Bereits am Vorabend der Veranstaltung hatten die Gäste Gelegenheit, am Standort Neckarsulm der Audi AG die automatisierte Fertigung des A8 sowie die R8-Manufaktur zu besichtigen. "Faserverbundwerkstoffe im Automobil-Leichtbau", "Fertigung und Prozesstechnik" sowie "Bauweisen und Engineering" waren die Schwerpunkte des Kongresses, die mit Fachvorträgen von Referenten aus der Automobilindustrie, der Wissenschaft sowie der Zulieferbranche ausgefüllt wurden. Die Automobilindustrie war mit Vorträgen von Audi, BMW, Daimler, Porsche und VW vertreten.
Auch in Zukunft wird das Bedürfnis nach individueller Mobilität nicht nachlassen, so die Einschätzung von Dr. Hans-Wolfgang Schröder, Geschäftsführer des CCeV. Doch die ressourcenschonende Herstellung von Fahrzeugen, der Einsatz neuer Antriebstechnologien und die Durchdringung neuer, riesiger Märkte wie China oder Indien verlangen nach neuen, leichteren Materialien in der Fertigung. Zwei Herausforderungen wurden von nahezu allen Rednern des CCeV Automotive Forums genannt: Die Kosten für Carbonfaser-Bauteile müssen sinken, die Taktzeiten drastisch geringer werden - erst dann kann man die neuen Werkstoffe in Großserienanwendungen einsetzen.
Bei der Manufaktur des Audi R8, beim Porsche Carrera GT oder auch bei Nutzfahrzeugen werden schon jetzt Faserverbundwerkstoffe eingesetzt. Immer dann, wenn der Preis eine geringere Rolle spielt und die Stückzahlen niedrig sind, zeigen sich die Vorteile des extrem leichten, festen und steifen Materials. Michael Dick, Vorstand Technische Entwicklung der Audi AG, verwies stolz auf die Erfolge der Audi-Boliden beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. "Unser Sieg war auch ein CFK-Triumph", so Dick. Bei Audi setzt man auf die sukzessive Steigerung von CFK-Anteilen in der Produktion von Premiumfahrzeugen. Leidenschaftlich plädierte Heinrich Timm, der Leiter des Audi Leichtbauzentrums in Neckarsulm und Gastgeber des CCeV Automotive Forums, für einen radikalen Umschwung im Denken der Automobilbauer: "Die Konzepte müssen anders werden, wenn wir in Zukunft CFK sinnvoll einsetzen wollen." Seine Kriterien für den serienmäßigen Einsatz von CFK sind die Wirtschaftlichkeit, die Produktionstauglichkeit, die CO2-Bilanz, die Fahrfunktionen und der Kundennutzen. Timm will die Zukunft des Werkstoffs Carbon für den Automobilbau entscheidend mitgestalten: "90 Prozent des Aufwands bei der Herstellung von CFK-Bauteilen muss weg."
Dass es bis dahin noch ein weiter und sicherlich steiniger Weg ist, dies zeigten die Vorträge von Dr. Lars Herbeck, Geschäftsführer der Voith Materials GmbH, und etlichen anderen Rednern aus der Praxis. "CFK kommt im normalen Auto nicht vor," stellt Herbeck fest, und sieht auch für die mittelfristige Zukunft keinen Durchbruch auf diesem Gebiet. Aber: "Wir glauben daran, dass in der Zusammenarbeit von Herstellern, Verarbeitern und OEMs der nächste Entwicklungsschritt für den Großserieneinsatz von CFK liegt." In diese Richtung gingen auch die Vorträge von Sebastian Grasser, Benteler-SGL Automotive Components, und Prof. Dr. Werner Hufenbach, Direktor des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik der TU Dresden. Grasser kann sich in drei bis vier Jahren die Automatisierung bei der Fertigung mit CFK-Bauteilen in der Automobilherstellung vorstellen und ist damit einer der Optimisten in der Runde.
Aufbruchsstimmung vermittelte das CCeV Automotive Forum allemal. Gerade der neue Trend zum E-Mobil, der vom badenwürttembergischen Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg in seinem Vortrag noch einmal skizziert wurde, verlangt neue, leichte Werkstoffe - da kommt CFK zur rechten Zeit. Wolfgang Kriegler von der Magna Steyr Fahrzeugtechnik und Gast des Forums, brachte es auf den Punkt: "Wir haben hier einen Blumenstrauß an Möglichkeiten erhalten, die mit CFK in der Zukunft des Automobilbaus stecken. Wir werden uns auf jeden Fall weiter informieren und den nächsten Schritt in Richtung Serienreife gehen."
Die Vorträge des CCeV Automotive Forums sind unter www.carbon-composites.eu/... einsehbar. Dort ist auch eine Video-Zusammenfassung der Veranstaltung eingestellt.
Zum Foto 1: Wollen den Werkstoff CFK in die Großserienproduktion der Automobilindustrie einbringen: Prof. Klaus Drechsler, Universität Stuttgart, TU München und Fraunhofer Gesellschaft Augsburg, Michael Dick, Heinrich Timm, Audi AG, Dr. Hubert Jäger, SGL Group und Dr. Lars Herbeck, Voith Materials GmbH beim CCeV Automotive Forum in Neckarsulm.
Zum Foto 2: Rund 250 Gäste waren von den Informationen beim CCeV Automotive Forum in Neckarsulm beeindruckt. Im Bild Dr. Hubert Jäger, Vorstand des CCeV und Leiter Konzernforschung der SGL Group, Prof. Klaus Drechsler, Vorstand CCeV und Inhaber des Lehrstuhls Carbon Composites der TU München, Heinrich Timm, Leiter Audi Leichtbau Zentrum, Prof. Dr. Frank Henning, stellvertretender Institutsleiter Fraunhofer ICT, Dr. Hans-Wolfgang Schröder, Geschäftsführer CCeV und Prof. Dr. Werner Hufenbach, Direktor des Instituts für Leichtbau und Kunststofftechnik, TU Dresden.