Dieser Vorgang gilt für die Verbraucher als unproblematisch, solange diese Zahlungsverpflichtungen sowie die fälligen Ausgaben zur Sicherung des Lebensunterhalts bezahlt werden können. Ist dies nicht der Fall und das Einkommen der Verbraucher reicht über einen längeren Zeitraum nach Abzug der Lebenshaltungskosten trotz Reduzierung des Lebensstandards nicht zur fristgerechten Schuldentilgung aus, gilt die Person als verschuldet.
Merkmale der absoluten Verschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit von Privatpersonen sind die sogenannten harten Negativmerkmale Haftanordnungen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und die Verbraucherinsolvenz. Mit diesen drei zentralen Indikatoren kann ein wesentlicher Teil der absolut überschuldeten Personen abgebildet werden.
Eine aktuelle Auswertung (Stand Mai 2012) der Wirtschaftsauskunftei Bürgel zeigt, dass 3,6 Millionen Bundesbürger in Deutschland ein hartes Negativmerkmal aufweisen - sie gelten demnach als verschuldet.
Eine regionale Analyse zeigt, dass die Privatpersonen in Bremen, Berlin und Sachsen-Anhalt besonders unter Zahlungsschwierigkeiten leiden. Der Anteil der Einwohner über 18 Jahren, die mindestens ein hartes Negativmerkmal aufweisen liegt in Bremen bei 7,16 Prozent, in Berlin bei 7,15 Prozent und in Sachsen-Anhalt bei 6,25 Prozent. Während der Bundesdurchschnitt der verschuldeten Bundesbürger bei 5,27 Prozent liegt, können die südlichen Bundesländer Bayern (3,85 Prozent) und Baden-Württemberg (4,07 Prozent) niedrige Werte aufweisen.
Die Fallzahlen der Verschuldung der Privatpersonen sind im Jahr 2011 deutschlandweit um knapp zwei Prozent gesunken. Vier der sechzehn Bundesländer verzeichnen jedoch eine Zunahme bei der Verschuldung von Privatpersonen. Betroffen sind vor allem Nordrhein-Westfalen mit einem Plus von 7,0 Prozent, Hamburg (plus 5,7 Prozent) und Berlin (plus 5,0 Prozent). Aber auch Thüringen (plus 2,6 Prozent) meldet einen Anstieg. Den stärksten Rückgang verbuchen Sachsen mit einem Minus von 13,0 Prozent und Baden-Württemberg (minus 10,1 Prozent). Aber auch in Rheinland-Pfalz (minus 7,0 Prozent), Sachsen-Anhalt (minus 6,1 Prozent), Schleswig-Holstein (minus 5,1 Prozent) und Hessen (minus 5,0 Prozent) sowie Niedersachsen und Bremen (je minus 5,0 Prozent) sind die Fallzahlen der verschuldeten Bundesbürger rückläufig.
Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin begründet den leichten zahlenmäßigen Rückgang bei den verschuldeten Privatpersonen mit einer verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt und einer entsprechend günstigen Konjunkturlage in Deutschland. Allerdings verharren die Werte beispielsweise bei den Privatinsolvenzen auf einem hohen Niveau. Nur in den Jahren 2007 und 2010 gab es in Deutschland mehr Verbraucherinsolvenzen als 2011 (136.033).
Die aktuelle Analyse von Bürgel zeigt zudem zwei Risikogruppen der Verschuldung in Deutschland: Die Gruppe der jungen Erwachsenen von 18 bis 25 Jahren und die Altersgruppe der Bundesbürger über 60 Jahre. Während die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr in den anderen Altersgruppen sinken, steigen die Werte der verschuldeten Bundesbürger bei den 18- bis 25-Jährigen und in der Gruppe 60 Jahre und älter. Die Ursachen für Verschuldung sind in beiden Risikogruppen unterschiedlich gelagert: Die jungen Erwachsenen fallen eher durch eine unwirtschaftliche Haushaltsführung auf, gepaart mit wenig Erfahrung im Umgang mit Geld. Außerdem sind Einkommen und Konsumverhalten der Betroffenen häufig nicht vereinbar. Häufig investiert die Gruppe hohe Summen in mobile Endgeräte, Elektroartikel, Automobile und den Kreditkartenkauf. Zudem verfügt die junge Altersgruppe über keine oder zu wenige Rücklagen in einem Krisenfall. In der Altersgruppe der Bundesbürger über 60 Jahre sind hingegen vor allem Arbeitnehmer mit einem geringen Einkommen gefährdet. Verschuldete Bundesbürger in dieser Altersgruppe sind oft geringfügig oder befristet beschäftigt, oder sie arbeiten in Teilzeit. Neben dem weiter sinkenden Rentenniveau tragen Arbeitslosigkeit und Niedriglöhne dazu bei, dass immer mehr Menschen im Alter von Armut bedroht sind.
Ein Drittel (32,4 Prozent) der bundesweit verschuldeten Privatpersonen gehen auf das Konto der Altersgruppe der 46- bis 59-jährigen Bundesbürger. Es folgt die Gruppe der 36- bis 45-Jährigen mit einem Anteil von 29,7 Prozent. Die 26- bis 35-Jährigen verzeichnen eine hohe Quote von 23,8 Prozent. Weit geringere Anteile entfallen aktuell auf die Gruppen der Über-60-Jährigen (7,5 Prozent) und die jungen Erwachsenen von 18 bis 25 Jahren (6,6 Prozent).
Für das Jahr 2012 rechnet die Wirtschaftsauskunftei Bürgel damit, dass sich die Verschuldungssituation der Verbraucher auf vergleichbarem Niveau fortsetzen wird. „Besonders problematisch bewerten wir den anziehenden Trend zur Verschuldung bei den jungen Erwachsenen und den älteren Bundesbürgern ab 60 Jahren“, resümiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin. Die Hauptursachen für die Verschuldung von Privatpersonen sind nach wie vor Arbeitslosigkeit, dauerhaftes Niedrigeinkommen, gescheiterte Selbstständigkeit, Trennung und Scheidung. Außerdem tragen mangelnde Erfahrungen im Umgang mit Finanzen und Banken, unpassendes Konsumverhalten und Einkommensrückgang massiv dazu bei, dass derzeit viele Bundesbürger als verschuldet gelten.