundeten Wand-, Decken- und Fußbodenoberflächen eine neue, komplett gewerbliche Nutzung durch verschiedene gastronomische Betriebe und ein Ladengeschäft eingefügt werden.
Zur Schonung der historischen Konstruktionen wurde die erforderliche Aufzugsanlage im Innenhof angeordnet. Dieser Hof wurde mit einer Überdachung versehen und dient als erweitertes Raumangebot für das Café im Erdgeschoss. Zusätzlich entstanden auf Straßenniveau zwei Bars und ein Schuhladen, während das erste Obergeschoss zu einem Veranstaltungsraum, der so genannten Pantheon Lounge, umgestaltet wurde. Im zweiten Obergeschoss befinden sich ausschließlich Lagerräume, die über den Lastenaufzug beschickt werden.
Fassadengestaltung
Im vergangenen Jahr standen abermals Sanierungsarbeiten an - am Dach, an den Fenstern und an der Fassade. Gemeinsam mit dem Augsburger Denkmalamt und dem Malerbetrieb Kugler nahm die Eigentümergemeinschaft die Fassadensanierung in Angriff. Kirchenmaler Peter Engelhardt und Restauratorin Nicole Müller-Groß wurden als Experten hinzugezogen. Im Rahmen ihrer Befunduntersuchung legten sie unzählige Farbschichten frei, die sich im Laufe der Jahrhunderte auf den Untergründen angesammelt hatten. Anhand stichprobenartiger Untersuchung der Fassade konnte nachgewiesen werden, dass die historischen Fassungen der Fassade monochrom gehalten waren und überwiegend grüne Farbtöne verwendet wurden. In Absprache mit dem Denkmalamt und gestützt auf den Befundbericht wurde entschieden, die Fassade gemäß der frühest nachweisbaren Farbfassung monochrom im Farbton "Grüne Erde" zu rekonstruieren. Diese Farbigkeit wird allerdings nicht der Entstehungszeit des Bauwerks zugeschrieben, sondern geht eher auf das 18./19. Jahrhundert zurück. Insgesamt fünf Farbvarianten wurden angemischt, bemustert und von Mitarbeitern des Denkmalamts begutachtet. Der gewählte zartgrüne Anstrich harmoniert mit den angrenzenden Bauten und akzentuiert dennoch selbstbewusst das Gebäude. Dem ursprünglichen Wunsch der Eigentümer nach farblicher Differenzierung wurde aufgrund der Befundergebnisse nicht nachgegeben. "Wir hatten uns anfangs eine kontrastreichere Fassadengestaltung vorgestellt", beschreibt Walter Lugert. "Mittlerweile aber sind wir von der einheitlichen Gestaltung absolut überzeugt und sehr glücklich mit dem Resultat."
Ausführung
Zur Beschichtung wurden Silikatfarben ausgeschrieben. Diese Art von Anstrichstoffen besitzt hervorragende bauphysikalische Eigenschaften wie Lichtbeständigkeit, Nichtbrennbarkeit sowie hohes Wasserdampfdiffusionsvermögen. Der ausführende Malerbetrieb entschied sich für silikatische Produkte der Firma Caparol. Nach der Fassadenreinigung und der Ausbesserung von Putzausbrüchen und Fehlerstellen erfolgte die Ausführung im Caparol-Histolith-System. Die Neuputzstellen wurden fluatiert, um die Sinterschichten zu entfernen. Nach dem Nachwaschen mit Wasser erfolgte ein zweimaliger Anstrich mit abgetönter Dispersions-Silikatfarbe "Histolith Außenquarz". Die Histolith Dispersions-Silikatfarbe "Außenquarz" ist durch die einzigartige Doppeltverkieselung ungewöhnlich kreidungsstabil, hoch deckend, widerstandsfähig gegen saure Luftschadstoffe und beeindruckt durch ihre tuchmatte Oberfläche. Den Sockelbereich ließ man mit Histolith-Fassadenputz ausbessern und anschließend mit Histolith-Außenquarz beschichten. Die Fensterflügel im ersten und zweiten Obergeschoss wurden abgeschliffen und weiß lackiert, die Fensterrahmungen und Gusseisenstützen im Erdgeschoss beschichtete man auf Empfehlung des Restauratorenteams farblich abgesetzt in kräftigem Petrolgrün. Die Hausfigur, die Kopie einer Pietà des mittleren 18. Jahrhunderts, wurde gereinigt, fehlende Teile wurden ergänzt und eingefärbt.
Die Sanierung und farbliche Neufassung wertet das Gebäude optisch stark auf und bereichert die Maximilianstraße um eine weitere prachtvolle Fassade.
Mit der Verleihung des Augsburger Fassadenpreises, gestiftet aus dem Friedrich-Prinz-Fonds, wurde die Qualität der Maßnahme im Januar 2008 auch von offizieller Seite bestätigt. Der Preis prämiert denkmalgeschützte Einzel- oder Ensembleobjekte, bei denen die Fassadensanierung in besonderer Weise gelungen ist und die damit - ganz im Sinne des Stifters Friedrich Prinz - zur Verschönerung der Stadt Augsburg beitragen.
Bauherren und Eigentümergemeinschaft
Lugert-Eisenschmid GbR
Beteiligte
Kugler Malerbetrieb GmbH
86316 Friedberg, OT Derching
www.maler-kugler.de
Nicole Müller-Groß, Restauratorin Augsburg
Peter Engelhardt, Kirchenmaler Emersacker
www. wandmalerei-engelhardt.de
Denkmalamt der Stadt Augsburg
Herr Huber, Frau Kieser
Verwendete Werkstoffe: Histolith-Silikatfarben von Caparol