Diese marktorientierten Reformen fallen in die Zeit der schlimmsten Wirtschaftskrise in Kuba seit dem Ende der Sowjetunion vor drei Jahrzehnten. Kubas fragile Wirtschaft war bereits von einer Verschärfung der Wirtschaftssanktionen betroffen, die seit 2017 von der Trump-Regierung eingefürt wurden, und von geringerer Unterstützung Venezuelas, das sich selbst in einer schweren Krise befindet. Die Coronapandemie war ein weiter schwerer Schlag für die kubanische Wirtschaft, die im Jahr 2020 um etwa 11 Prozent geschrumpft sein dürfte. Lateinamerika erlebte insgesamt die schwerste Rezession weltweit, der Karibikstaat ist in der Region am stärksten betroffen. Die Pandemie brachte den Tourismus nahezu vollständig zum Erliegen - eine Hauptquelle für Deviseneinnahmen. Da die Insel stark von Exporten abhängig ist, hat sie außerdem mit dem Mangel an Grundgütern zu kämpfen.
Die angekündigten Reformen sollen die wirtschaftlichen Probleme lindern. Kurzfristig erwartet der Kreditversicherer Credendo jedoch große Herausforderungen während der Systemanpassungen. Das Zwei-Währungssystem wirkte verzerrend und als Hindernis für lokale Lebensmittelproduktion. Die Abwertung - die erste seit der Revolution von 1959 - hat trotz strenger Preiskontrollen die Inflation angetrieben. Die Preiskontrollen erhöhen das Risiko für Nahrungsmangel und Störung von Lieferketten. Bei staatlichen Unternehmen können Insolvenzen und Mitarbeiterabbau drohen. In der Folge dürfte die Unzufriedenheit in der Bevölkerung weiter wachsen.
Mittelfristig sehen die Länderanylsten von Credendo aber positive Effekte, beispielsweise hinsichtlich höherer Produktivität und Effizienz. Die Reformen könnten auch einen Anreiz bieten, mit Joe Biden an die Annäherung zwischen Kuba und den USA zwischen 2014 und 2017 unter Barack Obama anzuknüpfen.
Aktuell bleibt die Einstufung Kubas in die höchste Risikokategorie bestehen. Große Probleme sind weiterhin die Zahlungsunfähigkeit bei der Auslandsverschuldung, die schlechte Zahlungsbilanz und der Mangel an verlässlichen Daten.