Um herauszufinden wie es um die Umsetzung von ergonomischen Maßnahmen in der deutschen Industrie bestellt ist und wie die Wahrnehmung dazu in den Unternehmen ist hat COBA Europe eine Befragung durchgeführt. Mit Hilfe dieser Befragung werden erstmals die innerbetrieblichen Maßnahmen in der Industrie erfasst und statistisch Ausgewertet.
Bisherige Veröffentlichungen zeigen die Ursachen und die kosten durch mit MSE verbundene Krankheitsbilder auf, aber es gibt bisher keine Auswertung, welche Mittel ergriffen werden um die zu mildern oder wie diese Mittel in Betrieben umgesetzt und wahrgenommen werden.
Frage 1
Zwischen 20 und 25% aller Fehlzeiten werden durch MSE (Erkrankungen des Muskel Skelett Apparates) verursacht. Geschätzt sind in ihrem Unternehmen die Zahlen?
Ergebnis
37,5% aller Befragten gaben an, dies sei in ihrem Unternehmen ungefähr gleich.
25% gaben an, dass in ihren Unternehmen weniger Fehltage durch MSE zustande kommen.
18,75% gaben an, dass mehr Fehltage im Unternehmen durch MSE verursacht werden.
18.75% haben hierzu keine Angabe gemacht.
Schlussfolgerung
Über ein Drittel der Angaben stimmen mit Durchschnittwerten, die jährlich von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) veröffentlich werden, überein. Gewisse Schwankungen um das Mittel sind statistisch normal. Die Zahlen lassen jedoch annehmen, dass viele Unternehmen sich der Ursachen für Fehlzeiten nicht bewusst sind. Dies ist betriebswirtschaftlich in der heutigen Zeit kaum zu verstehen. Fehlzeiten sind ein immenser Kostenfaktor und es sollte jede Möglichkeit wahrgenommen werden, um diese Zahlen zu minimieren.
Frage 2
Maßnahmen zur Verbesserung der Ergonomie fördern die Gesundheit der Mitarbeitenden, verringern den Krankenstand sowie Fehlzeiten und erhöhen die Produktivität. Für Durchführung, Überwachung und Verbesserung ergonomischer Maßnahmen ist in unserem Unternehmen zuständig? (Mehrfachauswahl möglich. Es gab drei Verantwortlichkeiten zur Auswahl.)
Ergebnis
53,33% gaben an, dass diese Verantwortung beim Arbeitssicherheitsbeauftragten liegt.
46,67% gaben an, dass Abteilungs- und Schichtleiter in der Verantwortung stehen.
46,67% meinten, dies sei eine Aufgabe für das Management und die Unternehmensführung.
Schlussfolgerung:
Wie es scheint, gibt es keine einheitliche Regelung in der deutschen Industrie wo die Verantwortung für ergonomische Maßnahmen in Unternehmen liegt. Auffallend ist, dass Management und Unternehmensführung hier nicht einen weit höheren Anteil in der Gesamtwahrnehmung der Befragten einnehmen.
Frage 3
Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Ergonomie am Arbeitsplatz sind in Ihren Unternehmen schon umgesetzt? (Mehrfachauswahl möglich. Es gab 5 Maßnahmen zur Auswahl.)
Ergebnis
Verbesserte Beleuchtung: 73,33%
Höhenverstellbare Arbeitsplätze (Montagetisch, Materialbereitstellung, etc.): 66,67%
Wechsel zwischen Sitzen und Stehen bei der Arbeit: 73,33%
Ergonomische Schuhe: 26,67%
Ergonomische Arbeitsplatzmatten: 33,33%
Schlussfolgerung:
Die Zahlen verdeutlichen, dass in vielen Unternehmen Maßnahmen zu Gesundheitsförderung der Mitarbeiter ergriffen werden. Jedoch scheinen die Maßnahmen nicht koordiniert zu sein und einfache Mittel wie der Einsatz von ergonomischem Schuhwerk und Anti-Ermüdungsmatten nehmen die letzten Plätze ein.
Die Zusammenhänge zwischen der Belastung durch Stehen (in Gegensatz zu Beleuchtung oder Heben) scheinen immer noch nicht in das Bewusstsein vieler Verantwortlicher vorgedrungen zu sein. Es gilt diese Zusammenhänge zu verstehen, um wirksame Maßnahmen im Unternehmen umsetzen zu können.
Frage 4
Vorschläge zur Verbesserung der Gesundheit am Arbeitsplatz können und werden gemacht von? (Mehrfachauswahl möglich. Es gab 4 Auswahlmöglichkeiten.)
Ergebnis
Arbeitssicherheitsbeauftragter: 62,5%
Abteilungs- oder Schichtleiter: 62,5%
Management: 62,5%
Mitarbeiter: 93,75%
Schlussfolgerung:
Die Verantwortung, Probleme an Arbeitsplätzen zu erkennen, zu analysieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen scheint über Führungsebenen verteilt. Es fällt auf, dass die Hauptverantwortung bei den Mitarbeitenden liegt. Ob diese im täglichen Arbeitsablauf die Zeit und das notwendige Fachwissen haben, um solche Vorschläge zu entwickeln, bleibt jedoch fraglich. Die Mitarbeitenden werden jedoch über reichhaltige Erfahrungswerte verfügen.
