Als zu Beginn der 20er Jahre die Hamburger Hochbahn AG auch den Omnibusbetrieb übernahm, wurde das Haus aufgestockt. Schwere Schäden erlitt das Gebäude bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg. Angesichts der zentralen Lage entschieden sich Stadt und Unternehmen für seinen Wiederaufbau und fügten im Zuge der baulichen Maßnahmen eine weitere Etage hinzu.
Betriebszentrale zieht ins Hochbahnhaus
In den Nachkriegsjahren wurden Gleisnetz und Wagenpark der Hochbahn Schritt für Schritt instandgesetzt, so dass schon 1950 der Ring wieder befahren werden konnte. Die Hamburger hielten ihrer Hochbahn in guten wie in schlechten Zeiten die Treue, und heute befördern Bahn und Bus täglich rund eine Million Fahrgäste. Straßenbahnen fahren in Hamburg nicht mehr. Die Hamburger Hochbahn AG befindet sich zu hundert Prozent im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg und gehört mit modernster Technik und über 4000 Mitarbeitern zu den größten Nahverkehrsunternehmen in Deutschland. Ihr Know-how ist weltweit gefragt. Kundenfreundlichkeit und ein umfangreiches Serviceangebot besitzen in der Unternehmensstrategie absolute Priorität. Effektivitätszuwachs verspricht die fortschreitende Zentralisierung der Betriebsführung des U-Bahn-Betriebs. Elektronische Stellwerke ermöglichen einen ferngesteuerten Verkehr ohne Personal, und im Rahmen der Umsetzung eines Organisationsprojektes werden die einzelnen Streckenzentralen der U-Bahn bis zum Jahre 2012 zu einer Betriebszentrale zusammengefasst. Für die Zentrale wurde ein 400 m² großer stützenfreier Raum gebraucht. Nach umfangreichen Standortuntersuchungen entschied die Unternehmensführung, sie in der sechsten Etage des altehrwürdigen Hochbahnhauses unterzubringen. Dafür sprach nicht zuletzt, dass Unternehmens- und Betriebsführung auf diese Weise unter einem Dach zusammenrücken.
Altbau muss Neubau weichen
Eine solche Lösung erforderte, die sechste Etage des Hochbahnhauses komplett zu entfernen. Zu berücksichtigen sei außerdem gewesen, so Projektleiter Andreas Nussbaum, dass der ursprünglich viergeschossige Baukörper aus Mauerwerk, Stahl und Beton nur in beschränktem Umfang belastbar war. Der Neubau konnte deshalb nur als leichte Stahl-Glas-Konstruktion mit Trockenbau-Innenwänden ausgeführt werden. Mit der Machbarkeitsstudie wurde das ortsansässige Büro trapez architektur betraut, das sich vorwiegend mit öffentlichen Bauten wie Schulen und Begegnungsstätten beschäftigt und dessen Dienste die Hochbahn bereits in Anspruch genommen hatte. Das Architekturbüro übernehme vor allem Aufgaben mit hohem Gestaltungsanspruch, betonte Architekt Johannes Holz. Im Falle des Geschossneubaus im Hochbahnhaus bestand die Herausforderung darin, der Modernität von Betrieb und Betriebsführung durch einen angemessenen gestalterischen Entwurf Ausdruck zu verleihen. Der exponierte Standort der Leitzentrale mit ihrer auf dem neuesten Stand befindlichen technischen Ausstattung lud die Architekten förmlich zu einer visionären, den Rahmen des Herkömmlichen sprengenden Gestaltung ein. Sie machten sie zu einer Art Cockpit und verbanden sie in schwungvollem Bogen mit dem dazu gehörigen Ensemble von Büro-, Sozial- und Sanitärräumen. Im Zuge der Entwurfsplanung eröffnete sich die Möglichkeit, auch die Bus-Leitzentrale unter dem Dach des Hochbahnhauses unterzubringen und der Zentralisierung eine weitere Dimension zu geben.
Der Vorschlag, das heterogene Raumprogramm außen ablesbar zu machen, wurde mit Blick auf die das Stadtbild bestimmenden Kontorhäuser rund um die Mönkebergstraße von der zuständigen Stadtverwaltung verworfen. Daraufhin wurde der Entwurf laut Johannes Holz komplett umgedreht. Man habe auf die alte Gebäudekante Bezug genommen und sei mit der Fassade staffelförmig zurückgesprungen. Die Bewegung wurde nach innen gerichtet. Alle Räume stehen durch einen mäandernden Flur, der sich in Abhängigkeit von der Tiefe der Räume weitet und verengt, miteinander in Verbindung. Die Dynamik des Verkehrsflusses findet ihren symbolischen Ausdruck in positiv und negativ gekippten Wandflächen.
Farbe macht Bewegung sichtbar
Der Farbgebung kam die Aufgabe zu, so Architekt Holz, den technischen Inhalt der Arbeit einerseits und die der Bausubstanz innewohnende Spannung auffällig werden zu lassen. Das war angesichts der doppelten Krümmung der Wandflächen unter Verwendung üblicher Materialien schlechterdings unmöglich. Bei der Analyse des Marktangebotes stießen die Architekten auf ein Produkt, das mit seiner metallischen Annmutung ihren Wünschen entsprach. Es eignet sich besonders für technisch geprägte Objekte, kann auf vielerlei Untergründen nahtlos verarbeitet werden und trägt mit seiner Nichtbrennbarkeit sicherheitstechnischen Aspekten Rechnung: Capadecor Metallocryl gehört zur Generation von Spezialbeschichtungen, die aktuellen Gestaltungsbedürfnissen Rechnung tragen und gestalterischer Kreativität neue Spielräume eröffnen. Unter Nutzung der Kompetenz des Herstellers Caparol wurde seine Eignung an Hand von Musterflächen auf Herz und Nieren geprüft. Der Farbexperte Eckhart Wriedt empfahl, den Werkstoff nicht nur gleichmäßig mit der Rolle aufzutragen, sondern anschließend durchzuspachteln, um bewusst ein wolkiges Bild zu erzeugen. Im Interesse des Wohlbefindens der Mitarbeiter erkoren die Architekten die Farbe Grün zur dominierenden Farbe, die eine Brücke zwischen Natur und Technik schlägt.
Mehraufwand lohnte sich
In einer beschränkten Ausschreibung erhielt die K. & K. Hollenbach GmbH & Co. KG den Zuschlag für die Malerarbeiten. 1875 gegründet, gehört sie zu den ältesten Handwerksbetrieben in Hamburg. Gegenwärtig beschäftigt sie rund 50 Mitarbeiter. Geschäftsführer Alfonso Buttice verwies auf eine Herausforderung bei der Auftragsabwicklung: Formgebung und unterschiedliche Lichtverhältnisse hätten hohe Anforderungen an Exaktheit und Kreativität gestellt. Mit großem persönlichen und kollektiven Einsatz habe das Malerteam die Aufgabe gemeistert. Bereits die Bemusterung hat rund 20 Prozent der insgesamt 400 m² Wandfläche erfasst. Die in filigraner Arbeit aufgetragenen Wandstreifen unterstützen das Anliegen, einen Fluss zu erzeugen und die Kurven zu betonen. Metallocryl habe sich als ein hervorragendes Produkt erwiesen und die Anwendung der Spachteltechnik zu einem überzeugenden Ergebnis geführt.
Dem Grundanstrich mit Caparol Haftgrund folgte eine Spachtelung mit Akkord Leichtspachtel und die Zwischenbeschichtung mit Amphibolin. Die finale Beschichtung mit Capadecor Metallocryl Interior verlieh den Wandflächen ihre metallische Optik. Projektleiter Nussbaum unterstrich, dass die Realisierung des Projekts alle Erwartungen erfüllt und die Partner das in sie gesetzte Vertrauen voll erfüllt hätten. Dem Farbenhersteller bescheinigt er Kompetenz und Innovationskraft.
Wolfram Strehlau