Sie stimmen uns sicher zu, Herr Schetter, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen die Grundlage für alle KYC-Prozesse sind. Nachdem 2020 die 5. EU-Geldwäscherichtlinie in Kraft getreten ist, kam im August 2021 eine Aktualisierung – wer dachte, dass die Anforderungen für Unternehmen geklärt waren, hat sich getäuscht. Kann mit der jetzigen Fassung der Geldwäscherichtlinie langfristiger geplant werden?
Stefan Schetter: Ehrlich gesagt: Nein. Zuletzt hat die EU-Kommission im Juli 2021 vier Vorschläge vorgebracht, um strikter gegen Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und Wirtschaftskriminalität vorzugehen. Dabei wurden explizit die bisherigen Maßnahmen im Rahmen der aktuellen Richtlinien in Frage gestellt. Dazu passt auch die Einführung der Anti Money Laundering Authority (AMLA), die 2024 ihren Dienst aufnehmen und als überwachendes Organ für nationale Aufsichtsbehörden (zum Beispiel die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin) dienen soll. Ob es bei diesen Schritten bleibt, ist schwer abzusehen. Kurz- und mittelfristig stehen auf jeden Fall weitere Novellen und Anpassungen der Richtlinien bevor.
Was bedeutet das für Unternehmen und KYC-Verantwortliche?
Stefan Schetter: KYC-Prozesse bleiben für Unternehmen und die zuständigen Mitarbeiter auch dadurch herausfordernd. Bei CRIF beobachten wir schon länger, dass die kontinuierlichen Anpassungen der Richtlinien dazu führen, dass Unternehmen, die ihre Prozesse gerade gut organisiert hatten, dazu gezwungen sind, einen Schritt zurück zu machen und sich zum Beispiel wieder stärker auf manuelle Bearbeitung zu verlassen. Ihre Systeme und Prozesse lassen sich nicht ohne Weiteres an neue Regularien anpassen.
Erschwerend hinzu kommt, dass die häufigen Prozessanpassungen im Unternehmen kaum vermittelbar sind. Dabei hilft es nicht, dass derartige Compliance-Aufgaben keine direkten Einnahmen generieren. Werden die Neuerungen allerdings nicht sorgfältig und korrekt umgesetzt, drohen Strafen, die bis zum vorübergehenden Verbot des Neukundengeschäfts führen können – wie wir an der Drohung der BaFin an N26 im August gesehen haben.
Nun wird aber ja nicht mit jeder Novelle das Rad neu erfunden. Wer einen erprobten KYC-Prozess etabliert hat, sollte davon dann ja nur wenig betroffen sein.
Stefan Schetter: Natürlich stehe ich als Unternehmen mit einem gut sortierten KYC-Prozess erst einmal besser da als eines, das sich dem Thema noch gar nicht angenommen hat. Das Stichwort ist allerdings Komplexität. Mit den Neuerungen steigen nicht nur die Anforderungen, es erhöht sich auch die Zahl und Art der Ausnahmen und Sonderfälle. Um die zuständigen Mitarbeiter zuverlässig auf dem neuesten Stand zu halten, braucht es kontinuierliche Schulungen und zentrale Systeme.
Die Realität sieht oft anders aus. Besonders dann, wenn die Geschäftspartner komplexe Unternehmensstrukturen aufweisen, wie es oft bei Projektfinanzierungen, Fonds oder Stiftungen der Fall ist oder sie Verbindungen ins Ausland haben, stoßen selbst erprobte Kollegen an ihre Grenzen. Im Ausland ist vor allem die Datenbeschaffung ein zeitintensives, komplexes Unterfangen. Die Quellen unterscheiden sich von Land zu Land, der Zugang erfolgt mal über öffentlich zugängliche Portale, mal nur mit vorheriger, gegebenenfalls kostenpflichtiger, Autorisierung. Müssen dann noch Übersetzungen vorgenommen werden, kann sich der Prozess durchaus über mehrere Wochen erstrecken. Von welchen Kunden kann man für eine so lange Wartezeit heute noch Verständnis erwarten? Dabei dann auch noch eine sorgfältige Ablage zu führen, ist ohne die Unterstützung eines zentralen Systems eine große Herausforderung.
