Ein Gastbeitrag von Marion Oelke, Leiterin Bau- und technisches Gebäudemanagement beim Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf.
Bauvorhaben der öffentlichen Hand zeigen oft nur allzu deutlich, wie viele Ressourcen sich durch zeitgemäße Planung und Vernetzung einsparen ließen. Haben wir denn das Bauen verlernt? Sagen wir mal so: Die Realität hat bestehende Planungsstrukturen rechts überholt: Moderne Gebäude sind hochkomplexe technische Systeme, mit denen die noch wenig digitalaffine Branche nicht schritthalten konnte. Enorme Zeit- und Budgetüberschreitungen sind nicht selten die Folge. Kein Wunder, dass der Bund Building Information Modeling (BIM) zur Grundvoraussetzung für die Auftragsvergabe und -abwicklung erklärt hat.
Vernetzung – bei Planung und Betrieb
BIM nimmt – endlich – Fahrt auf. Dabei geht es um weit mehr als vernetzte Planung und digitalen Gebäudezwilling. Denn am meisten Energie verbraucht ein Gebäude nicht für seinen Bau, sondern im jahrzehntelangen Betrieb. Umso wichtiger ist damit die Frage, wie die Zusammenarbeit von BIM und Computer Aided Facility Management (CAFM) aussehen kann. Schließlich sind die Daten, die in der Bauphase erfasst werden, auch für den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes von entscheidender Bedeutung. Ein Beispiel hierfür sind digitalisierte Wartungsprotokolle, die Daten und Informationen zum Zustand einzelner Anlagensysteme über Steuerungs- und Managementplattformen für Planer, Betreiber und Dienstleister zugänglich machen. Das spart Zeit – und Geld.
Doch hier, wie in vielen anderen Bereichen der digitalen Vernetzung, gibt es noch Luft nach oben. Es fehlt an einheitlichen CAFM-Standards – und an der Bereitschaft, Neuland zu betreten, das Thema Digitalisierung ganzheitlich anzugehen.
Gleichwohl besteht Handlungsbedarf, nicht nur unter Energie- und Umweltaspekten: Als Antwort auf sich rasch ändernde Nutzungsformen muss ein modernes Gebäude so geplant und betrieben werden, dass es schnell und systemisch auf Veränderungen reagieren kann. Dies geschieht über intelligente Gebäudetechnik mit offenen Schnittstellen sowie durch integrative Bedienungs- und Sicherheitskonzepte.
BIM sichert Wettbewerbsfähigkeit
Klar ist auf jeden Fall: Insellösungen und analoge Systeme werden in Zukunft nicht mehr akzeptiert! Wer in der Gebäudebranche weiter auf „old school“ setzt, wird über kurz oder lang seine Konkurrenzfähigkeit im Markt verlieren – nicht nur bei Bundesbauten.
Dies hat die Branche sehr wohl erkannt und das fachübergreifende Kooperationsbündnis "einfachBIM“ ins Leben gerufen. Hier arbeiten Institutionen aus Forschung, Vergabe, Planung, Bauausführung, Betrieb, Recht und Software-Entwicklung zusammen. Auch Caverion bringt Praxiserfahrungen in das Wissensnetzwerk ein. einfachBIM begleitet bereits drei Bauprojekte des Helmholtz-Instituts. BIM wird in diesem interdisziplinären Team, zu dem auch Caverion gehört, nicht zuletzt als Tool für Qualitätsmanagement und kontinuierliche Verbesserung verstanden, in dem Dienstleister, Stakeholder, Ingenieure, Planer, Architekten und Errichter den idealen Prozess suchen und finden.
BIM wird an drei realen Projekten erprobt und optimiert: an einem Rechenzentrum, einem Bürogebäude und einem Forschungsgebäude mit Beschleuniger und Chemielaboren. Dabei leistet das Helmholtz-Zentrum Pionierarbeit: Wir erarbeiten in Workshops Ideen und Vorgehensweisen, wir stoßen Projekte an. Das umfasst Anwendungsfälle über alle Leistungsphasen des Errichtens und über die Nutzerübergabe in das Betreiben der Gebäude und Anlagen.
In einem wirklich effizienten BIM-System arbeiten Planer, Architekten, Betreiber und eine Vielzahl von Gewerken auf Augenhöhe zusammen und betrachten das Projekt über seinen gesamten Lebenszyklus. Transparenz ist dabei oberstes Gebot – in allen Planungs-, Bau- und Betriebsphasen. Das zeitgemäße Bauwerk agiert als Gesamtsystem. Grundlage hierfür sind vor allem standardisierte Protokolle, intelligente Schnittstellen sowie Datenmanagement und -auswertung.
Wertbestimmende Faktoren
Das Planen, Errichten und Betreiben von Gebäuden ist dabei längst nicht mehr nur eine Geldfrage – es erhält zunehmend eine soziale und politische Bedeutung: CO2-Footprint, Ökobilanz, Nutzerorientierung, Flexibilität, Wartungsfreundlichkeit, Resilienz und Recycling sind bestimmende Faktoren bei der gesellschaftlichen Akzeptanz und auch bei der Wertermittlung von Gebäuden.
Nein, wir haben das Bauen nicht verlernt. Aber wir haben uns in Zeiten billiger Energie und boomender Wirtschaft vielleicht ein wenig zu lange auf unseren Lorbeeren ausgeruht – und sind in einer neuen Welt aufgewacht. Aber die Krise kann und wird auch zur Chance werden: Klimawandel, Energieverknappung und wachsende Bedrohung kritischer Infrastrukturen sind nicht nur zentrale Probleme unserer Zeit, sondern auch effiziente Treiber, die eine längst überfällige Entwicklung voranbringen. Es gibt noch Luft nach oben – und das ist auch gut so!