Herr Siemons, welchen Stellenwert hat die Essen Motor Show für den Reifenhersteller Continental?
Continental ist Innovations- und Technologieführer im Tuning-Segment. Die Produktpalette mit ContiForceContact, ContiSportContact 5 P und ContiSportContact 5 unterstreicht die besondere Marktstellung im Bereich der Sportreifen. Passend zur Jahreszeit belegen die aktuellen Reifentests der Fachpresse, dass dies auch für sportliche Winterreifen gilt. Gerade erst wurde der brandneue und extrem sportliche WinterContact TS 850 P von AutoBild sportscars mit der Höchstnote "vorbildlich" ausgezeichnet. Der ContiWinterContact TS 850 siegte beim ADAC, bei der Auto Zeitung sowie bei auto motor und sport. Die sportwagen- und motorsportaffinen Leser von Sport Auto haben uns mit großem Vorsprung erneut zur Best Brand in der Kategorie Winterreifen gewählt. In Essen treffen wir auf ein vergleichbar fahrzeug- und fahrzeugzubehörinteressiertes Publikum mit einem extrem hohen Qualitätsanspruch. Die Zahl der tuningaffinen Endverbraucher, die sich im Premiumsegment nur mit der besten Lösung zufrieden geben, steigt. Das kommt den Produkten von Continental entgegen. Insofern ist die Präsenz von Continental in Essen Ausdruck der besonderen Marktstellung. Darüber hinaus belegen Umfragen des Verbandes der Automobil-Tuner, dass Messen für Endverbraucher gleich nach Fachzeitschriften und dem Internet die zweitwichtigste Informationsquelle darstellen. Interessanter Weise ist diesen Umfragen zufolge die Bedeutung des Internets rückläufig, wohingegen die Bedeutung der Messen leicht zu steigen scheint.
Continental ist seit vielen Jahren regelmäßig in Essen dabei. In diesem Jahr haben Sie das Standkonzept verändert. Die beteiligten Tuningpartner zeigen nicht nur Fahrzeuge auf Continental-Reifen, sondern auch solche auf Pneus von Semperit und Uniroyal. Wie kam es dazu?
Im Fokus der Ausstellung stehen selbstverständlich der Sport-Event-Reifen ContiForceContact sowie der ContiSportContact 5 P und der ContiSportContact 5. Richtig ist aber, dass unser Tuning- und Ausstellungspartner Lorinser einen Mercedes A Klasse mit dem neuen Uniroyal RainSport 3 ausgestattet hat. AC Schnitzer präsentiert einen veredelten MINI Cooper auf dem Speed-Life von Semperit. Damit tragen wir unter anderem der Tatsache Rechnung, dass Tuning sich nicht auf die Veredelung von extrem hochwertigen und extrem sportlichen Boliden beschränkt und damit ausschließlich eine Angelegenheit äußerst kaufkräftiger Verbraucher ist. Tatsächlich ist Tuning vor allem ein Weg, über den Fahrzeugbesitzer ihre Individualität zum Ausdruck bringen. Deshalb ist Fahrzeugveredelung ein Aspekt, der kein Fahrzeugsegment und keine Altersgruppe auslässt. Und für preissensitivere Verbraucher mit Fahrzeugen, die nicht im High-End-Bereich bewegt werden, kann es unter Umständen Sinn machen, auf eine der Qualitätsmarken aus unserem Hause zu setzen.
Dem Wunsch nach Individualisierung kommen die Fahrzeughersteller mit zunehmender Ausweitung des Originalzubehör-Programms zunehmend selbst entgegen...
Das ist richtig. Tatsächlich ist dieser Umstand einer der wesentlichen Gründe für Veränderungsentwicklungen innerhalb der Branche. Je hochwertiger und individueller das Angebot der Fahrzeughersteller bereits ab Werk ist, desto anspruchsvoller ist die Aufgabe der Tuner im Rahmen der Veredelung. Tuning entwickelt sich zu einem Geschäftsfeld, das nur noch reine Spezialisten dauerhaft erfolgreich betreiben können. Diese sind bereits zu großen Teilen dazu übergegangen, sich auf bestimmte Herstellermarken zu konzentrieren und bündeln auf ihrem Fachgebiet umfassendes Know-how. Die markenspezifischen Fahrzeugveredler haben sich in diesem Rahmen zu Manufakturen entwickelt, deshalb stehen sie heute auch weniger untereinander im Wettbewerb als vielmehr mit den Fahrzeugherstellern. Angesichts des großen Verbraucherwunsches nach Individualisierung sehe ich die Tuner in diesem Wettbewerb gut aufgestellt. Allerdings treiben die zunehmenden High-End-Lösungen Aufwand und Kosten.
