Die Tailored-Fiber-Placement-Technologie (TFP) wurde bereits in den frühen 90er Jahren am IPF in Dresden entwickelt. Bei diesem Verfahren für die Herstellung von Verbundstrukturen werden Faserbündel (Rovings) auf einem Trägermaterial maßgeschneidert aufgestickt. Durch Faseranordnungen, die den berechneten Anforderungen bezüglich der Richtung und Anhäufung von Fasern entsprechen, können Bauteile den Belastungen besser angepasst werden.
Um die aktuelle Entwicklung in der Forschung zu diesem Thema zu diskutieren, hatten das IPF Dresden und die Regionalabteilung CC Ost des CCeV sowie die CCeV-Arbeitsgruppen „Herstellverfahren“ und „Additive Fertigung“ am 23. März 2016 zum ersten gemeinsamen Thementag „Tailored Fiber Placement“ geladen. Etwa 80 Gäste aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, Ungarn und Japan folgten der Einladung.
Die erste Session widmete sich dem immer wichtiger werdenden Bedarf nach beanspruchungsgerechter Faserverbundbauweise durch Anwendung eines variabel-axialen Faserdesigns. Dazu berichtete Dr. Mostafa Abdalla von der TU Delft im Auftaktvortrag über die Kompetenzen zur Optimierung von Verbundstrukturen am Department of Aerospace Structures & Computational Mechanics. Prof. Paul Weaver vom Department of Aerospace Engineering der University of Bristol präsentierte den aktuellen Stand von Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV) mit variabel-axialer Faserarchitektur und deren erfolgreichen Anwendung bei schubbelasteten Schalenstrukturen mit einem damit verbundenen enormen Steigerungspotenzial im Beul- bzw. Nachbeulverhalten. Zu den aktuellen Forschungsprojekten am IPF, insbesondere zum Thema fertigungsgerechte Simulation und Optimierung von variabel-axialen TFP-FKV-Bauteilen, referierte Dr. Lars Bittrich aus der dortigen Abteilung für Verbundwerkstoffe.
In weiteren Sessions präsentierten Vortragende aus nationalen Forschungseinrichtungen, unter anderem aus Stuttgart, Bremen und Dresden ihre aktuellen Forschungsthemen aus dem Gebiet der Faserverbundfertigung mittels TFP.
Dr. Axel Spickenheuer, Leiter der Arbeitsgruppe Komplexe Strukturkomponenten am IPF, zog folgendes Fazit: „Der Thementag zeigte, dass die intensive Forschungsarbeit der letzten Jahre am IPF zum Thema variabel-axiale Faserverbunde für den extremen Leichtbau auch den internationalen Vergleich nicht scheuen muss. Im Gegenteil, nur durch eine zukünftig engere Zusammenarbeit nationaler und internationaler Forschergruppen zum Thema TFP in Verbindung mit der großen Gestaltungsfreiheit von FKV-Bauteilen lässt sich das hohe Leichtbaupotenzial für eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungen erschließen. Die Veranstaltung bot hierbei für den wissenschaftlichen Austausch und die praxisnahe Anwendung einen idealen Ansatzpunkt und wird ganz sicher eine Fortführung finden.“
Auch Marco Zichner, Geschäftsführer der LS Korropol GmbH und Leiter der CCeV-Arbeitsgruppe „Additive Fertigung“, bewertet den Thementag überaus positiv: „Die Kooperationsveranstaltung zwischen dem IPF Dresden und den beiden CCeV-Arbeitsgruppen präsentierte eine beachtliche Bandbreite generativer Fertigungsverfahren für Hochleistungsfaserverbundwerkstoffe. Die Anzahl und Herkunft der Teilnehmer dokumentiert die hohe Industrierelevanz und das gesteigerte Interesse an diesen Technologien. Wir werden unsere Aktivitäten daher in der kommenden Zeit weiter intensivieren und vielleicht schon im Herbst zu einem weiteren Thementag einladen. Zielstellung ist es zukunftsweisende Verfahren wie Tailored Fiber Placement (TFP) oder Continuous Multi-Tow Shearing (CTS) weiter in den industriellen Einsatz zu bringen.“