Faserverstärkter Kunststoff (FVK) ist aufgrund seiner Gewichtseigenschaften und Ermüdungsbeständigkeit ein bevorzugtes Material für die Herstellung von medizintechnischen Strukturbauteilen wie Prothesen und Orthesen. Während Deutschland in der Forschung zum Leichtbau in der Medizintechnik führend ist, wird die noch weitgehend manuelle Produktion oft in Niedriglohnländer ausgelagert oder verursacht hohe Kosten für die betroffenen Patienten. Da viele Bauteile individuell auf den Patienten zugeschnitten sind, war eine Automatisierung der Produktion mit den derzeitigen konventionellen FVK-Fertigungstechnologien bisher nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund wurde 2019 das im BMBF-Programm "Produktion für Medizintechnik - wirtschaftlich und in höchster Qualität (ProMed)" geförderte Verbundforschungsprojekt "Patch2Patient" gestartet. Ziel war es, eine neuartige Prozesskette für die automatisierte Herstellung von Faserverbundbauteilen in der Medizintechnik zu entwickeln und in ihren Basiselementen umzusetzen. Neben der entwickelten cloudbasierten Datenaustauschplattform, der patientenspezifischen Datenerfassung und den virtuellen Prüfverfahren standen die automatisierte Laminat- und Maschinendatengenerierung sowie Technologien zur Multimaterialverarbeitung mit der FPP-Technologie von Cevotec im Fokus des Projekts.
„Durch die Bereitstellung eines effizienten Planungs-, Datenverarbeitungs- und Fertigungsworkflows kann die Wertschöpfungskette für Bauteile wie Prothesen und Orthesen in den Hochlohnländern in Europa gestärkt werden.“, so Dr. Florian Lenz, Technical Director von Cevotec. „Zudem sind viele der erarbeiteten Technologien auch in anderen Branchen, etwa der Luft- und Raumfahrttechnik, einsetzbar, so dass ein weiterer Ausbau der Marktposition europäischer Hersteller von Composite-Bauteilen unterstützt werden kann.“
Cevotec konzentrierte sich auf die Analyse möglicher Ansätze zur Einbindung von Patientendaten in ihre Laminatdesign-Software ARTIST STUDIO. Darüber hinaus hat das Unternehmen eine spezielle Zuführ- und Schneideeinheit als Schlüsselelement für einen FPP-Prozess entwickelt, der für die effiziente und kosteneinsparende Herstellung von medizinischen Produkten aus FVK geeignet ist. Diese Zuführ- und Schneideeinheit ist in der Lage, verschiedene Fasermaterialien und Patches unterschiedlicher Länge zu verarbeiten. Neben dem üblichen Carbon- und Glasfaser-Materialien wird die Zuführ- und Schneideeinheit auch besonders kostengünstiges Towpreg-Material sowie spezielles, schlagzähes Fasermaterial verarbeiten können.
Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Programm „Zukunft der Wertschöpfung – Forschung zu Produktion, Dienstleistungen und Arbeit“ (Förderkennzeichen 02P18C090 bis 02P18C096) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren.