Corint Media bittet die Schiedsstelle mit dem gestern eingereichten Antrag, vor allem die Höhe der angemessenen Vergütung für die unstreitige Nutzung der Presseerzeugnisse sowie weitere diskriminierungsfreie Lizenzkonditionen auszuurteilen. Dies ist ein konsequenter Schritt, um bestätigen zu lassen, dass die Zahlungsangebote Googles im untersten Promillebereich nicht nur kartellrechtswidrig, sondern auch urheberrechtlich missbräuchlich unangemessen sind.
Zuvor hatte das Bundeskartellamt bereits Anfang dieses Jahres eine Grundverfügung gegen Google als Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung erlassen und damit den Weg für eine ex-ante-, das heißt eine Vorab-Regulierung nach dem neu geschaffenen § 19a GWB ermöglicht. Zugleich hat das Bundeskartellamt, auf Beschwerde von Corint Media, ein Kartellverwaltungsverfahren gegen Alphabet, ebenso wie gegen Google, wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung vor allem durch die Angebote sogenannter Google News Showcase-Verträge und wegen der darin zum Ausdruck kommenden absichtsvollen Aushöhlung des Presseleistungsschutzrechtes eingeleitet. Erst am 28. Juni 2022 ist Corint Media von der zuständigen Beschlussabteilung des Bundeskartellamtes auch offiziell als Partei zu diesem weiterhin für die Durchsetzung der Verlegerrechte maßgeblichen Kartellverwaltungsverfahren beigeladen worden. Auch die drei Verlegerverbände BDZV, MVFP und VDL haben mittlerweile Parteistatus in diesem wichtigen Kartellverwaltungsverfahren beantragt.
Trotz dieses Vorgehens ist Corint Media bereit, Google auch weiterhin einen Lizenzvertrag in Höhe von 420 Millionen Euro p.a. für das vertretene Rechteportfolio anzubieten. Die genannte Forderungshöhe folgt der im Urheberrecht gängigen Lizenzierungspraxis, 11 Prozent der testierten Umsätze, die mit den Urheber- und Leistungsschutzrechten Dritter erwirtschaftet werden, als angemessene Lizenzzahlungen zu leisten (siehe Grafik anbei). Nachdem Google diese Forderungen als „haltlos“ abgewiesen hatte, hat Corint Media Google erfolglos auch mehrere Interimsvereinbarungen mit interimistisch geringeren Vergütungen angeboten, um zumindest Googles rechtswidrige Nutzung seit dem 7. Juni 2021 (Inkrafttreten des deutschen Presseleistungsschutzrechts) zu beenden und Google so eine rechtstreue Nutzung zu ermöglichen.
Google hat Corint Media eine Zahlung von 3,2 Millionen Euro angeboten, mit der alle Rechte abgegolten sein sollten. Dies entspricht weniger als einem Prozent der Corint Media-Forderungen und weniger als 0,03 Prozent des von Corint Media geschätzten Google-Umsatzes in Deutschland in Höhe von ca. 11,3 Milliarden Euro im Jahr 2021. Dass sich Google – wie aktuell behauptet – um Verhandlungen mit Corint Media bemüht habe, kann Corint Media vor diesem Hintergrund nicht bestätigen.
Entgegen den Darstellungen von Google bilden Presseinhalte den zentralen, übergeordneten Wert für das gesamte Google-Ökosystem. Anschaulich wird dies vor allem an den ständig steigenden Umsätzen der Google-Suchmaschine und des gesamten, von außen nicht einsehbaren, Google-Ökosystems in Deutschland, dessen Umsätze sich in den geprüften Jahresabschlüssen der Google Ireland Ltd. verbergen. Welche überragende Bedeutung Presseerzeugnisse haben, belegen nicht nur die jährlich zweistelligen Umsatzsteigerungen. Auch eine aktuelle Untersuchung von Professor Matthew Elliot der Universität Cambridge kommt beispielhaft zu dem Ergebnis, dass Google allein in Großbritannien rund eine Milliarde Euro direkt und unmittelbar mit Presseinhalten verdient. Der britische Markt macht aber nur rund 70% der Größe des deutschen Markts nach Brutto-Inlandsprodukt (BIP) aus. Im australischen Markt zahlt Google rund 100 Millionen Euro an ausgewählte Presseverleger für die Nutzung ihrer Inhalte. Auch in Frankreich zahlt Google einen hohen zweistelligen Millionenbetrag für die Nutzung einiger Presseleistungsschutzrechte.
Markus Runde und Christoph Schwennicke, Geschäftsführer Corint Media dazu: „Anders als etwa in Frankreich haben wir in Deutschland die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, die Höhe der angemessenen Vergütung durch eine mit hoher Sach- und Fachkunde ausgestattete Schiedsstelle mit jahrzehntelanger Erfahrung ausurteilen zu lassen. Die Schiedsstelle wird als neutrale Instanz feststellen, wie hoch eine angemessene Vergütung für Presseverleger und ihre Redakteure tatsächlich zu sein hat und wie der von Google geschaffene rechtswidrige Zustand zu Lasten der Verleger und ihrer Journalisten jetzt zu beenden ist. Die neutrale Feststellung der Höhe ist von überragender Bedeutung. Für die Durchsetzung des Rechts durch Zahlung einer angemessenen Vergütung gegen den Marktbeherrscher Google ist aber eine Entscheidung des Bundeskartellamts essenziell. Google will jede transparente einheitliche Preisbildung im neu geschaffenen Markt für Presseverlegerrechte verhindern. Genau das war und bleibt aber der erklärte Wille des EU- und deutschen Gesetzgebers. Recht gilt für alle, auch für weltweit agierende Marktbeherrscher. Das ist eines der großen Versprechen unseres Grundgesetzes, das zugleich die Presse und ihre Bedeutung für die Meinungsbildung in partizipativen Demokratien unter den besonderen Schutz des Art. 5 GG stellt. Wir vertrauen auf schnelle Entscheidungen der Schiedsstelle.“