Im städtischen Siebentischwald begleitet das Augsburger Umweltreferat derzeit ein spannendes Naturschutz- und Recycling-Projekt. Unter dem Motto „Second Life“ dienen recycelte Carbon-Stangen aus Rotorblättern rückgebauter Windkraftanlagen altersschwachen und vom Fällen bedrohten Bäumen als Stütze. Nun stellten die Projektpartner in einem Vor-Ort-Termin den ersten Baum seiner Art als Prototyp der Öffentlichkeit vor.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von dem Baumsachverständigen Dipl.-Ing. Andreas Detter, Gauting, und Dr. Michael Heine, Sachverständiger für Carbonfasern und Verbundwerkstoffe, Augsburg. Das Material stellte Franz Weißgerber zur Verfügung, Geschäftsführer der im Donau-Ries ansässigen iii-Carbon Weißgerber GmbH & Co. KG. Heine und Weißgerber sind die treibende Kraft hinter diesem und zahlreichen weiteren innovativen Ansätzen zur Nutzung des ebenso spannenden wie vielseitigen Werkstoffs Carbon. Unterstützung hierfür finden sie in der Augsburger Geschäftsstelle des international tätigen Branchenverbandes Composites United e.V. (CU), in dem beide ebenfalls aktiv sind.
Bäume stützen heißt Leben schützen
Vögel, Käfer, Flechten, Moose, Pilze – vielfältiges Leben tummelt sich in und auf einem abgestorbenen Baum. „Große alte Bäume und historische Baum-Monumente“, betont denn auch Augsburgs Umweltreferent Reiner Erben (Bündnis 90 die Grünen), „stellen einen nahezu unersetzlichen Wert für die Artenvielfalt dar“. Aber das morsche Holz solcher Bäume bricht auch leicht und ist dann vor allem in Naherholungsgebieten eine nicht zu unterschätzende Gefahr für Spaziergänger und Radfahrer. Um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, lassen die zuständigen Kommunen darum alte und instabile Bäume oft fällen.
Recyceltes Carbon bringt die Rettung
Die ebenso einfache wie geniale Idee der zwei Carbon-Fachleute Heine und Weißgerber könnte das Dilemma lösen. Carbon „ist äußerst stabil, langlebig und widerstandsfähig gegen Korrosion und andere Umwelteinflüsse, dabei auch sehr leicht und filigran“, erklärt Heine, der als Innovationsmentor des CU immer offen ist für ungewöhnliche Lösungen.
Das gilt auch für seinen CU-Verbandskollegen Weißgerber. Er erwartet, dass „die sägerauen Carbon-Stützen in den kommenden Jahren von einer Bewitterungsschicht aus Moosen und Flechten überzogen werden“ und sich dann bei gleichbleibender Stabilität vollends unauffällig in das Waldbild einpassen. Die Stadt Augsburg jedenfalls will zunächst zwei fragile Bäume mit den Carbon-Stützen ausrüsten und hat im Erfolgsfall reichlich weitere Baum-Anwärter in petto.