Und nun plötzlich stehen IT-Unternehmen vor existentiellen Herausforderungen. Grund genug den Unternehmensverkauf weiter nach hinten zu schieben?
Wir meinen NEIN.
Die Prozesse eines Unternehmensverkaufs benötigen mehr Zeit als man denkt und dies gilt vor allem für mittelständische Software-Unternehmen unter 3 Mio. € Umsatz. Gerade die Größenklasse von ca. 0.8 Mio. € - 3 Mio. € Umsatz machen rund 4.000 Unternehmen aus, zuzüglich ca. 10.000 Systemhäuser.
Für einen Unternehmensverkauf ist ein „Verkaufsmemorandum“ zu erstellen, das potentielle Interessenten alle Informationen geben sollte, die sie benötigen, um das Unternehmen zu beurteilen.
Gerade Unternehmensmakler versuchen auf dieses „Dokument“ zu verzichten und verschieben diese Informationen auf die Phase der due diligence, in der der Käufer alle Verträge, Kennzahlen etc. überprüft, um sicher zu sein, dass er keine böse Überraschungen erlebt.
Wenn man davon ausgeht, dass es mehrere Interessenten geben wird, entsteht das Problem, dass die verkaufenden Unternehmer den Interessenten viele unterschiedliche z.T. sehr arbeitsintensive Fragen beantworten müssen, die sie neben dem Tagesgeschäft zu erarbeiten haben – und hoffentlich sind diese Informationen konsistent und richtig. Ein „Verkaufsmemorandum“ nimmt deshalb viel Arbeit ab.
Für einen Unternehmensverkauf ist es absolut notwendig, alle wichtigen Verträge parat zu haben die von Käuferseite aus geprüft werden (in der due diligence Phase). Umso älter das Unternehmen ist, umso öfter sind diese Informationen nicht an einem Ort, sondern müssen erst gesucht werden.
Weiterhin gibt es ggfls. „Spassverderber“, die nicht kurzfristig geändert werden können wie z.B. die Altersvorsorge der Gesellschafter die z.T. bedingt durch die 0-Zinspolitik ggfls. nicht ausreichend abgesichert ist. Aber auch eine Immobilie im Firmenvermögen könnte problematisch werden, weil potentielle Käufer meist keine Immobilie erwerben möchten.
Unternehmensverkäufer unterschätzen oft wie wichtig es ist, dass das Unternehmen gut – prozessorientiert – organisiert ist und es einfach einen guten Eindruck machen sollte, wenn man es „besucht“.
All diese Punkte und noch mehr sind nicht kurzfristig zu erledigen und sprechen für eine rechtzeitige Beschäftigung mit der Unternehmensnachfolge.
COVID-19 ist ein weiterer Punkt, warum die Beschäftigung mit der Unternehmensnachfolge wichtig ist. Wie sieht es z.B. mit dem NOTFALLKOFFER in IT-Unternehmen aus? Was, wenn der Eigentümer Opfer der Seuche wird. Wer hat Bankvollmacht? Wie lauten die Passwörter? Wer erbt? Wer bezahlt die Mitarbeiter und viele Fragen mehr. Ein Unternehmensmemorandum kann in solchen Situationen auch zum Überleben des Unternehmens beitragen.
In der Grafik haben wir dargestellt, wann IT-Unternehmer das Thema Unternehmens-zu und –verkauf i.d.R. auf der Agenda haben. Aus Erfahrung können wir berichten, dass Kunden und potentielle Neukunden der IT-Unternehmen oft nach einer Nachfrageregelung fragen und ihre Entscheidung für eine Zusammenarbeit davon abhängig machen. Gesundheitliche Probleme der Unternehmensinhaber können so schnell dazu führen, dass ein gut laufendes Unternehmen dramatisch an Wert verliert.
Sollte sich die Wirtschaft zum Jahreswechsel wieder erholen, spricht vieles dafür, dass die IT-Branche am schnellsten wieder zu alter Stärke zurückfindet. Negative Betriebsergebnisse aus der „Coronazeit“ werden bei der Unternehmensbewertung nicht so ins Gewicht fallen wie „schlechte“ oder negative Ergebnisse, die selbst verschuldet wurden.