Frage 5
Ich empfinde die Situation in unserem Unternehmen in Bezug auf Informationen zu Ergonomie und Arbeitsgesundheit?(Eine Auswahl auf einer Skala von -3 für „Sehr schlecht“ bis 3 für „Sehr gut“
Ergebnis:
Im Durschnitt hat sich ein neutrales Ergebnis von 0 ergeben. Bemerkenswert ist allerdings, dass mehr positive Antworten im Bereich 1 und 2 waren (keine im Bereich 3 für sehr gut) und bei den negativen Einschätzungen der Großteil mit -2 und -3 geantwortet hat.
Schlussfolgerung:
Obwohl den Mitarbeitenden die Hauptverantwortung (in Frage 4 erörtert) zur Findung von Lösungen zugeschrieben wird, scheint es am nötigen Informationsfluss zu fehlen. Ohne die richtige Information wird es schwer, egal ob Mitarbeitende oder Führungskräfte, einen ganzheitlichen Lösungsansatz zu entwickeln, der gewünschte gesundheitliche Verbesserungen am Arbeitsplatz erreicht. Es gilt Informationen von Experten mit dem notwendigen Fachwissen einzuholen und diese allen zugänglich zu machen.
Frage 6
Ich empfinde die Situation in unserem Unternehmen in Bezug auf Umsetzung von ergonomischen Maßnahmen?(Eine Auswahl auf einer Skala von -3 für „Sehr schlecht“ bis 3 für „Sehr gut“)
Ergebnis
Auch hier hat sich ein neutrales Ergebnis von 0 herausgestellt. Die Verteilung der Antworten war weitestgehend gleichmäßig über die Skala verteilt.
Schlussfolgerung:
Die Verteilung der Angaben zeigt, dass das Thema Ergonomie in einigen Unternehmen die notwendige Aufmerksamkeit bekommt, in anderen noch Verbesserungsbedarf besteht und einige hier noch gar nicht tätig sind.
Frage 7
Verantwortung des Unternehmens in Sachen Mitarbeitergesundheit?(Eine Auswahl auf einer Skala von -3 für „Sehr schlecht“ bis 3 für „Sehr gut“)
Ergebnis
Im Durschnitt wurde ein positives Ergebnis von 1 erzielt. Die meisten Antworten lagen im positiven Bereich. Die geringere Anzahl an negativen Einschätzungen hatte allerdings zumeist einen stärkeren Ausschlag zu „schlecht“ oder „sehr schlecht“.
Schlussfolgerung
Die Verteilung der Angaben zeigt, dass viele Unternehmen als positiv wahrgenommen werden, wenn es um die gesundheitliche Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden geht. Dem stehen Unternehmen gegenüber, die der Wahrnehmung nach in einem Bereich liegen, der nicht mehr zeitgemäß ist. Diese Unternehmen laufen nicht nur Gefahr, wirtschaftliche Ausfälle durch Krankmeldungen zu erfahren, sondern auch eine Abwanderung von qualifizierten Mitarbeitenden.
Frage 8
Mitsprache bei der Arbeitsplatzgestaltung in Bezug auf Gesundheit?(Eine Auswahl auf einer Skala von -3 für „Sehr schlecht“ bis 3 für „Sehr gut“,)
Ergebnis
Insgesamt lag das Ergebnis mit einem Wert von 1 im positiven Bereich. Bemerkenswert ist, dass die meisten Antworten in den Extrembereichen „sehr gut“ oder „sehr schlecht“ gegeben wurden.
Schlussfolgerung
Die Verteilung der Angaben zeigt ein zwiegespaltenes Bild. Obwohl das Ergebnis allgemein positiv ausfällt, lassen die extremen Antworten auch den Rückschluss zu, dass es Unternehmen gibt, die Arbeitsplatzgestaltung in Bezug auf Gesundheit nicht berücksichtigen. Es ist davon auszugehen, dass für die entsprechenden Unternehmen schwer (werden) wird, qualifiziertes Personal zu finden und zu halten.
Abschlussbewertung
Das Thema „Ergonomie und Gesundheit am Arbeitsplatz“ ist in den meisten Unternehmen ‚irgendwie‘ angekommen, aber längst nicht so prominent, wie es vielleicht notwendig wäre, um sich als zukunftsorientiertes Unternehmen darzustellen.
Viele Unternehmen leisten mittlerweile gute Arbeit in diesem Bereich, die von den Mitarbeitenden auch anerkannt wird. Ergonomische Maßnahmen sind kein Bonus für die Mitarbeitenden, auch kein Extra, um die Arbeit angenehmer zu machen. Investitionen in die Gesundheit der Belegschaft sind vielmehr ein elementarer betriebswirtschaftlicher Faktor, um Fehlzeiten zu reduzieren, die Zufriedenheit im Betrieb zu steigern und dadurch auch die Produktivität zu verbessern. Nur Unternehmen, die die Gesundheit der Mitarbeitenden fördern und schützen, werden über lange Zeit in der Lage sein, ein attraktives, nachhaltiges und auch profitables Geschäftsmodel zu besitzen.