Wärme
Einer der wichtigsten Parameter ist gewiss die Temperatur. Eine Daumenregel in der Elektronik besagt, das 10°C Temperaturerhöhung eine Halbierung der Lebensdauer bedeutet.
Bei einschlägigen Normen (IEC 60085, IEC 60216; Temperaturklassen) ist das End-Life Kriterium die Halbierung der Spannungsfestigkeit nach 20.000 Stunden bei Nenntemperatur. Ein Klasse B Material würde also bei 130°C Dauereinsatztemperatur nach 2,3 Jahren nur noch die halbe Durchschlagsspannung haben.
Natürlich betreibt niemand sein Gerät konstant bei der maximal zulässigen Temperatur. Auf der anderen Seite ist für viele Geräte eine zuverlässige Einsatzdauer von 2,3 Jahren zu kurz.
Der Einsatz eines Werkstoffes mit einer höheren Temperaturklasse schafft gemäß der Daumenregel schnell eine deutlich vervielfachte Lebensdauer (130°C auf 155°C = 6x). Wer also große Zuverlässigkeit und Lebensdauer garantieren will, ist gut beraten, lieber einen etwas höherwertigen Isolierwerkstoff einzusetzen.
Chemische Interaktion
Ein elektrisches Gerät ist immer eine Kombination aus unterschiedlichen Werkstoffen. Und meistens kommt eine mehr oder weniger aggressive Umgebung hinzu. Der sogenannte „Sealed Tube“ Test nach UL 1446 versucht zumindest innerhalb der eingesetzten Isolierstoffe die chemische Kompatibilität zu beurteilen. Er macht eine Aussage zu chemisch veranlassten Ausfällen bzw. Kompatibilitäten in einem Isoliersystem. Darüber hinausgehende Belastungen von aussen müssen z.B. durch Kapselung oder Wahl geeigneter Werkstoffe zusätzlich berücksichtigt werden.
Auch in diesem Fall kann man als grobe Richtschnur davon ausgehen, dass ein Material höherer Wärmeklasse auch eine größere chemische Stabilität besitzt. Das liegt daran, dass der chemische Angriff dann auf einer - aus Sicht des Materials - geringeren Temperaturschwelle einsetzt.
Spannung, Frequenz
Neben der physikalischen Spannung, also Zug oder Stauchung, ist die elektrische Spannungshöhe maßgeblich ein Belastungsfaktor. Im schlimmsten Fall erfolgt ein direkter Durchschlag durch die Isolation mit entsprechenden Folgen. Durch Wechselspannung erfolgt in polymeren Isolierstoffen eine permanente Umpolung. Besonders polare Kunststoffe wie PP, PVC oder PA sind davon betroffen. Und seitdem statt den früher üblichen 50 Hz Netzfrequenz vielfach deutlich höhere Frequenzen eingesetzt werden, erlangt dieser pyhsikalische Umstand größere Bedeutung.
Allgemein bekannt ist, dass man PVC Hochfrequenz-schweißen kann. Dies funktioniert aus genau dem Grund, dass durch die wechselnde Polarität des Stromes mechanische Verluste in dem Isolierstoff entstehen, die ihn erwärmen. Bei Schaltfrequenzen von 100 kHz und mehr in modernen PWM-Schaltnetzteilen und Frequenzumrichtern mit entsprechenden Oberwellen wird polymeres Isoliermaterial also um ein Mehrfaches stärker belastet als bei 50 Hz.
Kaum bekannt, aber immer wichtiger, ist die sehr signifikante Reduktion der Durchschlagspannung bei erhöhten Frequenzen. Bei Polyesterfolien ist der Unterschied zwischen 50Hz und 1 GHz etwa Faktor 4. Also schlichtweg eine Viertelung der in den Datenblätter angegebenen Durchschlagspannung, die nach wie vor meistens bei 50 Hz oder 1 kHz ermittelt wird.
Feuchtigkeit und Schmutz
Die Oberflächen von Isolierstoffen sind meistens ihr wunder Punkt. Denn moderne Werkstoffe werden recht homogen und zuverlässig hergestellt. Aber im späteren Betrieb können sich auf der Oberfläche solcher Isolierstoffe Staub, Schmutz und Feuchtigkeit ablagern. So können sich zwischen spannungsführenden Bauteilen mit der Zeit leitfähige Pfade ausbilden, die aus karbonisierten Rückständen und Abbauprodukten des Isolators in feuchter Umgebung bestehen.
Die Beständigkeit eines Isoliermaterials gegenüber dieser Kriechwegbildung wird im sogenannten CTI-Wert angegeben. Gerade besonders leistungsfähige Polymere sind oft recht anfällig für diese Art der Belastung, was sich u.a. chemisch begründen lässt (Polykondensation) und mit der Hydrolyse zu tun hat.
Bei der Hydrolyse (umgekehrte Polymerisation) werden durch das stark polare Wasser die Kettenlängen der Polymere verringert und reduziert dadurch die Eigenschaften.
Maßnahmen gegen diese Kriechwegbildung bzw. eine Verlängerung der Betriebszeit bewirken natürlich vor allem größere Abstände. Auch eine Kapselung hilft meistens sehr gut, was entsprechende Normen beim Verschmutzungsgrad durch entsprechend geringere Mindeststrecken honorieren.
Teilentladung, Corona
Bereits ab 400V kann eine sogenannte Teilentladung von einem elektrischen Leiter in die Luft nachgewiesen werden. Auch als Elmsfeuer bekannt werden diese „Blitze“ in der Luft bei entsprechend großer Intensität als bläulicher Lichtschimmer (Corona) um z.B. Kirchturmspitzen sichtbar. Ebenso ist das Knistern von Hochspannungsleitungen eine akustische Auswirkung der Teilentladungen rund um die spannungsführenden Leitungen.
Bei solchen Teilentladungen entstehen Wärme, UV-Licht und sehr reaktive Stoffe wie Ozon. Treten sie regelmäßig in oder auf Isolationsanordnungen auf, zerstören sie mittelfristig polymere Werkstoffe. Es erfolgt eine Reduktion der Durchschlagspannung durch den Materialabbau, dem zuletzt eine Durchschlag folgt.
Da anorganische Werkstoffe wie Glas, Glimmer oder Keramiken nicht beeinflusst werden von Corona- bzw. Teilentladungen, versetzen manche Hersteller ihre polymeren Isolierprodukte mit solchen anorganischen Werkstoffen. Sie erreichen damit signifikante Verbesserungen der Einsatzzeit.
Ganz allgemein ist auch in diesem Fall der Einsatz von Werkstoffen höherer Wärmeklassen ein erfolgversprechender Ansatz, um bei gleicher Materialstärke eine längere Lebensdauer zu erzielen.
Gerade bei Teilentladungsphänomenen muß vor allem auch auf die Geometrie geachtet werden. Spitzen oder scharfe Kanten erzeugen Feldlinienkonzentrationen und müssen unbedingt vermieden werden. Wo das nicht möglich ist, wird in der Hochspannungstechnik halbleitendes Material zum Abschwächen des harten Spannungsübergangs und zur Spreizung der Feldlinien eingesetzt.
Diese Aufzählung ist nicht vollständig und beleuchtet im Streiflicht einige Aspekte, die in dieser Form nicht in Datenblätter steht. Sie soll aufzeigen, dass die Angabe der Durchschlagspannung in V/µm oder kV/mm im Datenblatt einen Hinweis gibt. Der dort angegebene Wert ist aber kritisch auf das Verhalten innerhalb der prospektierten Lebensdauer zu hinterfragen.
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