Einen Namen gemacht
Das Ingenieurbüro hat sich seit Ende der siebziger Jahre im Rahmen der Stadterneuerung auf die Erhaltung tragender Bauteile spezialisiert und auf diesem Gebiet landesweit einen Namen gemacht. Dabei zahlt sich insbesondere seine Kompetenz in Sachen Holzschutz aus. Die Vernetzung mit Büros in Berlin und Brandenburg/Havel sorgt für größere Flexibilität und Zuwachs an Potenzial. "Es hat sich bewährt, nicht als Generalist aufzutreten", so Dipl.-Ing. Holger Niewisch, "sondern uns intensiv mit der substanziellen Erhaltung zu beschäftigen." Zu den namhaften Objekten, an denen das Ingenieurbüro seine Kompetenz unter Beweis gestellt hat, gehören unter anderem das Lutherhaus in Wittenberg, die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar und das anhaltinische Schloss Dieskau.
Auch bei der Vergabe des Auftrages für die Instandsetzung der Villa Langenscheidt erwies sich der gute Ruf des Büros als die beste Offerte. Unterlassene Instandsetzungsmaßnahmen und nutzungsbedingte Funktionsänderungen hatten über die Jahrzehnte deutliche Spuren am Gebäude hinterlassen. Um weiteren Verfall aufzuhalten, besaßen die Prüfung und Instandsetzung der äußeren baulichen Substanz oberste Priorität. Im Ergebnis der Untersuchungen wurde mit der zuständigen Denkmalbehörde die Vorgehensweise festgelegt. "Im Holzfachwerk traten alle Schäden auf, die man sich vorstellen kann", rekapitulierte Architekt Niewisch. Um ihnen auf die Spur zu kommen, wurden Bohrungen in das Holz getrieben, die eine rückseitige Betrachtung mit dem Endoskop ermöglichten.
Zu Tage kamen Hausbock, Holzwurm, Hausschwamm und Fäulnis. Der notwendige Austausch von Fachwerkteilen war mit dem Erneuern von Gefachen verbunden. Wegen der zu erwartenden Bewegung des Holzes musste der dafür verwendete Mörtel und Kalkputz sehr weich sein. Bei der Auswahl geeigneter Materialien nahm das Ingenieurbüro die Hilfe der Industrie in Anspruch. Gute Erfahrungen mit Silikat- und Kalkfarben von Caparol veranlaßten Niewisch, Kontakte mit dem Ober-Ramstädter Hersteller zu intensivieren. In Joachim Rust und Dr. A. Neser fand er kompetente Partner.
Wertvolle Vorarbeit hatte die Berliner Restauratorin Jeanette Koletzki mit ihrem Gutachten vom August 2004 geleistet. Danach waren das Holzfachwerk mit einem grünen und die übrigen Holzteile mit einem roten Farbanstrich versehen worden, während die Gefache einen weißen Anstrich vermutlich mit Dispersionsfarbe erhalten hatten. Die Farbtöne wurden nach dem NCS-System bestimmt.
Sonderfarbtöne von Hand gemischt
Nachdem sich erste Probeanstriche an freigelegtem Holzwerk als zu hell und leuchtend erwiesen hatten, unterbreitete Caparol für die Beschichtung aller Bauteile ein Komplettangebot, das die Zustimmung des Ingenieurbüro und Denkmalamtes fand. Die Gefache erhielten nach Entfernen von Bewuchs und Altanstrichen eine Grundbeschichtung mit Calcimur Kalkschlämme, auf die als Schlussbeschichtung im Kreuzgang Calcimur Fassaden-Kalkfarbe aufgetragen wurde. Bei der Kalkschlämme handelt es sich um einen füllenden Schlämmanstrich für mineralische Außenflächen vorwiegend denkmalgeschützter Objekte, mit dem Schwindrisse bis 0,2 mm geschlossen werden können.
Die Holzteile wurden mit Capadur Color Wetterschutzfarbe beschichtet. Um die im Gutachten genannten Farbtöne herzustellen, setzten die Verantwortlichen auf die Kompetenz der zur Caparol-Gruppe gehörenden Farbenfabrik in Nerchau. Dort wurden die Sonderfarbtöne von Hand gemischt und nach einer eigens für diesen Zweck zusammengestellten Rezeptur angefertigt. Die freigelegten rohen Holzflächen des Fachwerks erhielten nach Grundierung mit einer Insekten bekämpfenden Speziallasur wieder den ursprünglichen grünen, die Verbretterung der Dachüberstände, Balken, Verzierungen, Fasen, Falze, Kehlen und Kerbschnitte den roten Anstrich.
Die Farbigkeit des Gebäudes fällt in der Villenkolonie am Wannsee deutlich aus dem Rahmen, trägt aber seinem Landhauscharakter konsequent Rechnung. Architekt Holger Niewisch lobt das Bemühen des Farbenherstellers, auch auf ausgefallene Kundenwünsche einzugehen und wünscht sich, noch viel öfter Farben nicht nach Karte, sondern nach Befund herzustellen und damit der Realität einen Schritt näher zu kommen. Mit dem Ergebnis der ersten Phase der Fassadensanierung ist er vollauf zufrieden.
Wolfram Strehlau