Die wirtschaftliche Abhängigkeit Algeriens vom Kohlenwasserstoffsektor hat seit 2014 zu großen Leistungsbilanzdefiziten geführt, erläutert der Kreditversicherer Credendo. Um die Leistungsbilanzdefizite zu verringern, scheinen sich die Behörden mehr auf kurzfristige Maßnahmen zur Importreduzierung zu konzentrieren, anstatt längerfristige Maßnahmen zur Exportdiversifikation in Angriff zu nehmen. So hat die Europäische Kommission in den letzten Jahren mehrere Handelsbeschränkungen wie Einfuhrverbote, Einfuhrquoten und höhere Zölle für bestimmte Produkte verzeichnet. Im Jahr 2019 war es beispielsweise schwierig, Akkreditive von Geschäftsbanken zu bekommen für den Import bestimmter Güter wie Mobiltelefonen. Auch gab es Importquoten für Autoteile und spezielle Zollzuschläge für eine Reihe von Gütern zwischen 30 und 200 %. Das Finanzgesetz 2021 führt zu weiteren Beschränkungen. So ist eine 45-tägige Kreditlaufzeit vorgesehen für alle Importgüter, die direkt auf dem Markt verkauft werden.
Credendo sieht eine wesentliche Schwäche darin, dass Algerien immer noch 75 % seiner Leistungsbilanzeinnahmen aus dem Kohlenwasserstoffsektor bezieht. Schwankungen des Ölpreises haben daher große Auswirkungen. Seit dem Ölpreisverfall 2014 weist das Land aufeinanderfolgende Leistungsbilanzdefizite auf. Darauf wird mit den Importbeschränkungen reagiert.
Die Turbulenzen auf den Ölmärkten im Zuge der Coronapandemie und die fiskalischen Anstrengungen zur Unterstützung der Wirtschaft haben die Haushaltsdefizite vergrößert und Erfolge der Vorjahre zunichte gemacht. Im Jahr 2020 betrug das Haushaltsdefizit wohl 11,5 % des BIP, 2021 könnte es 13,6 % erreichen. Infolgedessen wird die Staatsverschuldung bis 2024 auf etwa 90 % des BIP steigen. 2015 waren es noch 8,7 %.
Positiv sieht Credendo die niedrige Bruttoauslandsverschuldung. Seit der Schuldenkrise in den 1990er Jahren hat die Regierung externe Kredite vermieden. Aktuell wird die Auslandsverschuldung auf weniger als 5 % des BIP geschätzt. Die Behörden konnten auf die umfangreichen Devisenreserven zurückgreifen, um die Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren. Dadurch sind die Reserven seit 2013 allerdings von fast 200 Mrd. USD auf weniger als 50 Mrd. USD gesunken. Credendo bewertet aber auch diese niedrigeren Reserven noch als angemessen, da sie rund ein Jahr Import abdecken. Wenn der Trend aber anhält, könnten die Devisenreserven 2023 aufgebraucht sein.
Credendo stuft das kurzfristige politische Risiko Algeriens unverändert in Klasse 3 (von 7) ein. Ein unerwartet schnellerer Rückgang der Devisenreserven könnte das Rating unter Druck setzen.