Lange Zeit galt grob die Trennung zwischen „Niederspannungsmaschinen und Geräten“ bis 400VAC und den Hochspannungsanlagen über 15 kV. Doch sie verliert zunehmend ihre Geltung. Photovoltaik-Felder, Traktionsantriebe in Fahrzeugen und zum Beispiel elektrische Pufferspeicher im Megawatt-Bereich tragen die Problematik der Teilentladungen auch in die Niederspannung hinein.
Teilentladungen sind elektrische Entladungen an Fehlstellen, Inhomogenitäten und ungewollten Feldkonzentrationen. Sie werden in Coulomb (C) gemessen, wobei für Teilentladungen 1….10.000 pC üblich sind. Sie entstehen ab etwa 400 VAC.
Diese Teilentladungen schädigen mittelfristig übliche Isolationsmaterialien der Niederspannungstechnik. Wobei die aus Erfahrung gewonnene Regel gilt, dass Entladungen unter 10pC den Isolierstoff nicht schädigen.
Da die Teilentladungsmessung (sei es über Impulseinspeisung oder elektromagnetische Messung per Antenne) zerstörungsfrei ist, wird sie gerne für die Serienprüfung eingesetzt.
Prinzip: Man erstellt einen möglichst fehlerfreien, TE-freien Prototypen. In der Serie wird dann die Teilentladung der produzierten Geräte mit den Messergebnissen bei dem Prototyp verglichen.
Schwierig ist die Interpretation einzelner Messungen, wenn Teilentladung auftritt. Die Ursachen sind recht vielfältig und von vielen Parametern abhängig.
In Feststoffen können sich Kanäle ausbilden (Treeing), Gleitentladungen auf der Oberfläche entstehen, Entladungen innerhalb von mehrschichtigen Isolierstoffen auftreten oder Coronaentladungen an Kanten und Spitzen zu TE führen. Auch Hohlraumentladungen in Lunkern und Lufteinschlüssen führen zu Teilentladungen.
Die Frequenz, die Lage des TE-Impulse (in der positiven oder negativen Halbwelle, im Scheitel oder eher zum Nulldurchgang hin) und die Länge können Hinweise darauf geben, welche Ursache die Teilentladung hat.
Aufgrund der sehr kurzen Anstiegszeit ist die Spannungshöhe in einem weiten Bereich linear. Man nutzt zum Messen der Scheinbaren Ladung (TE) daher einen schmalen Frequenzbereich, in dem keine Störer (z.B. Rundfunksender) vorhanden sind. Bei kleineren Prüflingen kann man das Frequenzband für die Messung bis in eine Höhe von einige Hundert Megahertz wählen. Bei großen Verteiltrafos ist dagegen schon nach einigen Hundert Kiloherz die Dämpfung des TE-Impulses zu hoch. Bei schmalbandigen Messgeräten entspricht 1 pC einer Spannung von nur ca. 0,7µV, was den hohen Aufwand bei der Ermittlung korrekter Werte verdeutlicht.
Teilentladung vermieden werden kann vor allem durch eine entsprechende Konstruktion. Wie aus der Hochspannungstechnik bekannt vermeidet man Konstruktionselemente, die eine Feldkonzentration bewirken (Spitzen, Kanten). Ein größerer Abstand reduziert auch die Gefahr von TE genauso wie das möglichst vollständige Vergießen. Der Einsatz von „Glimmerband“ (anorganische Materialien widerstehen TE erheblich besser) oder anorganisch verstärkter Kunststoffe (z.B. Glasfasern, Al2O3) erhöhen die Lebensdauer der Isolationsmaterialen, wenn Teilentladung nicht vollständig vermieden ist.
Frequenzumrichter, Motoransteuerungen, Wechselrichter und andere Einrichtungen mit nichtsinusförmiger Spannung geraten mit steigender Leistung und Leistungsdichte immer mehr in den Bereich, in dem Teilentladung sehr leicht auftreten kann. Ein Radnabenmotor mit 20 kW kann einfach nicht mehr mit Spannungen unter 360V betrieben werden - er würde aufgrund des benötigten Kupferquerschnitts zu schwer werden. Daher müssen sich heutige Entwicklungsingenieure mehr denn je damit beschäftigen, auf welche Art und Weise die Isolationsmaterialien in ihren Konstruktionen belastet werden.
Weitergehende Informationen zu den Versagensgründen für Isolationen findet man auf der Internetseite der CMC Klebetechnik GmbH (www.cmc.de).