Die türkische Lira stand über Monate hinweg unter starken Abwertungsdruck und erreichte historische Rekordtiefs. Trotz einer zweistelligen Inflationsrate und einer starken Abwertung der Wechselkurse zögerte Uysal, die Zinsen zu erhöhen, teilweise unter Druck des Präsidenten. Erdogan gilt als grundsätzlicher Gegner hoher Zinsen. Die Zentralbank hielt den Zinssatz niedrig, um die Wirtschaft anzukurbeln, und nutzte die Währungsreserven zur Eindämmung der Lira-Abwertung. Dies führte allerdings zu einem deutlichen Rückgang der Bruttowährungsreserven.
Die Märkte reagierten positiv auf die Nachrichten und die Lira legte stark zu. Dennoch bleibt die wirtschaftliche Situation der Türkei prekär. Die Wirtschaft leidet unter dem starken Rückgang der Wirtschaftstätigkeit in der Eurozone, in der wichtige Handelspartner sitzen, sowie unter dem starken Rückgang des Tourismus und den Maßnahmen zur Eindämmung der Coronakrise. Der Internationale Währungsfonds (IWF) progonostizierte in seienm jüngsten Weltwirtschaftsausblick einen realen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 5 %. Darüber hinaus ist die Unternehmensverschuldung hoch und lautet meistens auf Fremdwährung. Die Kreditwürdigkeit dürfte sich daher im Zusammenhang mit negativem Wachstum, Wechselkursabwertung und steigenden Finanzierungskosten verschlechtern. Dies hat auch negative Auswirkungen auf die Vermögenswerte des Bankensektors.
Im Wesentlichen aufgrund der schwachen Liquidität ordnet der Kreditversicherer Credendo das kurzfristige politische Risiko in der Türkei in der niedrigen Klasse 5 (von 7) ein. "Die Rahmenbedingungen für Investitionen in und Handel mit der Türkei sind im Moment sicherlich nicht allzu gut. Dennoch begleiten wir unsere Kunden und stellen weiterhin Deckungsschutz für Exporte in die Türkei zur Verfügung", sagte der Credendo-Deutschlandchef Karsten Koch in Wiesbaden.