Wie entwickelt sich die Tuning-Branche aus Sicht der Reifenhersteller?
Reifen haben im Tuning-Paket nach wie vor einen außerordentlich hohen Stellenwert. Mehr als ein Viertel aller Branchenumsätze entfallen seit vielen Jahren stabil auf Rad-Reifen-Kombinationen. Dabei sind die Leistungsanforderungen der führenden Fahrzeugveredler an die verwendeten Pneus sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Dazu haben unter anderem die zunehmenden Motorleistungen und die damit verbundenen gestiegenen Höchstgeschwindigkeiten der Fahrzeuge beigetragen. Entsprechend dynamisch haben sich die verwendeten Größen entwickelt. Größen ab 20 Zoll aufwärts verzeichnen europaweit ein erhebliches Wachstum. Herkömmliche Reifen können im Tuning immer weniger eingesetzt werden. Der Entwicklungs-Aufwand für spezielle Produkte oder für Modifikationen bestehender UHP-Reifen ist enorm und kann außer von Continental nur noch von wenigen Herstellern geleistet werden. Auch das Nachfrageverhalten von Verbrauchern hat sich in den vergangenen Jahren zu Gunsten der Reifen weiter verändert. Sicherheit, Sportlichkeit und Individualität sind heute die wesentlichen Triebfedern für Fahrzeugveredelung. Die ersten beiden Aspekte können wir ganz entscheidend beeinflussen. Gleichzeitig ist der Trend zum sportlichen Wintereinsatz ist unübersehbar.
Wie kommt es, dass dieser Trend zum sportlichen Wintereinsatz erst jetzt einsetzt?
Das liegt vor allem daran, dass Winterreifen lange Zeit die nötige Hochgeschwindigkeits-Tauglichkeit gefehlt hat. Der ContiWinterContact 790 V XL war im Jahr 2000 der erste Winterreifen, der an allen Pkw Geschwindigkeiten bis 240 km/h ermöglichte. Bis dahin standen die Entwickler vor dem Problem, dass diese Pneus wegen der Lamellierungen und der speziellen Mischungen stärkeren Verformungen ausgesetzt waren als Sommerreifen. Etwa ab 210 km/h traten zusätzliche Schwingungen auf, die weitere Wärme produzierten. Und diese konnte zunächst nicht abgeleitet werden. Bis die Experten eine neue Kontur ersannen: das Advanced Mould Concept, AMC. Dabei wird die Aufstandsfläche eher oval gestaltet, statt quadratisch. Die Reifen wurden deutlich schwingungsärmer und damit belastbarer auch bei hohen Geschwindigkeiten. Nach zahlreichen Weiterentwicklungen schloss schließlich der ContiWinterContact TS 830 P endgültig die letzte Lücke im High-End-Segment. Der speziell auf Fahrzeugstabilisierungssysteme abgestimmte Wintersportler wird auch den extremen Ansprüchen von Kraftpaketen wie dem Porsche 911 oder dem Maserati GranSport Coupé gerecht. Die schrittweise Ablösung erfolgt in diesem Winter durch den noch sportlicheren, noch dynamischeren und noch sichereren WinterContact TS 850 P.
In den vergangenen Monaten sind die Neuzulassungen in allen europäischen Märkten zum Teil deutlich zurückgegangen. Wird sich diese Entwicklung nicht negativ auf die Branche auswirken?
Die Situation ist heute positiver als noch vor einem Jahr. Dennoch kamen 2013 rund 360.000 Besucher auf die Essen Motor Show. Das entsprach einer Steigerung um beachtliche sechs Prozent und stellte zugleich einen neuen Besucherrekord dar. Das allein zeigt schon, welche Begeisterung das Automobil an sich und Tuning sowie sportliches Autozubehör im Besonderen nach wie vor auslöst. Auch das Krisenjahr 2008/2009 hat gezeigt, das die Rückgänge des herkömmlichen Pkw-Geschäftes nur zu einem geringen Teil auf die Tuning-Branche durchschlagen. Die Umsatzrückgänge waren moderat und wurden - zumindest von den wesentlichen Marktteilnehmern - schnell überwunden.