Die Augen leuchten, die Herzen schlagen höher - ein schnittiger Zweisitzer in Sparkassenrot und Carbonschwarz zieht die Blicke auf sich. Rund 40 Gäste waren zum CCeV Forum in die Kreissparkasse Augsburg gekommen, um einen Blick in die Zukunft zu werfen - und diese Zukunft ist schwarz wie Carbon. Kreissparkassenvorstandsmitglied Horst Schönfeld freute sich, am aufblühenden Standort Augsburg den Roding Roadster vorstellen zu können. Der wurde zwar in Oberbayern gebaut, doch "die Carbonfasern stammen von SGL aus Meitingen", so Schönfeld stolz. Der Roding Roadster wiegt 950 Kilogramm - in herkömmlicher Stahlbauweise wäre er fast doppelt so schwer. Jedes Kilo weniger spart Benzinverbrauch, damit ist der Einsatz von Carbon auch beim konventionellen Fahrzeugbau von Bedeutung. Noch interessanter wird das neue Material jedoch beim Bau von Elektroautos: Die schweren Batterien müssen durch Leichtbauweise ausgeglichen werden.
Hier sieht Dr. Hans-Wolfgang Schröder, Geschäftsführer des in Augsburg gegründeten Carbon Composites e.V., eine "Chance für die Wirtschaft" getreu dem Motto der Veranstaltung "Chancen für die Region durch Carbon Composites": Innerhalb von fünf Jahren will man die Materialkosten für Faserverbundwerkstoffe um die Hälfte verringern, die Produktionskosten für Bauteile aus dem Material gar um 90 Prozent und die Taktzeiten in der Fertigung von PKW-Teilen ebenfalls um 90 Prozent. Ehrgeizige Ziele, die unter anderem durch die Initiative MAI Carbon in der Region München, Augsburg, Ingolstadt erreicht werden sollen.
Professor Klaus Drechsler, Inhaber des Lehrstuhls für Carbon Composites der TU München und Vorstandsmitglied von MAI Carbon, hat bereits Erfahrung mit der Fertigung von Pkw-Bauteilen aus Carbon für Mercedes und BMW. Er weiß aber auch, dass es noch ein weiter Weg ist bis zur Serienfertigung im Zweiminutentakt, wie es in der Branche üblich ist. Deshalb arbeitet seine Fraunhofer-Projektgruppe in Augsburg mit der Firma Coriolis zusammen, die sich auch im Technologiezentrum Augsburg ansiedeln will.
Für Dr. Hubert Jäger, Leiter der Konzernforschung bei der SGL Group, ist der Automobilbau scharfer Konkurrent der Bauindustrie, wenn es um die limitierten Mengen der Carbonfasern geht: "Carbon kann Stahl im Bau ersetzen," sagt er beim CCeV-Forum. Und er zeigt auch für die Region einen Zeithorizont auf: "Ab 2020 kann hier mit Carbonfasern richtig Geld verdient werden." Noch weiter reicht der Blick von Wolfgang Kudoke von Premium Aerotec. Der Leiter der Abteilung Strategie und Geschäftsentwicklung präsentiert den staunenden Zuhörern die Luftfahrtvision 2050. Diese muss nicht unbedingt in reiner Carbonbauweise für die Flugzeuge der Zukunft bestehen, auch Hochleistungsmetalle erfüllen die Erwartungen der Luftfahrtbranche in Teilen - und: noch sind sie preisgünstiger.
Doch auch Kudoke ist sich sicher, dass die Region vom Carbonfieber profitiert: "Schon allein wegen des Charmes, im Augsburg Innovationspark zusammen mit verschiedenen Branchen an der Serienreife von Faserverbundwerkstoffen zu arbeiten." Auch die Luftfahrt will Carbon verstärkt in automatisierten Produktionsprozessen einsetzen, statt wie bisher als Werkstoff für die Manufaktur. Denn: Auch der Roding Roadster wurde in Handarbeit hergestellt.