Inwiefern löst ein zentrales System die beschriebenen Probleme?
Stefan Schetter: Zunächst einmal hilft ein zentrales System dabei, Prozesse zu vereinheitlichen und das Datenmanagement zu vereinfachen. Wir sehen immer wieder, dass dort, wo mit dezentralen und aus verschiedenen Anbietern zusammengesetzten Systemen gearbeitet wird, gehäuft Fehler auftreten: Fehlerhafte oder unlesbare Referenznummern, falsch zusammengefügte Abfrage-Ergebnisse oder große Unterschiede in der Datenverarbeitung von Standort zu Standort sind nur einige Beispiele. Ein digitales, zentrales System erlaubt Zugriff von allen Standorten, lässt sich von einem Administrator für alle Anwender gleichzeitig anpassen, minimiert manuelle Fehlerquellen und sorgt für sauberes Datenmanagement.
CRIFs KYC MORE ist ein Beispiel für eine solche Lösung. Das Angebot liefert eine digitale Oberfläche, auf die von allen zuständigen Mitarbeitern im Unternehmen zugegriffen werden kann. CRIF übernimmt dann nicht nur die eigentliche Ermittlung der Eigentümer- und Kontrollstrukturen, sondern liefert die Ergebnisse und benötigten Nachweise auch auf strukturierte, digitalen Weise und minimiert so Fehlerquellen.
Und die Schwierigkeiten der Komplexität und wiederkehrender Neuerungen?
Stefan Schetter: Auch die lassen sich mit einer Lösung wie KYC MORE vermeiden. Dadurch, dass die gesamte Ermittlungsarbeit an die Experten bei CRIF ausgelagert wird, kann auch die Verantwortung dafür abgegeben werden, seine Prozesse den Gesetzesänderungen anpassen zu müssen. Für den Unternehmer bleibt die Nutzung über die Plattform unverändert – CRIF sorgt dafür, dass die Ermittlung und Nachweiserfassung stets gesetzeskonform verlaufen. Auch die Ausnahmen und Sonderfälle fallen mit KYC MORE für den Nutzer nicht mehr ins Gewicht. Die Experten bei CRIF haben nicht nur viele Jahre Erfahrung mit dieser Arbeit, CRIF ist auch ein als Primärquelle zugelassener Datendienstleister – eine wichtige Voraussetzung, um zum Beispiel Informationen im Ausland zu beschaffen.
Als Informationsdienstleister kommt CRIF darüber hinaus oft schneller an die benötigten Daten als ein interner Mitarbeiter. Das liegt schlichtweg daran, dass CRIF kontinuierlich auf verschiedenste Datenquellen Zugriff hat. Für die KYC-Recherche ist CRIF mit vielen nationalen Handelsregistern vernetzt, kennt sich aus mit den unterschiedlichsten Datenbanken und Transparenzregistern und kann nicht zuletzt auch auf eigene Datenarchive zugreifen, um die benötigten Informationen zu bekommen.
Wie würden Sie die Vorteile einer Lösung wie KYC MORE zusammenfassen?
Stefan Schetter: Der wesentliche Gedanke ist: KYC MORE ermöglicht es, einen hoch komplexen Prozess auszulagern. Statt sich auf Eigenrecherchen zu verlassen, erfasst der Nutzer seine Abfrage im Self-Service-Portal der Plattform und wartet dann nur noch auf das Ergebnis – welches ihn schnell und sorgfältig dokumentiert erreicht.
Das macht nicht nur den KYC-Prozess, sondern den gesamten Kundenabwicklungsprozess effizienter. Das spart Zeit, minimiert das Fehlerrisiko und erhöht die Kundenzufriedenheit. CRIFs KYC MORE Angebot lässt sich darüber hinaus modular erweitern – muss zum Beispiel auch die Identität von Privatkunden verifiziert werden, lässt sich das problemlos im gleichen System erfassen. So sind immer alle benötigten Informationen über eine Schnittstelle verfügbar.