Verantwortlich dafür, dass die Fallzahlen seit 2009 erstmals wieder steigen, macht Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin „vor allem die Nachwirkung der schwachen Konjunktur im letzten Quartal 2012“. Auf Jahressicht werde sich am neuen Trend nicht viel ändern: Zwar geht Bürgel für die zweite Jahreshälfte 2013 von weniger Fallzahlen aus, rechnet aber mit bis zu 30.500 Firmenpleiten im Gesamtjahr. Das entspräche einem Zuwachs um knapp drei Prozent bzw. um 900 Fälle gegenüber 2012. Folgt man Sellin, dann steht die aktuelle Bürgel Prognose nicht in Widerspruch zu einer verbesserten Konjunktureinschätzung: „Konjunkturprognosen spiegeln die Zukunftserwartungen wider. In den Insolvenzstatistiken zeichnet sich hingegen die Vergangenheit ab“, erklärt der Bürgel Geschäftsführer.
Insbesondere die Industrie meldet neben dem Dienstleistungssektor mehr Firmenpleiten – allen voran Maschinenbau, Druckindustrie, Textilgewerbe sowie Speditions- und Logistikunternehmen. „Firmen halten sich mit ihren Ausgaben angesichts der nachhaltig getrübten Absatzperspektiven zurück. Auch die anhaltende Unsicherheit hinsichtlich der Krise im Euroraum lähmt die bisherige Investitionsbereitschaft“, skizziert Sellin. Gerade Exporteure litten unter der schwächelnden Weltkonjunktur. Im ersten Quartal 2013 wurde vielen Firmen zudem der lange Winter zum Verhängnis. In Summe führen diese Effekte zu einem leichten Anstieg bei den Schäden für die Gläubiger. Diese Schäden liegen im Untersuchungszeitraum bei knapp 16,3 Milliarden Euro und entsprechen einer Steigerung um 1,6 Prozent.
Ein Großteil der Firmeninsolvenzen geht auf das Konto der Bundesländer Nordrhein-Westfalen (5.777), Bayern (1.751), Baden-Württemberg (1.240) und Niedersachsen (1.209). Aussagekräftiger ist indes der Blick auf die so genannte Insolvenzquote: den Anteil der Insolvenzen je 10.000 Unternehmen in einem Bundesland. Auch hier führt Nordrhein-Westfalen die Insolvenzstatistik mit 79 Firmeninsolvenzen je 10.000 Unternehmen an. Über dem Bundesdurchschnitt mit 49 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen rangieren auch Sachsen-Anhalt (61), Sachsen (54), Schleswig-Holstein, Niedersachen und Bremen (jeweils 53) sowie Berlin (51). Knapp unter dem Bundesdurchschnitt liegen Hamburg (48 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen) und das Saarland (47). Am wenigsten Firmeninsolvenzen melden im ersten Halbjahr 2013 Bayern mit 33 Pleiten je 10.000 Unternehmen, gefolgt von Baden-Württemberg (35) und Brandenburg (39).
Auch wenn die Insolvenzstatistik in einigen Bundesländern nur geringfügig anzieht: In 12 der 16 Länder steigen die Fallzahlen bei den Firmeninsolvenzen an – allen voran in Thüringen mit 6,3 Prozent mehr Firmeninsolvenzen. Aber auch in Baden-Württemberg (plus 6,2 Prozent) und Hessen (plus 5,9 Prozent) sind im Untersuchungszeitraum mehr Firmen von einer Insolvenz betroffen. Weniger Fälle verzeichnen hingegen das Saarland (minus 6,0 Prozent), Bremen (minus 1,8 Prozent), Bayern und Schleswig-Holstein (beide minus 1,0 Prozent).
Gewerbebetriebe und GmbHs sind in den ersten sechs Monaten des Jahres am stärksten von Firmeninsolvenzen betroffen. Insgesamt wurden 6.391 Gewerbebetriebe zahlungsunfähig – das entspricht einem Anteil von 41,6 Prozent an der Insolvenzstatistik. Bei den GmbHs kam es zu 5.941 Insolvenzfällen (Anteil an der Insolvenzstatistik: 38,7 Prozent). Den mittlerweile drittstärksten Anteil von 5,7 Prozent am Firmeninsolvenzgeschehen in Deutschland macht die Rechtsform der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) aus. Diese Rechtsform hat im vergangenen Halbjahr 11 Prozent mehr Insolvenzen verursacht als noch im Referenzhalbjahr 2012.
Weiterhin ein Großteil der Firmeninsolvenzen in Deutschland resultiert aus Neugründungen. Insgesamt mussten 3.808 Firmen, die nicht länger als zwei Jahre am Markt aktiv waren, Insolvenz anmelden. Somit gehen knapp ein Viertel aller Firmeninsolvenzen in Deutschland auf das Konto von Neugründungen. Gerade in der Startphase sorgt vor allem eine fehlende Kapitalausstattung für Finanzierungsschwierigkeiten. Auch scheitern Neugründungen, wenn sich deren Geschäftsideen als nicht marktgerecht erweisen. Zudem machen den Gründern vor allem Marktveränderungen, strategische Fehlentscheidungen und mangelnde fachliche Kompetenz zu schaffen.
Hauptursachen für Unternehmenspleiten sind das Ausbleiben neuer Aufträge bzw. die Stornierung oder die Verschiebung bereits erteilter Aufträge. Auch das Zahlungsverhalten von Kunden wirkt sich unmittelbar auf die Liquidität von Unternehmen aus. Insbesondere Firmen, die mit hohen Zahlungsausfällen kämpfen müssen, haben nur einen begrenzten Finanzierungsspielraum. So werden Dominoeffekte angestoßen, die mit Zahlungsverzögerungen, Liquiditätsengpässen und Finanzierungsschwierigkeiten beginnen und schließlich manches Unternehmen in die Insolvenz treiben. Aktuell sind rund 20 Prozent der Unternehmensinsolvenzen von diesen Dominoeffekten betroffen. Zudem sind oftmals Managementfehler für ein erhöhtes Insolvenzrisiko verantwortlich. So können falsche Markteinschätzungen oder fehlerhafte Produktplanungen sowie Investitionsfehler zum Scheitern von Unternehmen führen – ebenso wie eine mangelnde Wettbewerbsfähigkeit.