So viele Insolvenzen wie vor dem Krisenjahr 2008
Laut der Datenbank von Bürgel schlitterten im Jahr 2011 insgesamt 30.294 Firmen in Deutschland in die Zahlungsunfähigkeit. Das sind 6,2 Prozent weniger als im Vorjahr. "Die gute Konjunktur im vergangenen Jahr hat sich positiv auf die Zahl der Firmeninsolvenzen ausgewirkt", kommentiert Dr. Norbert Sellin, Geschäftsführer der Hamburger Wirtschaftsauskunftei BÜRGEL. Die Fallzahlen bewegten sich laut der Studie "Firmeninsolvenzen 2011" auf dem Niveau von vor der Finanz- und Wirtschaftskrise. Nur 2007 gab es weniger Insolvenzen als im vergangenen Jahr 2011.
Extrem gute Finanzierungsbedingungen
"Die deutschen Firmen ernten jetzt die Früchte der letzten zehn Jahre", sagt Steffen Henzel, Volkswirtschafts- und Arbeitsmarktexperte vom Institut für Wirtschaftsforschung (ifo) in München. "Die Unternehmen sind sehr wettbewerbsfähig und durch die Lohnzurückhaltung der vergangenen Jahres sehr produktiv", führt der ifo-Fachmann aus. Und laut der "Diagnose Mittelstand 2012" des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands stieg die Eigenkapitalquote bei mittelständischen Unternehmen in den vergangenen Jahren sogar an. Mit gut 18 Prozent liegt sie demnach auf dem höchsten Niveau seit Beginn der Berechnungen im Jahr 1995.
ifo-Experte Henzel betont außerdem, dass die extrem guten Finanzierungsbedingungen derzeit den deutschen Unternehmen das Leben angenehm mache. "So kommen die Firmen leicht an günstige Kredite." Das wirke sich besonders sichtbar gerade in der Bauwirtschaft aus, sei aber ein Effekt, von dem viele Bereiche profitierten. Und auch wenn das Schreckgespenst Inflation als Folge der hohen Staatsverschuldungsquote in Europa und der Geldschwemme der EZB immer präsent sei - noch müssen die deutschen Unternehmen die steigenden Kosten nicht fürchten.
Langfristige Gewinner haben ihre Abnehmer in Deutschland
Dennoch bleibt auch die deutsche Wirtschaft von den Erschütterungen im Euroraum nicht unberührt. In einer Umfrage der IW Consult, einer Tochtergesellschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, geben im Frühjahr 2012 etwa drei von zehn deutschen Unternehmen an, von der Euro-Krise betroffen zu sein.
Ifo-Fachmann Henzel sieht Schwierigkeiten am ehesten für die Firmen, die gerade in Länder wie Griechenland, Irland oder Spanien exportieren. Sie bekommen die Probleme dort hautnah mit. Die langfristigen Gewinner der Krise sieht Henzel dagegen bei denen, die im Land ihre Abnehmer haben. Und da besonders bei den Dienstleistern. Und das nicht trotz, sondern gerade wegen der Euro-Unsicherheit: "Sparen lohnt sich nicht, wenn keiner weiß, wo es hingeht mit dem Geld." Und deshalb werden die Deutschen wieder mehr Geld ausgeben und es sich gut gehen lassen. Und damit den Unternehmen.